Cartesius nun setzt, verbessert, und erfindet Jm glücklichsten Entwurf von der Philosophie, Da er die Wahrheit selbst mit neuer Ordnung bindet, Ein Lehr-Gebäu, worinn man mit geringrer Müh Mehr Schönheit, Deutlichkeit und Ordnung mercket; Daß es die Lehr-Art selbst erleichtert und bestärcket. Zu Anfangs setzet er: Es dehne sich und breite, Ohn einz'ges Leer, das All, in unbegräntzter Weite, An allen Orten aus. Hier seh' Und merck ich die Materie, Die ungeformt, vereint, in allen Theilen gleich, Was ausgedehnetes, das ohn Beschaffenheit. Er giebet Jhr annoch kein' Eigenschafft von Gluht, Von Erde, Lufft und Fluht: Er setzet noch nicht gleich in Wiedrigkeit und Streit Die Weichheit mit der Härtigkeit, Die Hitze mit dem Frost, Naß mit der Trockenheit. Es ist des Naso Chaos nicht. Er giebet uns bloß diesen Unterricht, Und macht uns anders nichts davon bekannt, Als daß es etwas sey, so ausgespannt, Das allenthalben gleich und fest, Das sich bewegen kan, und das sich biegen lässt.
Damit nun unser Geist mög einig' Hülffe spüren, So will er zur Gebuhrt des weiten All uns führen. Von allen Vorwurff frey, bemüh' man sich zu dencken: Daß die Materie von GOTT hervorgebracht,
So
K
Von den Elementen.
Carteſius nun ſetzt, verbeſſert, und erfindet Jm gluͤcklichſten Entwurf von der Philoſophie, Da er die Wahrheit ſelbſt mit neuer Ordnung bindet, Ein Lehr-Gebaͤu, worinn man mit geringrer Muͤh Mehr Schoͤnheit, Deutlichkeit und Ordnung mercket; Daß es die Lehr-Art ſelbſt erleichtert und beſtaͤrcket. Zu Anfangs ſetzet er: Es dehne ſich und breite, Ohn einz’ges Leer, das All, in unbegraͤntzter Weite, An allen Orten aus. Hier ſeh’ Und merck ich die Materie, Die ungeformt, vereint, in allen Theilen gleich, Was ausgedehnetes, das ohn Beſchaffenheit. Er giebet Jhr annoch kein’ Eigenſchafft von Gluht, Von Erde, Lufft und Fluht: Er ſetzet noch nicht gleich in Wiedrigkeit und Streit Die Weichheit mit der Haͤrtigkeit, Die Hitze mit dem Froſt, Naß mit der Trockenheit. Es iſt des Naſo Chaos nicht. Er giebet uns bloß dieſen Unterricht, Und macht uns anders nichts davon bekannt, Als daß es etwas ſey, ſo ausgeſpannt, Das allenthalben gleich und feſt, Das ſich bewegen kan, und das ſich biegen laͤſſt.
Damit nun unſer Geiſt moͤg einig’ Huͤlffe ſpuͤren, So will er zur Gebuhrt des weiten All uns fuͤhren. Von allen Vorwurff frey, bemuͤh’ man ſich zu dencken: Daß die Materie von GOTT hervorgebracht,
So
K
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[145/0175]
Von den Elementen.
Carteſius nun ſetzt, verbeſſert, und erfindet
Jm gluͤcklichſten Entwurf von der Philoſophie,
Da er die Wahrheit ſelbſt mit neuer Ordnung bindet,
Ein Lehr-Gebaͤu, worinn man mit geringrer Muͤh
Mehr Schoͤnheit, Deutlichkeit und Ordnung mercket;
Daß es die Lehr-Art ſelbſt erleichtert und beſtaͤrcket.
Zu Anfangs ſetzet er: Es dehne ſich und breite,
Ohn einz’ges Leer, das All, in unbegraͤntzter Weite,
An allen Orten aus. Hier ſeh’
Und merck ich die Materie,
Die ungeformt, vereint, in allen Theilen gleich,
Was ausgedehnetes, das ohn Beſchaffenheit.
Er giebet Jhr annoch kein’ Eigenſchafft von Gluht,
Von Erde, Lufft und Fluht:
Er ſetzet noch nicht gleich in Wiedrigkeit und Streit
Die Weichheit mit der Haͤrtigkeit,
Die Hitze mit dem Froſt, Naß mit der Trockenheit.
Es iſt des Naſo Chaos nicht.
Er giebet uns bloß dieſen Unterricht,
Und macht uns anders nichts davon bekannt,
Als daß es etwas ſey, ſo ausgeſpannt,
Das allenthalben gleich und feſt,
Das ſich bewegen kan, und das ſich biegen laͤſſt.
Damit nun unſer Geiſt moͤg einig’ Huͤlffe ſpuͤren,
So will er zur Gebuhrt des weiten All uns fuͤhren.
Von allen Vorwurff frey, bemuͤh’ man ſich zu dencken:
Daß die Materie von GOTT hervorgebracht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/175>, abgerufen am 16.07.2024.
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