Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Gehör.


Jemehr wir den Gebrauch der Sinnen nun erwegen,
Mit desto grössrer Klarheit
Zeigt der Verstand uns diese Wahrheit,
Daß die Empfindung bloß dem Geist sey beyzulegen.
Noch besser, als die Tön', erweisen des Gesichts
Verschiedne Würckungen, sammt vieler Vorwürff' Bildern,
Die wir uns selber schildern,
Und machen es recht überzeuglich klar.
Die Rede, das Gehör, hat einen Vortheil zwar,
Es kan ein jedes Ding sich durch die Sprach erklären,
Es zeigen sich dem Geist die Nutz-erfüllte Lehren.
Allein das grosse Rund drückt uns den Wunder-Schein
Und sein so herrlich Bild, ohn alle Red-Kunst ein.
So bald sich nur ein Aug' eröffnen kan,
Sieht man bereits den Glantz, den nichts verdunckelt, an.
Von dem Gesicht.
Ein Dummer ist sowol, als der, so klug, gerührt.
Jn aller Cörper Meng, die wir bey uns erblicken,
Jn allen, die den Bau des weiten Himmels schmücken,
Wird von dem Geiste, DER, so sie gemacht, verspürt.
Die Ordnungen, die unzerstörlich,
Und welchen selbst der Ur-Stoff unterthan, (*)
Die reden alle unaufhörlich
Der Menschen Augen an.
Der sichtbare Zusammenklang
Jst allenthalben zu verstehen,
Und
(*) Die Himmel erzehlen die Ehre GOTTES. Ps. 18.
F f 3
Vom Gehoͤr.


Jemehr wir den Gebrauch der Sinnen nun erwegen,
Mit deſto groͤſſrer Klarheit
Zeigt der Verſtand uns dieſe Wahrheit,
Daß die Empfindung bloß dem Geiſt ſey beyzulegen.
Noch beſſer, als die Toͤn’, erweiſen des Geſichts
Verſchiedne Wuͤrckungen, ſammt vieler Vorwuͤrff’ Bildern,
Die wir uns ſelber ſchildern,
Und machen es recht uͤberzeuglich klar.
Die Rede, das Gehoͤr, hat einen Vortheil zwar,
Es kan ein jedes Ding ſich durch die Sprach erklaͤren,
Es zeigen ſich dem Geiſt die Nutz-erfuͤllte Lehren.
Allein das groſſe Rund druͤckt uns den Wunder-Schein
Und ſein ſo herrlich Bild, ohn alle Red-Kunſt ein.
So bald ſich nur ein Aug’ eroͤffnen kan,
Sieht man bereits den Glantz, den nichts verdunckelt, an.
Von dem Geſicht.
Ein Dummer iſt ſowol, als der, ſo klug, geruͤhrt.
Jn aller Coͤrper Meng, die wir bey uns erblicken,
Jn allen, die den Bau des weiten Himmels ſchmuͤcken,
Wird von dem Geiſte, DER, ſo ſie gemacht, verſpuͤrt.
Die Ordnungen, die unzerſtoͤrlich,
Und welchen ſelbſt der Ur-Stoff unterthan, (*)
Die reden alle unaufhoͤrlich
Der Menſchen Augen an.
Der ſichtbare Zuſammenklang
Jſt allenthalben zu verſtehen,
Und
(*) Die Himmel erzehlen die Ehre GOTTES. Pſ. 18.
