Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Laue Lüffte. Laue Lüffte. Da ich mit Bedachtsamkeit, billig bey mir überlege, Wie die Lufft anietzt so sanft, lieblich, angenehm und kühl; Und, indem ich es bedenck', auch zugleich dabey erwege Jhr so scharff- und rauhes schneiden, welches ich im Winter fühl; Zeigt der Unterschied mit Recht, welch ein Glück ich ietzt besitze, Da kein gar zu strenger Frost, keine gar zu matte Hitze Mir die Lung' und Brust beschweren, Roch mit einem scharffen Druck peinlich Haut und Fleisch versehren; Sondern da in solchem Grad ietzt die Lufft so süß gemischt, Daß ein iedes Athem-holen Nase, Zunge, Lung' und Blut, Durch ihr ausgedehntes Wesen, nehrt, erquicket und er- frischt: Ja, indem sie Haut und Fleisch mit so sanftem Wallen streichelt, Und durch spielendes Gesäusel überall uns rührt und schmei- chelt, Jnnerlich und äusserlich unserm Cörper sanfte thut. Wenn man das durch laue Wärme, und durchs nahe Sonnen-Licht Jn der ausgedehnten Lufft blos gewirckte Gleich-Gewicht, Das uns überall durchdringt, das uns überall berühret, Und worin wir gleichsam schwimmen, inn- und äusserlich verspührt; Sollte
Laue Luͤffte. Laue Luͤffte. Da ich mit Bedachtſamkeit, billig bey mir uͤberlege, Wie die Lufft anietzt ſo ſanft, lieblich, angenehm und kuͤhl; Und, indem ich es bedenck’, auch zugleich dabey erwege Jhr ſo ſcharff- und rauhes ſchneiden, welches ich im Winter fuͤhl; Zeigt der Unterſchied mit Recht, welch ein Gluͤck ich ietzt beſitze, Da kein gar zu ſtrenger Froſt, keine gar zu matte Hitze Mir die Lung’ und Bruſt beſchweren, Roch mit einem ſcharffen Druck peinlich Haut und Fleiſch verſehren; Sondern da in ſolchem Grad ietzt die Lufft ſo ſuͤß gemiſcht, Daß ein iedes Athem-holen Naſe, Zunge, Lung’ und Blut, Durch ihr ausgedehntes Weſen, nehrt, erquicket und er- friſcht: Ja, indem ſie Haut und Fleiſch mit ſo ſanftem Wallen ſtreichelt, Und durch ſpielendes Geſaͤuſel uͤberall uns ruͤhrt und ſchmei- chelt, Jnnerlich und aͤuſſerlich unſerm Coͤrper ſanfte thut. Wenn man das durch laue Waͤrme, und durchs nahe Sonnen-Licht Jn der ausgedehnten Lufft blos gewirckte Gleich-Gewicht, Das uns uͤberall durchdringt, das uns uͤberall beruͤhret, Und worin wir gleichſam ſchwimmen, inn- und aͤuſſerlich verſpuͤhrt; Sollte
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Laue Luͤffte.
Laue Luͤffte.
Da ich mit Bedachtſamkeit, billig bey mir uͤberlege,
Wie die Lufft anietzt ſo ſanft, lieblich, angenehm und
kuͤhl;
Und, indem ich es bedenck’, auch zugleich dabey erwege
Jhr ſo ſcharff- und rauhes ſchneiden, welches ich im Winter
fuͤhl;
Zeigt der Unterſchied mit Recht, welch ein Gluͤck ich ietzt
beſitze,
Da kein gar zu ſtrenger Froſt, keine gar zu matte Hitze
Mir die Lung’ und Bruſt beſchweren,
Roch mit einem ſcharffen Druck peinlich Haut und Fleiſch
verſehren;
Sondern da in ſolchem Grad ietzt die Lufft ſo ſuͤß gemiſcht,
Daß ein iedes Athem-holen Naſe, Zunge, Lung’ und Blut,
Durch ihr ausgedehntes Weſen, nehrt, erquicket und er-
friſcht:
Ja, indem ſie Haut und Fleiſch mit ſo ſanftem Wallen
ſtreichelt,
Und durch ſpielendes Geſaͤuſel uͤberall uns ruͤhrt und ſchmei-
chelt,
Jnnerlich und aͤuſſerlich unſerm Coͤrper ſanfte thut.
Wenn man das durch laue Waͤrme, und durchs nahe
Sonnen-Licht
Jn der ausgedehnten Lufft blos gewirckte Gleich-Gewicht,
Das uns uͤberall durchdringt, das uns uͤberall beruͤhret,
Und worin wir gleichſam ſchwimmen, inn- und aͤuſſerlich
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