Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Die Glocken-Bluhme. Fürwahr man muß erstaunt gestehn,Daß du an Bildung dich von allen unterscheidest. Denn, ob du dich gleich auch in schöne Farbe kleidest, Und ich dich Purpur bald, bald Leib-farb und bald blau, Bald Weiß, bald bunt gefärbet, schau; So übersteigt die Form und ihre Seltenheit Dennoch, wie schön sie gleich, der Farben Lieblichkeit. Daß sie den Glocken gleich, wovon sie auch den Rah- men Deßhalben überkamen, Weiß ied er, aber das weiß ieder eben nicht, Auf welche Weise die Natur Die Glocken-förmige Figur Von solchen Blättern zugericht't, Die dazu gantz nicht tauglich scheinen: Die sie iedoch so künstlich zu vereinen, So nett zu fügen weiß, Daß ihres grossen Schöpfers Preis, Wenn man sie sich vor Augen stellet, Aus dieser Bildungs-Kunst recht sonderlich erhellet. Zwo Arten Blätterchen, die gantz nicht gleich, for- miren Durch ihren Rang, der Bluhmen prangen, Die am gebognen Stiel, als an gebognen Stangen, Und die beweglich, abwärts hangen: Wodurch sie leicht bewegt, leicht hin und her sich rühren. Die eine Sorte gleicht, sieht man sie einzeln an, Des Uberflusses Horn so völlig, daß man nicht Leicht etwas gleichers finden kann. Der-
Die Glocken-Bluhme. Fuͤrwahr man muß erſtaunt geſtehn,Daß du an Bildung dich von allen unterſcheideſt. Denn, ob du dich gleich auch in ſchoͤne Farbe kleideſt, Und ich dich Purpur bald, bald Leib-farb und bald blau, Bald Weiß, bald bunt gefaͤrbet, ſchau; So uͤberſteigt die Form und ihre Seltenheit Dennoch, wie ſchoͤn ſie gleich, der Farben Lieblichkeit. Daß ſie den Glocken gleich, wovon ſie auch den Rah- men Deßhalben uͤberkamen, Weiß ied er, aber das weiß ieder eben nicht, Auf welche Weiſe die Natur Die Glocken-foͤrmige Figur Von ſolchen Blaͤttern zugericht’t, Die dazu gantz nicht tauglich ſcheinen: Die ſie iedoch ſo kuͤnſtlich zu vereinen, So nett zu fuͤgen weiß, Daß ihres groſſen Schoͤpfers Preis, Wenn man ſie ſich vor Augen ſtellet, Aus dieſer Bildungs-Kunſt recht ſonderlich erhellet. Zwo Arten Blaͤtterchen, die gantz nicht gleich, for- miren Durch ihren Rang, der Bluhmen prangen, Die am gebognen Stiel, als an gebognen Stangen, Und die beweglich, abwaͤrts hangen: Wodurch ſie leicht bewegt, leicht hin und her ſich ruͤhren. Die eine Sorte gleicht, ſieht man ſie einzeln an, Des Uberfluſſes Horn ſo voͤllig, daß man nicht Leicht etwas gleichers finden kann. Der-
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Die Glocken-Bluhme.
Fuͤrwahr man muß erſtaunt geſtehn,
Daß du an Bildung dich von allen unterſcheideſt.
Denn, ob du dich gleich auch in ſchoͤne Farbe kleideſt,
Und ich dich Purpur bald, bald Leib-farb und bald blau,
Bald Weiß, bald bunt gefaͤrbet, ſchau;
So uͤberſteigt die Form und ihre Seltenheit
Dennoch, wie ſchoͤn ſie gleich, der Farben Lieblichkeit.
Daß ſie den Glocken gleich, wovon ſie auch den Rah-
men
Deßhalben uͤberkamen,
Weiß ied er, aber das weiß ieder eben nicht,
Auf welche Weiſe die Natur
Die Glocken-foͤrmige Figur
Von ſolchen Blaͤttern zugericht’t,
Die dazu gantz nicht tauglich ſcheinen:
Die ſie iedoch ſo kuͤnſtlich zu vereinen,
So nett zu fuͤgen weiß,
Daß ihres groſſen Schoͤpfers Preis,
Wenn man ſie ſich vor Augen ſtellet,
Aus dieſer Bildungs-Kunſt recht ſonderlich erhellet.
Zwo Arten Blaͤtterchen, die gantz nicht gleich, for-
miren
Durch ihren Rang, der Bluhmen prangen,
Die am gebognen Stiel, als an gebognen Stangen,
Und die beweglich, abwaͤrts hangen:
Wodurch ſie leicht bewegt, leicht hin und her ſich ruͤhren.
Die eine Sorte gleicht, ſieht man ſie einzeln an,
Des Uberfluſſes Horn ſo voͤllig, daß man nicht
Leicht etwas gleichers finden kann.
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