F f 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0483" n="453"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vom Geho&#x0364;r.</hi> </fw><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">J</hi>emehr wir den Gebrauch der Sinnen nun erwegen,</l><lb/>
                <l>Mit de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;rer Klarheit</l><lb/>
                <l>Zeigt der Ver&#x017F;tand uns die&#x017F;e Wahrheit,</l><lb/>
                <l>Daß die Empfindung bloß dem Gei&#x017F;t &#x017F;ey beyzulegen.</l><lb/>
                <l>Noch be&#x017F;&#x017F;er, als die To&#x0364;n&#x2019;, erwei&#x017F;en des Ge&#x017F;ichts</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;chiedne Wu&#x0364;rckungen, &#x017F;ammt vieler Vorwu&#x0364;rff&#x2019; Bildern,</l><lb/>
                <l>Die wir uns &#x017F;elber &#x017F;childern,</l><lb/>
                <l>Und machen es recht u&#x0364;berzeuglich klar.</l><lb/>
                <l>Die Rede, das Geho&#x0364;r, hat einen Vortheil zwar,</l><lb/>
                <l>Es kan ein jedes Ding &#x017F;ich durch die Sprach erkla&#x0364;ren,</l><lb/>
                <l>Es zeigen &#x017F;ich dem Gei&#x017F;t die Nutz-erfu&#x0364;llte Lehren.</l><lb/>
                <l>Allein das gro&#x017F;&#x017F;e Rund dru&#x0364;ckt uns den Wunder-Schein</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;ein &#x017F;o herrlich Bild, ohn alle Red-Kun&#x017F;t ein.</l><lb/>
                <l>So bald &#x017F;ich nur ein Aug&#x2019; ero&#x0364;ffnen kan,</l><lb/>
                <l>Sieht man bereits den Glantz, den nichts verdunckelt, an.</l>
              </lg>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Von dem Ge&#x017F;icht.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">E</hi>in Dummer i&#x017F;t &#x017F;owol, als der, &#x017F;o klug, geru&#x0364;hrt.</l><lb/>
                <l>Jn aller Co&#x0364;rper Meng, die wir bey uns erblicken,</l><lb/>
                <l>Jn allen, die den Bau des weiten Himmels &#x017F;chmu&#x0364;cken,</l><lb/>
                <l>Wird von dem Gei&#x017F;te, DER, &#x017F;o &#x017F;ie gemacht, ver&#x017F;pu&#x0364;rt.</l><lb/>
                <l>Die Ordnungen, die unzer&#x017F;to&#x0364;rlich,</l><lb/>
                <l>Und welchen &#x017F;elb&#x017F;t der Ur-Stoff unterthan, <note place="foot" n="(*)">Die Himmel erzehlen die Ehre GOTTES. P&#x017F;. 18.</note></l><lb/>
                <l>Die reden alle unaufho&#x0364;rlich</l><lb/>
                <l>Der Men&#x017F;chen Augen an.</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;ichtbare Zu&#x017F;ammenklang</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t allenthalben zu ver&#x017F;tehen,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">F f 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0483] Vom Gehoͤr. Jemehr wir den Gebrauch der Sinnen nun erwegen, Mit deſto groͤſſrer Klarheit Zeigt der Verſtand uns dieſe Wahrheit, Daß die Empfindung bloß dem Geiſt ſey beyzulegen. Noch beſſer, als die Toͤn’, erweiſen des Geſichts Verſchiedne Wuͤrckungen, ſammt vieler Vorwuͤrff’ Bildern, Die wir uns ſelber ſchildern, Und machen es recht uͤberzeuglich klar. Die Rede, das Gehoͤr, hat einen Vortheil zwar, Es kan ein jedes Ding ſich durch die Sprach erklaͤren, Es zeigen ſich dem Geiſt die Nutz-erfuͤllte Lehren. Allein das groſſe Rund druͤckt uns den Wunder-Schein Und ſein ſo herrlich Bild, ohn alle Red-Kunſt ein. So bald ſich nur ein Aug’ eroͤffnen kan, Sieht man bereits den Glantz, den nichts verdunckelt, an. Von dem Geſicht. Ein Dummer iſt ſowol, als der, ſo klug, geruͤhrt. Jn aller Coͤrper Meng, die wir bey uns erblicken, Jn allen, die den Bau des weiten Himmels ſchmuͤcken, Wird von dem Geiſte, DER, ſo ſie gemacht, verſpuͤrt. Die Ordnungen, die unzerſtoͤrlich, Und welchen ſelbſt der Ur-Stoff unterthan, (*) Die reden alle unaufhoͤrlich Der Menſchen Augen an. Der ſichtbare Zuſammenklang Jſt allenthalben zu verſtehen, Und (*) Die Himmel erzehlen die Ehre GOTTES. Pſ. 18. F f 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/483
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/483>, abgerufen am 22.11.2024.