Jmgleichen, wenn so Wind, als Fluth, Jn einer sanften Stille ruht, Und dann die Sonn' ins Wasser strahlet, Als in ein Spiegel-Glas, alsdenn so mahlet Und bildet sie viel helle Schildereyen: Die Strahlen dienen ihr an Pinsel statt; Und auf den wallenden Crystallen, die so glatt, Erblickt man ihr beflammtes Bild, Das unsern Blick mit Glantz und Wiederschein erfüllt.
An einem heitern Tag, wenn öffters Stürm' entstehn, Erblickt man finstrer Wolcken Decken, Wie sie den hellen Glantz der Sonnen offt verstecken: Es kan ihr Funckeln nicht zu uns hinunter gehn, Ohn' Krafft und ohn' Gebrauch ist ihrer Strahlen Heer, Man siehet fast kein Licht und keine Sonne mehr.
Jst solche Wolcke nun nur bloß ein dünner Dufft; So mildert sich daran das Strahlen-reiche Feuer. Es schwächt sich, doch entweichts nicht gäntzlich aus der Lufft. Dann dienet ihr der dünne Dufft zum Schleyer. Uns kommt die Sonne dann nicht anders vor, Als säh' man sie durch einen Flor, Und man vermag sodann, was sonst nicht kan geschehen, Sie ungeblendet anzusehen.
Von
Von dem Licht.
Jmgleichen, wenn ſo Wind, als Fluth, Jn einer ſanften Stille ruht, Und dann die Sonn’ ins Waſſer ſtrahlet, Als in ein Spiegel-Glas, alsdenn ſo mahlet Und bildet ſie viel helle Schildereyen: Die Strahlen dienen ihr an Pinſel ſtatt; Und auf den wallenden Cryſtallen, die ſo glatt, Erblickt man ihr beflammtes Bild, Das unſern Blick mit Glantz und Wiederſchein erfuͤllt.
An einem heitern Tag, wenn oͤffters Stuͤrm’ entſtehn, Erblickt man finſtrer Wolcken Decken, Wie ſie den hellen Glantz der Sonnen offt verſtecken: Es kan ihr Funckeln nicht zu uns hinunter gehn, Ohn’ Krafft und ohn’ Gebrauch iſt ihrer Strahlen Heer, Man ſiehet faſt kein Licht und keine Sonne mehr.
Jſt ſolche Wolcke nun nur bloß ein duͤnner Dufft; So mildert ſich daran das Strahlen-reiche Feuer. Es ſchwaͤcht ſich, doch entweichts nicht gaͤntzlich aus der Lufft. Dann dienet ihr der duͤnne Dufft zum Schleyer. Uns kommt die Sonne dann nicht anders vor, Als ſaͤh’ man ſie durch einen Flor, Und man vermag ſodann, was ſonſt nicht kan geſchehen, Sie ungeblendet anzuſehen.
Von
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[381/0411]
Von dem Licht.
Jmgleichen, wenn ſo Wind, als Fluth,
Jn einer ſanften Stille ruht,
Und dann die Sonn’ ins Waſſer ſtrahlet,
Als in ein Spiegel-Glas, alsdenn ſo mahlet
Und bildet ſie viel helle Schildereyen:
Die Strahlen dienen ihr an Pinſel ſtatt;
Und auf den wallenden Cryſtallen, die ſo glatt,
Erblickt man ihr beflammtes Bild,
Das unſern Blick mit Glantz und Wiederſchein erfuͤllt.
An einem heitern Tag, wenn oͤffters Stuͤrm’ entſtehn,
Erblickt man finſtrer Wolcken Decken,
Wie ſie den hellen Glantz der Sonnen offt verſtecken:
Es kan ihr Funckeln nicht zu uns hinunter gehn,
Ohn’ Krafft und ohn’ Gebrauch iſt ihrer Strahlen Heer,
Man ſiehet faſt kein Licht und keine Sonne mehr.
Jſt ſolche Wolcke nun nur bloß ein duͤnner Dufft;
So mildert ſich daran das Strahlen-reiche Feuer.
Es ſchwaͤcht ſich, doch entweichts nicht gaͤntzlich aus der Lufft.
Dann dienet ihr der duͤnne Dufft zum Schleyer.
Uns kommt die Sonne dann nicht anders vor,
Als ſaͤh’ man ſie durch einen Flor,
Und man vermag ſodann, was ſonſt nicht kan geſchehen,
Sie ungeblendet anzuſehen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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