Wofern ein Sauerteig den Gang verstopfft und schlüsset, So, daß die Fluth nicht ferner flüsset, Und ihren Lauf nicht wohl vollziehen mag. Wenn des verdickten Bluts erzürnte Wellen, Durch Hinderniß noch mehr gereitzet, schwellen. Wovon sodann im Hirn und Hertzen, wie wir sehn, Durch solch ein hefftiges Bewegen, Und ausserordentliches Regen, Solch Kochen, Hitz und Feur, entstehn.
Ein heisser Cörper ist formirt von kleinen Theilen, Die sehr beweglich sind, die unaufhörlich eilen. Ein kalter, gegentheils, besteht Aus Theilchen, welche sich entweder nie bewegen, Wie, oder deren Krafft der Hitz' entgegen geht, So hefftig, daß sie sich, gehemmt, nicht mehr kan regen.
Es ist ja von Natur der Marmor kalt, erstarrt, Ein Klumpen, welcher dicht und hart. Es liegt ein jeder Theil davon in steter Ruh. Legt sich im Frost nicht eben auch, Durch des beeisten Nordwinds Hauch, Jn einer kalten Rast, das harte Wasser zu?
Jn Oeffnungen der Dinge, welche brennen, Führt seine glatten Aal' ein kaltes Wasser ein, Und machet, daß sie sich nicht ferner regen können; Und eben dadurch löscht es seinen Brand und Schein.
Es
X
Von der Hitze und Kaͤlte.
Wofern ein Sauerteig den Gang verſtopfft und ſchluͤſſet, So, daß die Fluth nicht ferner fluͤſſet, Und ihren Lauf nicht wohl vollziehen mag. Wenn des verdickten Bluts erzuͤrnte Wellen, Durch Hinderniß noch mehr gereitzet, ſchwellen. Wovon ſodann im Hirn und Hertzen, wie wir ſehn, Durch ſolch ein hefftiges Bewegen, Und auſſerordentliches Regen, Solch Kochen, Hitz und Feur, entſtehn.
Ein heiſſer Coͤrper iſt formirt von kleinen Theilen, Die ſehr beweglich ſind, die unaufhoͤrlich eilen. Ein kalter, gegentheils, beſteht Aus Theilchen, welche ſich entweder nie bewegen, Wie, oder deren Krafft der Hitz’ entgegen geht, So hefftig, daß ſie ſich, gehemmt, nicht mehr kan regen.
Es iſt ja von Natur der Marmor kalt, erſtarrt, Ein Klumpen, welcher dicht und hart. Es liegt ein jeder Theil davon in ſteter Ruh. Legt ſich im Froſt nicht eben auch, Durch des beeiſten Nordwinds Hauch, Jn einer kalten Raſt, das harte Waſſer zu?
Jn Oeffnungen der Dinge, welche brennen, Fuͤhrt ſeine glatten Aal’ ein kaltes Waſſer ein, Und machet, daß ſie ſich nicht ferner regen koͤnnen; Und eben dadurch loͤſcht es ſeinen Brand und Schein.
Es
X
<TEI><text><body><divn="1"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0351"n="321"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von der Hitze und Kaͤlte.</hi></fw><lb/><lgtype="poem"><l>Wofern ein Sauerteig den Gang verſtopfft und ſchluͤſſet,</l><lb/><l>So, daß die Fluth nicht ferner fluͤſſet,</l><lb/><l>Und ihren Lauf nicht wohl vollziehen mag.</l><lb/><l>Wenn des verdickten Bluts erzuͤrnte Wellen,</l><lb/><l>Durch Hinderniß noch mehr gereitzet, ſchwellen.</l><lb/><l>Wovon ſodann im Hirn und Hertzen, wie wir ſehn,</l><lb/><l>Durch ſolch ein hefftiges Bewegen,</l><lb/><l>Und auſſerordentliches Regen,</l><lb/><l>Solch Kochen, Hitz und Feur, entſtehn.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">E</hi>in <hirendition="#fr">heiſſer Coͤrper</hi> iſt formirt von kleinen Theilen,</l><lb/><l>Die ſehr beweglich ſind, die unaufhoͤrlich eilen.</l><lb/><l>Ein <hirendition="#fr">kalter,</hi> gegentheils, beſteht</l><lb/><l>Aus Theilchen, welche ſich entweder nie bewegen,</l><lb/><l>Wie, oder deren Krafft der Hitz’ entgegen geht,</l><lb/><l>So hefftig, daß ſie ſich, gehemmt, nicht mehr kan regen.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">E</hi>s iſt ja von Natur der Marmor kalt, erſtarrt,</l><lb/><l>Ein Klumpen, welcher dicht und hart.</l><lb/><l>Es liegt ein jeder Theil davon in ſteter Ruh.</l><lb/><l>Legt ſich im Froſt nicht eben auch,</l><lb/><l>Durch des beeiſten Nordwinds Hauch,</l><lb/><l>Jn einer kalten Raſt, das harte Waſſer zu?</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">J</hi>n Oeffnungen der Dinge, welche brennen,</l><lb/><l>Fuͤhrt ſeine glatten Aal’ ein kaltes Waſſer ein,</l><lb/><l>Und machet, daß ſie ſich nicht ferner regen koͤnnen;</l><lb/><l>Und eben dadurch loͤſcht es ſeinen Brand und Schein.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">X</fw><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[321/0351]
Von der Hitze und Kaͤlte.
Wofern ein Sauerteig den Gang verſtopfft und ſchluͤſſet,
So, daß die Fluth nicht ferner fluͤſſet,
Und ihren Lauf nicht wohl vollziehen mag.
Wenn des verdickten Bluts erzuͤrnte Wellen,
Durch Hinderniß noch mehr gereitzet, ſchwellen.
Wovon ſodann im Hirn und Hertzen, wie wir ſehn,
Durch ſolch ein hefftiges Bewegen,
Und auſſerordentliches Regen,
Solch Kochen, Hitz und Feur, entſtehn.
Ein heiſſer Coͤrper iſt formirt von kleinen Theilen,
Die ſehr beweglich ſind, die unaufhoͤrlich eilen.
Ein kalter, gegentheils, beſteht
Aus Theilchen, welche ſich entweder nie bewegen,
Wie, oder deren Krafft der Hitz’ entgegen geht,
So hefftig, daß ſie ſich, gehemmt, nicht mehr kan regen.
Es iſt ja von Natur der Marmor kalt, erſtarrt,
Ein Klumpen, welcher dicht und hart.
Es liegt ein jeder Theil davon in ſteter Ruh.
Legt ſich im Froſt nicht eben auch,
Durch des beeiſten Nordwinds Hauch,
Jn einer kalten Raſt, das harte Waſſer zu?
Jn Oeffnungen der Dinge, welche brennen,
Fuͤhrt ſeine glatten Aal’ ein kaltes Waſſer ein,
Und machet, daß ſie ſich nicht ferner regen koͤnnen;
Und eben dadurch loͤſcht es ſeinen Brand und Schein.
Es
X
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/351>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.