Und durch die gantze Welt erschallet ihr Gesang. Von Völckern, welche wir so sehr verschieden sehen An Sitten, Sprach' und Art, und die von weiten Meer Den weitgetheilten Strand zur Wohnung überkommen; Selbst von den Schaaren Der allerwildesten Barbaren Wird dieses Göttliche Concert vernommen.
Jn welcher Fern' und auf wie mancherley Erstrecket das Gesichte sich! Es ist der erste Sinn, der fast nicht cörperlich, Der wunderbarlich ist, und der dabey Am meisten allgemein, der an Geschwindigkeit Gantz unbegreifflich ist. Des Geists Beschaffenheit Folgt dieser gantz allein; Ja er wird dem Verstand am meisten brauchbar seyn.
Der schnelle Blick verbreitet sich Von Osten an, biß gegen Westen. Uns leuchten Sonn und Stern von der gewölbten Festen Auf diesen Erden-Bau, der stets veränderlich Doch immer einerley. Dies Auge, das die Zier Des Cörpers und sein Licht, ein nimmer müder Knecht Des Geists, der voller Neu-Begier. Ein kluges Spiegel-Glas und eine Schilderey Die lebend, stellet uns des Himmels Heer, Stellt uns das weite Meer Jn seinen kleinen Creisen für.
Lasst
F f 4
Vom dem Geſicht.
Und durch die gantze Welt erſchallet ihr Geſang. Von Voͤlckern, welche wir ſo ſehr verſchieden ſehen An Sitten, Sprach’ und Art, und die von weiten Meer Den weitgetheilten Strand zur Wohnung uͤberkommen; Selbſt von den Schaaren Der allerwildeſten Barbaren Wird dieſes Goͤttliche Concert vernommen.
Jn welcher Fern’ und auf wie mancherley Erſtrecket das Geſichte ſich! Es iſt der erſte Sinn, der faſt nicht coͤrperlich, Der wunderbarlich iſt, und der dabey Am meiſten allgemein, der an Geſchwindigkeit Gantz unbegreifflich iſt. Des Geiſts Beſchaffenheit Folgt dieſer gantz allein; Ja er wird dem Verſtand am meiſten brauchbar ſeyn.
Der ſchnelle Blick verbreitet ſich Von Oſten an, biß gegen Weſten. Uns leuchten Sonn und Stern von der gewoͤlbten Feſten Auf dieſen Erden-Bau, der ſtets veraͤnderlich Doch immer einerley. Dies Auge, das die Zier Des Coͤrpers und ſein Licht, ein nimmer muͤder Knecht Des Geiſts, der voller Neu-Begier. Ein kluges Spiegel-Glas und eine Schilderey Die lebend, ſtellet uns des Himmels Heer, Stellt uns das weite Meer Jn ſeinen kleinen Creiſen fuͤr.
Laſſt
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Vom dem Geſicht.
Und durch die gantze Welt erſchallet ihr Geſang.
Von Voͤlckern, welche wir ſo ſehr verſchieden ſehen
An Sitten, Sprach’ und Art, und die von weiten Meer
Den weitgetheilten Strand zur Wohnung uͤberkommen;
Selbſt von den Schaaren
Der allerwildeſten Barbaren
Wird dieſes Goͤttliche Concert vernommen.
Jn welcher Fern’ und auf wie mancherley
Erſtrecket das Geſichte ſich!
Es iſt der erſte Sinn, der faſt nicht coͤrperlich,
Der wunderbarlich iſt, und der dabey
Am meiſten allgemein, der an Geſchwindigkeit
Gantz unbegreifflich iſt. Des Geiſts Beſchaffenheit
Folgt dieſer gantz allein;
Ja er wird dem Verſtand am meiſten brauchbar ſeyn.
Der ſchnelle Blick verbreitet ſich
Von Oſten an, biß gegen Weſten.
Uns leuchten Sonn und Stern von der gewoͤlbten Feſten
Auf dieſen Erden-Bau, der ſtets veraͤnderlich
Doch immer einerley.
Dies Auge, das die Zier
Des Coͤrpers und ſein Licht, ein nimmer muͤder Knecht
Des Geiſts, der voller Neu-Begier.
Ein kluges Spiegel-Glas und eine Schilderey
Die lebend, ſtellet uns des Himmels Heer,
Stellt uns das weite Meer
Jn ſeinen kleinen Creiſen fuͤr.
Laſſt
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/485>, abgerufen am 22.11.2024.
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