Um aber besser noch zu fassen, wie die Züge Formiret sind: auf welche Weise sie Den Augen Sich einzudrücken taugen; Erwege man, daß eine Harmonie, Recht wie in der Musie, so auch in Farben, liege. Des holden Lichtes helle Strahlen Besitzen in sich selbst, und hegen Ein zitterndes Bewegen; Daß durch die Gleich-Maaß und die Zahlen, Durch die Vereinigung und durch das Widerstreben Der Cörper, die man sieht Besondren Unterschied Uns deutlich zu erkennen geben. Des Mahlers Hand beseelt mit Farben, die fast leben, Sein schön und künstlich Werck. Der weitberühmten Meister. Jn ihrer schönen Kunst tief eingedrungne Geister Erfanden, nach viel Fleiß und Müh, Der Farben holde Harmonie. Ja durch der Farben Ton zieht, recht verwunderlich, Die nachgeahmete Natur Fast jedes Aug' an sich.
Man glaubet insgemein Daß helle Farben leicht und lufftig seyn, Und daß die dunckelen hingegen, Als die mehr irdisches und schweres in sich hegen, Der leichten Lieblichkeit verdringen. So, wie verschiedne Tön' offt wol zusammen klingen, Auch öffters sich verwirren und sich hindern;
So
Von den Farben.
Um aber beſſer noch zu faſſen, wie die Zuͤge Formiret ſind: auf welche Weiſe ſie Den Augen Sich einzudruͤcken taugen; Erwege man, daß eine Harmonie, Recht wie in der Muſie, ſo auch in Farben, liege. Des holden Lichtes helle Strahlen Beſitzen in ſich ſelbſt, und hegen Ein zitterndes Bewegen; Daß durch die Gleich-Maaß und die Zahlen, Durch die Vereinigung und durch das Widerſtreben Der Coͤrper, die man ſieht Beſondren Unterſchied Uns deutlich zu erkennen geben. Des Mahlers Hand beſeelt mit Farben, die faſt leben, Sein ſchoͤn und kuͤnſtlich Werck. Der weitberuͤhmten Meiſter. Jn ihrer ſchoͤnen Kunſt tief eingedrungne Geiſter Erfanden, nach viel Fleiß und Muͤh, Der Farben holde Harmonie. Ja durch der Farben Ton zieht, recht verwunderlich, Die nachgeahmete Natur Faſt jedes Aug’ an ſich.
Man glaubet insgemein Daß helle Farben leicht und lufftig ſeyn, Und daß die dunckelen hingegen, Als die mehr irdiſches und ſchweres in ſich hegen, Der leichten Lieblichkeit verdringen. So, wie verſchiedne Toͤn’ offt wol zuſammen klingen, Auch oͤffters ſich verwirren und ſich hindern;
So
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Von den Farben.
Um aber beſſer noch zu faſſen, wie die Zuͤge
Formiret ſind: auf welche Weiſe ſie
Den Augen
Sich einzudruͤcken taugen;
Erwege man, daß eine Harmonie,
Recht wie in der Muſie, ſo auch in Farben, liege.
Des holden Lichtes helle Strahlen
Beſitzen in ſich ſelbſt, und hegen
Ein zitterndes Bewegen;
Daß durch die Gleich-Maaß und die Zahlen,
Durch die Vereinigung und durch das Widerſtreben
Der Coͤrper, die man ſieht
Beſondren Unterſchied
Uns deutlich zu erkennen geben.
Des Mahlers Hand beſeelt mit Farben, die faſt leben,
Sein ſchoͤn und kuͤnſtlich Werck. Der weitberuͤhmten Meiſter.
Jn ihrer ſchoͤnen Kunſt tief eingedrungne Geiſter
Erfanden, nach viel Fleiß und Muͤh,
Der Farben holde Harmonie.
Ja durch der Farben Ton zieht, recht verwunderlich,
Die nachgeahmete Natur
Faſt jedes Aug’ an ſich.
Man glaubet insgemein
Daß helle Farben leicht und lufftig ſeyn,
Und daß die dunckelen hingegen,
Als die mehr irdiſches und ſchweres in ſich hegen,
Der leichten Lieblichkeit verdringen.
So, wie verſchiedne Toͤn’ offt wol zuſammen klingen,
Auch oͤffters ſich verwirren und ſich hindern;
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/427>, abgerufen am 22.11.2024.
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