Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Von den Sinnlichkeiten insgemein.

Den Zeug den wir geordnet sehn,
Getheilt in Element, in Himmel und in Sternen,
Sollt' ohne Geist man selbe wol verstehn,
Ja ihre Gegenwart einst zu bemercken lernen?
Verwirret und vermischt mit jenen grossen Hauffen,
Würd' jeder unvermerckt beweget, vorwärts lauffen.
Kein Mensch würd' etwas anders seyn,
Als eine Bluhm, ein Baum, ein Marmor-Stein.
Jn die Materie würd' er sich wieder sencken,
Ohn einmal daß er leb' und worden sey, zu dencken;
Wenn uns nicht GOTT der SCHOEPFFER wollen
gönnen,
Den Geist, der fähig ist zu dencken, zu erkennen.

Und dennoch ist sein Leib, der irdisch und gebrechlich,
Ein wunderbahrer Bau, der uns verkleinet, weis't
Solch eine Kunst die unaussprechlich,
Die ihren Grossen SCHOEPFFER preis't.

Noch ausser den Versammlungen der Welt
Und den Zusammensatz von Himmel, Fluth und Erden,
Die GOTT der HERR auf einmal hingestellt,
Da sie durch eintzelne Gesetz erhalten werden;
So giebt es Cörper noch die jederzeit
Erfüllet sind mit Krafft von Fruchtbarkeit:
Belebte Wesen, welche sich
Verändern und verstöhren
Und durch sich selbst sich wiederum gebähren
Den
D d
Von den Sinnlichkeiten insgemein.

Den Zeug den wir geordnet ſehn,
Getheilt in Element, in Himmel und in Sternen,
Sollt’ ohne Geiſt man ſelbe wol verſtehn,
Ja ihre Gegenwart einſt zu bemercken lernen?
Verwirret und vermiſcht mit jenen groſſen Hauffen,
Wuͤrd’ jeder unvermerckt beweget, vorwaͤrts lauffen.
Kein Menſch wuͤrd’ etwas anders ſeyn,
Als eine Bluhm, ein Baum, ein Marmor-Stein.
Jn die Materie wuͤrd’ er ſich wieder ſencken,
Ohn einmal daß er leb’ und worden ſey, zu dencken;
Wenn uns nicht GOTT der SCHOEPFFER wollen
goͤnnen,
Den Geiſt, der faͤhig iſt zu dencken, zu erkennen.

Und dennoch iſt ſein Leib, der irdiſch und gebrechlich,
Ein wunderbahrer Bau, der uns verkleinet, weiſ’t
Solch eine Kunſt die unausſprechlich,
Die ihren Groſſen SCHOEPFFER preiſ’t.

