Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von dem Ton. Verspüret man ein fürchterliches Knallen Von den zerstör'nden Ballen, Die fortgerissen sind durch des Salpeters Blitze. Durch solchen schnellen Druck erthönt die Lufft und brüllt, Von Circkeln, die sich drehn und wallen, angefüllt. Doch widersetzt sich offt der Wind den starcken Schallen. Es drehen sich der Lüffte Wellen Nicht gleich an allen Stellen; Es treibt der Nord sie fort nach eigenem Gefallen. Wenn wir dergleichen Schuß mit unsern Augen sehn; So machen Winde, wenn sie wehn, Daß sich an einer Seit das Knallen schnell verliert, Jndem es an der andern Seite, Jn eine grosse Fern und Weite Mit ihnen selbst wird fortgeführt. Uns kan ein naher Ton verdrießlich seyn und plagen, Den man von weiten kan ertragen. So wie er uns bewegt verschiedentlich, Also empfängt man ihn auch auf verschiedne Weise. Ein jeder hat den Ton in sich. Es hören zween ihn nicht gleich starck und auch gleich leise. Ein Krancker, der vom Schmertzen abgezehret, Fühlt Unmuth, wenn er auch den kleinsten Schall nur höret. Ja wenn sie gleich nicht kranck; So lassen zween Uns von demselben Ton verschiedne Würckung sehn. Dem einen schwindelt schon Durch einen nicht gar starcken Ton: Da jener, wenn er gleich ein starckes Lermen spüret, Dennoch nicht wird gerühret. Wenn Z 5
Von dem Ton. Verſpuͤret man ein fuͤrchterliches Knallen Von den zerſtoͤr’nden Ballen, Die fortgeriſſen ſind durch des Salpeters Blitze. Durch ſolchen ſchnellen Druck erthoͤnt die Lufft und bruͤllt, Von Circkeln, die ſich drehn und wallen, angefuͤllt. Doch widerſetzt ſich offt der Wind den ſtarcken Schallen. Es drehen ſich der Luͤffte Wellen Nicht gleich an allen Stellen; Es treibt der Nord ſie fort nach eigenem Gefallen. Wenn wir dergleichen Schuß mit unſern Augen ſehn; So machen Winde, wenn ſie wehn, Daß ſich an einer Seit das Knallen ſchnell verliert, Jndem es an der andern Seite, Jn eine groſſe Fern und Weite Mit ihnen ſelbſt wird fortgefuͤhrt. Uns kan ein naher Ton verdrießlich ſeyn und plagen, Den man von weiten kan ertragen. So wie er uns bewegt verſchiedentlich, Alſo empfaͤngt man ihn auch auf verſchiedne Weiſe. Ein jeder hat den Ton in ſich. Es hoͤren zween ihn nicht gleich ſtarck und auch gleich leiſe. Ein Krancker, der vom Schmertzen abgezehret, Fuͤhlt Unmuth, wenn er auch den kleinſten Schall nur hoͤret. Ja wenn ſie gleich nicht kranck; So laſſen zween Uns von demſelben Ton verſchiedne Wuͤrckung ſehn. Dem einen ſchwindelt ſchon Durch einen nicht gar ſtarcken Ton: Da jener, wenn er gleich ein ſtarckes Lermen ſpuͤret, Dennoch nicht wird geruͤhret. Wenn Z 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0391" n="361"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Ton.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <l>Verſpuͤret man ein fuͤrchterliches Knallen</l><lb/> <l>Von den zerſtoͤr’nden Ballen,</l><lb/> <l>Die fortgeriſſen ſind durch des Salpeters Blitze.</l><lb/> <l>Durch ſolchen ſchnellen Druck erthoͤnt die Lufft und bruͤllt,</l><lb/> <l>Von Circkeln, die ſich drehn und wallen, angefuͤllt.</l><lb/> <l>Doch widerſetzt ſich offt der Wind den ſtarcken Schallen.</l><lb/> <l>Es drehen ſich der Luͤffte Wellen</l><lb/> <l>Nicht gleich an allen Stellen;</l><lb/> <l>Es treibt der Nord ſie fort nach eigenem Gefallen.</l><lb/> <l>Wenn wir dergleichen Schuß mit unſern Augen ſehn;</l><lb/> <l>So machen Winde, wenn ſie wehn,</l><lb/> <l>Daß ſich an einer Seit das Knallen ſchnell verliert,</l><lb/> <l>Jndem es an der andern Seite,</l><lb/> <l>Jn eine groſſe Fern und Weite</l><lb/> <l>Mit ihnen ſelbſt wird fortgefuͤhrt.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">U</hi>ns kan ein naher Ton verdrießlich ſeyn und plagen,</l><lb/> <l>Den man von weiten kan ertragen.</l><lb/> <l>So wie er uns bewegt verſchiedentlich,</l><lb/> <l>Alſo empfaͤngt man ihn auch auf verſchiedne Weiſe.</l><lb/> <l>Ein jeder hat den Ton in ſich.</l><lb/> <l>Es hoͤren zween ihn nicht gleich ſtarck und auch gleich leiſe.</l><lb/> <l>Ein Krancker, der vom Schmertzen abgezehret,</l><lb/> <l>Fuͤhlt Unmuth, wenn er auch den kleinſten Schall nur hoͤret.</l><lb/> <l>Ja wenn ſie gleich nicht kranck; So laſſen zween</l><lb/> <l>Uns von demſelben Ton verſchiedne Wuͤrckung ſehn.</l><lb/> <l>Dem einen ſchwindelt ſchon</l><lb/> <l>Durch einen nicht gar ſtarcken Ton:</l><lb/> <l>Da jener, wenn er gleich ein ſtarckes Lermen ſpuͤret,</l><lb/> <l>Dennoch nicht wird geruͤhret.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [361/0391]
Von dem Ton.
Verſpuͤret man ein fuͤrchterliches Knallen
Von den zerſtoͤr’nden Ballen,
Die fortgeriſſen ſind durch des Salpeters Blitze.
Durch ſolchen ſchnellen Druck erthoͤnt die Lufft und bruͤllt,
Von Circkeln, die ſich drehn und wallen, angefuͤllt.
Doch widerſetzt ſich offt der Wind den ſtarcken Schallen.
Es drehen ſich der Luͤffte Wellen
Nicht gleich an allen Stellen;
Es treibt der Nord ſie fort nach eigenem Gefallen.
Wenn wir dergleichen Schuß mit unſern Augen ſehn;
So machen Winde, wenn ſie wehn,
Daß ſich an einer Seit das Knallen ſchnell verliert,
Jndem es an der andern Seite,
Jn eine groſſe Fern und Weite
Mit ihnen ſelbſt wird fortgefuͤhrt.
Uns kan ein naher Ton verdrießlich ſeyn und plagen,
Den man von weiten kan ertragen.
So wie er uns bewegt verſchiedentlich,
Alſo empfaͤngt man ihn auch auf verſchiedne Weiſe.
Ein jeder hat den Ton in ſich.
Es hoͤren zween ihn nicht gleich ſtarck und auch gleich leiſe.
Ein Krancker, der vom Schmertzen abgezehret,
Fuͤhlt Unmuth, wenn er auch den kleinſten Schall nur hoͤret.
Ja wenn ſie gleich nicht kranck; So laſſen zween
Uns von demſelben Ton verſchiedne Wuͤrckung ſehn.
Dem einen ſchwindelt ſchon
Durch einen nicht gar ſtarcken Ton:
Da jener, wenn er gleich ein ſtarckes Lermen ſpuͤret,
Dennoch nicht wird geruͤhret.
Wenn
Z 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |