Und wenn die Erde, die sich drehet, Nach einen halben Tag, aufs neu, An selben Ort hinkommt, woselbst der Mond dann stehet; So wird sie durch die Lufft aufs neue weggedruckt: Wodurch die Fluht den Strand denn abermahl verschluckt.
Daselbst nun, wo der Durchschnitt lang, Und wo der Lauff am mindsten schnelle gehet, Lässt unsers Wirbels Lauff, der sich beständig drehet, Dem Wasser wieder seinen Gang. Es sencket sich das Meer in seine Lager-Statt: Die Flüsse sind so dann entbunden. Das Wasser, da es so verschiednen Eindruck hat, Erhebt sich jeden Tag zweymal sechs Stunden, Und sinckt zweymal sechs Stunden wieder, Bald frey und bald gezwungen, nieder.
Was auch noch deutlicher uns den Zusammenhang, Des Mondes mit der Lufft, der Lufft mit unserm Meer Vor Augen legt, ist dies: wenn sich des Mondes Gang Jn beyden Tropiets befindet, wird der Drang Jn weiten Schooß des Welt-Meers starck: daher Entsteht daselbst ein Wallen, dessen Schwall, Als allgemein in Welt-Meer, überall, Die Ebb und Fluht des Tages zweymal bringet. Die Wasser gleiten dann gen Süd- und Norden fort, Man spürt sie weniger und mehr; nachdem ein Ort, Auch weniger und mehr von Ufern ist umringet.
Um
Von der Schwere, Leichte, Fluht, Ebbe.
Und wenn die Erde, die ſich drehet, Nach einen halben Tag, aufs neu, An ſelben Ort hinkommt, woſelbſt der Mond dann ſtehet; So wird ſie durch die Lufft aufs neue weggedruckt: Wodurch die Fluht den Strand denn abermahl verſchluckt.
Daſelbſt nun, wo der Durchſchnitt lang, Und wo der Lauff am mindſten ſchnelle gehet, Laͤſſt unſers Wirbels Lauff, der ſich beſtaͤndig drehet, Dem Waſſer wieder ſeinen Gang. Es ſencket ſich das Meer in ſeine Lager-Statt: Die Fluͤſſe ſind ſo dann entbunden. Das Waſſer, da es ſo verſchiednen Eindruck hat, Erhebt ſich jeden Tag zweymal ſechs Stunden, Und ſinckt zweymal ſechs Stunden wieder, Bald frey und bald gezwungen, nieder.
Was auch noch deutlicher uns den Zuſammenhang, Des Mondes mit der Lufft, der Lufft mit unſerm Meer Vor Augen legt, iſt dies: wenn ſich des Mondes Gang Jn beyden Tropiets befindet, wird der Drang Jn weiten Schooß des Welt-Meers ſtarck: daher Entſteht daſelbſt ein Wallen, deſſen Schwall, Als allgemein in Welt-Meer, uͤberall, Die Ebb und Fluht des Tages zweymal bringet. Die Waſſer gleiten dann gen Suͤd- und Norden fort, Man ſpuͤrt ſie weniger und mehr; nachdem ein Ort, Auch weniger und mehr von Ufern iſt umringet.
Um
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Von der Schwere, Leichte, Fluht, Ebbe.
Und wenn die Erde, die ſich drehet,
Nach einen halben Tag, aufs neu,
An ſelben Ort hinkommt, woſelbſt der Mond dann ſtehet;
So wird ſie durch die Lufft aufs neue weggedruckt:
Wodurch die Fluht den Strand denn abermahl verſchluckt.
Daſelbſt nun, wo der Durchſchnitt lang,
Und wo der Lauff am mindſten ſchnelle gehet,
Laͤſſt unſers Wirbels Lauff, der ſich beſtaͤndig drehet,
Dem Waſſer wieder ſeinen Gang.
Es ſencket ſich das Meer in ſeine Lager-Statt:
Die Fluͤſſe ſind ſo dann entbunden.
Das Waſſer, da es ſo verſchiednen Eindruck hat,
Erhebt ſich jeden Tag zweymal ſechs Stunden,
Und ſinckt zweymal ſechs Stunden wieder,
Bald frey und bald gezwungen, nieder.
Was auch noch deutlicher uns den Zuſammenhang,
Des Mondes mit der Lufft, der Lufft mit unſerm Meer
Vor Augen legt, iſt dies: wenn ſich des Mondes Gang
Jn beyden Tropiets befindet, wird der Drang
Jn weiten Schooß des Welt-Meers ſtarck: daher
Entſteht daſelbſt ein Wallen, deſſen Schwall,
Als allgemein in Welt-Meer, uͤberall,
Die Ebb und Fluht des Tages zweymal bringet.
Die Waſſer gleiten dann gen Suͤd- und Norden fort,
Man ſpuͤrt ſie weniger und mehr; nachdem ein Ort,
Auch weniger und mehr von Ufern iſt umringet.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/265>, abgerufen am 16.07.2024.
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