Ein Seufzer, ein gereimter Schwur; Der Wangen (nicht der Gärten) Rosen; Ein Lob, den Schönen liebzukosen; Ein Ach! das aus dem End-Reim fuhr; Schien, eh Du schriebst, der Dicht-Kunst Stärcke, Und ieder Dichter, der sich fand, Besang sonst keine Wunderwercke, Als seiner Jris Mund und Hand.
Allein es hat mit Recht Dein Kiel Sich was Fürtreflichers erlesen; Sein Vorwurf ist das höchste Wesen, Der ersten Weisheit würdigs Ziel, Die Kraft, in der wir sind und leben, Der GOTT, durch Den die Kräuter blühn, Auf dessen Winck Gebürge beben, Sich Flüsse wenden, Meere fliehn.
Durch Dich, o Brockes, angeführt, Kan ich die Tieffen und die Höhen Der Weisheits-vollen Allmacht sehen, Die Licht und Erd' und Meer gebiehrt. Wer wünschet nicht dem Dichter Seegen, Der GOTTES lautre Lieb' erweckt, Und, uns zur Ehrfurcht zu bewegen, Den SCHOEPFFER im Geschöpf entdeckt?
O seelges Dichten! heilge Müh! Dem HERRN der Herren Lobzusingen. Gewiß, es ist von allen Dingen Nichts tauglicher zur Poesie. Sie sang die allerersten Lieder Den Göttern in dem Alterthum, Und du giebst ihr die Andacht wieder, Allein dem wahren GOTT zum Ruhm.
Ein
Ein Seufzer, ein gereimter Schwur; Der Wangen (nicht der Gaͤrten) Roſen; Ein Lob, den Schoͤnen liebzukoſen; Ein Ach! das aus dem End-Reim fuhr; Schien, eh Du ſchriebſt, der Dicht-Kunſt Staͤrcke, Und ieder Dichter, der ſich fand, Beſang ſonſt keine Wunderwercke, Als ſeiner Jris Mund und Hand.
Allein es hat mit Recht Dein Kiel Sich was Fuͤrtreflichers erleſen; Sein Vorwurf iſt das hoͤchſte Weſen, Der erſten Weisheit wuͤrdigs Ziel, Die Kraft, in der wir ſind und leben, Der GOTT, durch Den die Kraͤuter bluͤhn, Auf deſſen Winck Gebuͤrge beben, Sich Fluͤſſe wenden, Meere fliehn.
Durch Dich, o Brockes, angefuͤhrt, Kan ich die Tieffen und die Hoͤhen Der Weisheits-vollen Allmacht ſehen, Die Licht und Erd’ und Meer gebiehrt. Wer wuͤnſchet nicht dem Dichter Seegen, Der GOTTES lautre Lieb’ erweckt, Und, uns zur Ehrfurcht zu bewegen, Den SCHOEPFFER im Geſchoͤpf entdeckt?
O ſeelges Dichten! heilge Muͤh! Dem HERRN der Herren Lobzuſingen. Gewiß, es iſt von allen Dingen Nichts tauglicher zur Poeſie. Sie ſang die allererſten Lieder Den Goͤttern in dem Alterthum, Und du giebſt ihr die Andacht wieder, Allein dem wahren GOTT zum Ruhm.
Ein
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Ein Seufzer, ein gereimter Schwur;
Der Wangen (nicht der Gaͤrten) Roſen;
Ein Lob, den Schoͤnen liebzukoſen;
Ein Ach! das aus dem End-Reim fuhr;
Schien, eh Du ſchriebſt, der Dicht-Kunſt Staͤrcke,
Und ieder Dichter, der ſich fand,
Beſang ſonſt keine Wunderwercke,
Als ſeiner Jris Mund und Hand.
Allein es hat mit Recht Dein Kiel
Sich was Fuͤrtreflichers erleſen;
Sein Vorwurf iſt das hoͤchſte Weſen,
Der erſten Weisheit wuͤrdigs Ziel,
Die Kraft, in der wir ſind und leben,
Der GOTT, durch Den die Kraͤuter bluͤhn,
Auf deſſen Winck Gebuͤrge beben,
Sich Fluͤſſe wenden, Meere fliehn.
Durch Dich, o Brockes, angefuͤhrt,
Kan ich die Tieffen und die Hoͤhen
Der Weisheits-vollen Allmacht ſehen,
Die Licht und Erd’ und Meer gebiehrt.
Wer wuͤnſchet nicht dem Dichter Seegen,
Der GOTTES lautre Lieb’ erweckt,
Und, uns zur Ehrfurcht zu bewegen,
Den SCHOEPFFER im Geſchoͤpf entdeckt?
O ſeelges Dichten! heilge Muͤh!
Dem HERRN der Herren Lobzuſingen.
Gewiß, es iſt von allen Dingen
Nichts tauglicher zur Poeſie.
Sie ſang die allererſten Lieder
Den Goͤttern in dem Alterthum,
Und du giebſt ihr die Andacht wieder,
Allein dem wahren GOTT zum Ruhm.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/28>, abgerufen am 21.11.2024.
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