Noch auſſer den Verſammlungen der Welt
Und den Zuſammenſatz von Himmel, Fluth und Erden,
Die GOTT der HERR auf einmal hingeſtellt,
Da ſie durch eintzelne Geſetz erhalten werden;
So giebt es Coͤrper noch die jederzeit
Erfuͤllet ſind mit Krafft von Fruchtbarkeit:
Belebte Weſen, welche ſich
Veraͤndern und verſtoͤhren
Und durch ſich ſelbſt ſich wiederum gebaͤhren
Den
D d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0447" n="417"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den Sinnlichkeiten insgemein.</hi> </fw><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>en Zeug den wir geordnet &#x017F;ehn,</l><lb/>
                <l>Getheilt in Element, in Himmel und in Sternen,</l><lb/>
                <l>Sollt&#x2019; ohne Gei&#x017F;t man &#x017F;elbe wol ver&#x017F;tehn,</l><lb/>
                <l>Ja ihre Gegenwart ein&#x017F;t zu bemercken lernen?</l><lb/>
                <l>Verwirret und vermi&#x017F;cht mit jenen gro&#x017F;&#x017F;en Hauffen,</l><lb/>
                <l>Wu&#x0364;rd&#x2019; jeder unvermerckt beweget, vorwa&#x0364;rts lauffen.</l><lb/>
                <l>Kein Men&#x017F;ch wu&#x0364;rd&#x2019; etwas anders &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>Als eine Bluhm, ein Baum, ein Marmor-Stein.</l><lb/>
                <l>Jn die Materie wu&#x0364;rd&#x2019; er &#x017F;ich wieder &#x017F;encken,</l><lb/>
                <l>Ohn einmal daß er leb&#x2019; und worden &#x017F;ey, zu dencken;</l><lb/>
                <l>Wenn uns nicht GOTT der SCHOEPFFER wollen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">go&#x0364;nnen,</hi> </l><lb/>
                <l>Den Gei&#x017F;t, der fa&#x0364;hig i&#x017F;t zu dencken, zu erkennen.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">U</hi>nd dennoch i&#x017F;t &#x017F;ein Leib, der irdi&#x017F;ch und gebrechlich,</l><lb/>
                <l>Ein wunderbahrer Bau, der uns verkleinet, wei&#x017F;&#x2019;t</l><lb/>
                <l>Solch eine Kun&#x017F;t die unaus&#x017F;prechlich,</l><lb/>
                <l>Die ihren Gro&#x017F;&#x017F;en SCHOEPFFER prei&#x017F;&#x2019;t.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">N</hi>och au&#x017F;&#x017F;er den Ver&#x017F;ammlungen der Welt</l><lb/>
                <l>Und den Zu&#x017F;ammen&#x017F;atz von Himmel, Fluth und Erden,</l><lb/>
                <l>Die GOTT der HERR auf einmal hinge&#x017F;tellt,</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ie durch eintzelne Ge&#x017F;etz erhalten werden;</l><lb/>
                <l>So giebt es Co&#x0364;rper noch die jederzeit</l><lb/>
                <l>Erfu&#x0364;llet &#x017F;ind mit Krafft von Fruchtbarkeit:</l><lb/>
                <l>Belebte We&#x017F;en, welche &#x017F;ich</l><lb/>
                <l>Vera&#x0364;ndern und ver&#x017F;to&#x0364;hren</l><lb/>
                <l>Und durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich wiederum geba&#x0364;hren</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">D d</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[417/0447] Von den Sinnlichkeiten insgemein. Den Zeug den wir geordnet ſehn, Getheilt in Element, in Himmel und in Sternen, Sollt’ ohne Geiſt man ſelbe wol verſtehn, Ja ihre Gegenwart einſt zu bemercken lernen? Verwirret und vermiſcht mit jenen groſſen Hauffen, Wuͤrd’ jeder unvermerckt beweget, vorwaͤrts lauffen. Kein Menſch wuͤrd’ etwas anders ſeyn, Als eine Bluhm, ein Baum, ein Marmor-Stein. Jn die Materie wuͤrd’ er ſich wieder ſencken, Ohn einmal daß er leb’ und worden ſey, zu dencken; Wenn uns nicht GOTT der SCHOEPFFER wollen goͤnnen, Den Geiſt, der faͤhig iſt zu dencken, zu erkennen. Und dennoch iſt ſein Leib, der irdiſch und gebrechlich, Ein wunderbahrer Bau, der uns verkleinet, weiſ’t Solch eine Kunſt die unausſprechlich, Die ihren Groſſen SCHOEPFFER preiſ’t. Noch auſſer den Verſammlungen der Welt Und den Zuſammenſatz von Himmel, Fluth und Erden, Die GOTT der HERR auf einmal hingeſtellt, Da ſie durch eintzelne Geſetz erhalten werden; So giebt es Coͤrper noch die jederzeit Erfuͤllet ſind mit Krafft von Fruchtbarkeit: Belebte Weſen, welche ſich Veraͤndern und verſtoͤhren Und durch ſich ſelbſt ſich wiederum gebaͤhren Den D d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/447
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/447>, abgerufen am 22.11.2024.