Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von der Hitze und Kälte. So ist kein Feur, das so, wie sie, durchdringet, So wild und hefftig ist: wie wir es klärlich können An Steinen und Metallen sehn, Wenn sie geschmoltzen sind, da sie viel schärffer brennen, Und grössre Quaal und Pein dadurch entstehn, Auch Würckungen durch sie, die hefftiger, geschehn, Als wie wir durch die leichten Theil empfinden Der Cörper, die sich leicht entzünden. Auch, sonder Eis und Frost, so uns der Nord-Pol schicket, Und, ohn' des Winters Grimm, Schnee, Schlossen, Sturm und Krachen, Selbst, wenn man reiffes Korn auf unserm Feld erblickt, Besitzt man itzt die Kunst, aus Wasser Eis zu machen. Die Kunst, so gantz gemein, ist diese: Man erfüllt Mit Wasser ein Gefäß, umgiebet und verhüllt Mit gleich viel Eis und Saltz dasselbe Glas. So dann Sieht unser Auge fast nicht ohn' Erstaunen an, Wie sich im Augenblick das Saltz verliert, Das Eis zergeht, die Fluth im Glase friert. Aus erste Element muß man hiebey gedencken, Wodurch, mit wallenden Bewegen, Die Wasser-Theilchen stets sich regen. Wenn es sich zwischen Eis und Saltz kan ferner sencken, So eilt es schnell dadurch: wodurch sodann die Fluht, Jndem ihr leichter Trieb und Wallen sich verliehrt, Jm Sommer eben so gefriert, Als wie sie sonst im Winter thut. Die X 4
Von der Hitze und Kaͤlte. So iſt kein Feur, das ſo, wie ſie, durchdringet, So wild und hefftig iſt: wie wir es klaͤrlich koͤnnen An Steinen und Metallen ſehn, Wenn ſie geſchmoltzen ſind, da ſie viel ſchaͤrffer brennen, Und groͤſſre Quaal und Pein dadurch entſtehn, Auch Wuͤrckungen durch ſie, die hefftiger, geſchehn, Als wie wir durch die leichten Theil empfinden Der Coͤrper, die ſich leicht entzuͤnden. Auch, ſonder Eis und Froſt, ſo uns der Nord-Pol ſchicket, Und, ohn’ des Winters Grimm, Schnee, Schloſſen, Sturm und Krachen, Selbſt, wenn man reiffes Korn auf unſerm Feld erblickt, Beſitzt man itzt die Kunſt, aus Waſſer Eis zu machen. Die Kunſt, ſo gantz gemein, iſt dieſe: Man erfuͤllt Mit Waſſer ein Gefaͤß, umgiebet und verhuͤllt Mit gleich viel Eis und Saltz daſſelbe Glas. So dann Sieht unſer Auge faſt nicht ohn’ Erſtaunen an, Wie ſich im Augenblick das Saltz verliert, Das Eis zergeht, die Fluth im Glaſe friert. Aus erſte Element muß man hiebey gedencken, Wodurch, mit wallenden Bewegen, Die Waſſer-Theilchen ſtets ſich regen. Wenn es ſich zwiſchen Eis und Saltz kan ferner ſencken, So eilt es ſchnell dadurch: wodurch ſodann die Fluht, Jndem ihr leichter Trieb und Wallen ſich verliehrt, Jm Sommer eben ſo gefriert, Als wie ſie ſonſt im Winter thut. Die X 4
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Von der Hitze und Kaͤlte.
So iſt kein Feur, das ſo, wie ſie, durchdringet,
So wild und hefftig iſt: wie wir es klaͤrlich koͤnnen
An Steinen und Metallen ſehn,
Wenn ſie geſchmoltzen ſind, da ſie viel ſchaͤrffer brennen,
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Auch, ſonder Eis und Froſt, ſo uns der Nord-Pol ſchicket,
Und, ohn’ des Winters Grimm, Schnee, Schloſſen, Sturm
und Krachen,
Selbſt, wenn man reiffes Korn auf unſerm Feld erblickt,
Beſitzt man itzt die Kunſt, aus Waſſer Eis zu machen.
Die Kunſt, ſo gantz gemein, iſt dieſe: Man erfuͤllt
Mit Waſſer ein Gefaͤß, umgiebet und verhuͤllt
Mit gleich viel Eis und Saltz daſſelbe Glas. So dann
Sieht unſer Auge faſt nicht ohn’ Erſtaunen an,
Wie ſich im Augenblick das Saltz verliert,
Das Eis zergeht, die Fluth im Glaſe friert.
Aus erſte Element muß man hiebey gedencken,
Wodurch, mit wallenden Bewegen,
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Wenn es ſich zwiſchen Eis und Saltz kan ferner ſencken,
So eilt es ſchnell dadurch: wodurch ſodann die Fluht,
Jndem ihr leichter Trieb und Wallen ſich verliehrt,
Jm Sommer eben ſo gefriert,
Als wie ſie ſonſt im Winter thut.
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