Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein bedeckter, doch heller Himmel.
Ein bedeckter, doch heller Himmel.
Hier steh' ich an dem Strand der Elbe,
Und seh mit Lust, wie Lufft und Fluth
Jn sanft und glatter Stille ruht.
Zumahl ergetz' ich mich am himmlischen Gewölbe,
Ob gleich es ein Gewolck erfüllt,
So zwar den Sonnen-Strahl verhüllt,
Jedoch mit solcher klaren Pracht
Sich und das Firmament zu einem Schau-Platz macht,
An dem so wenig unsre Augen,
Jndem er gar zu Wunder-schön,
Sich satt zu sehn,
Als Hand und Feder sie recht zu beschreiben, taugen.
Jch seh mit tausend zarten Bildern
Von angenehm gebrochnen Wolcken, sich
Jn süsser Harmonie den gantzen Himmel schildern;
Woran die Schatten selbst ein Schein,
Und nur von einem hellern Licht,
Das hin und wieder durch sie bricht,
Dem Ansehn nach, zu Schatten worden seyn.
Durch diese ward das Licht noch mehr erhoben:
Unglaublich angenehm, und recht verwunderlich
Hat ihrer Theil' unzehlbar Heer,
Dem Ansehn nach, ein Ungefehr
So in einander eingeschoben,
Daß von verschiednen Creaturen
Fast nicht zu zehlende Figuren
Jn einem lieblich grau- und gelblich weissen Schein
Darin zu sehen seyn.
Ein
H 5
Ein bedeckter, doch heller Himmel.
Ein bedeckter, doch heller Himmel.
Hier ſteh’ ich an dem Strand der Elbe,
Und ſeh mit Luſt, wie Lufft und Fluth
Jn ſanft und glatter Stille ruht.
Zumahl ergetz’ ich mich am himmliſchen Gewoͤlbe,
Ob gleich es ein Gewolck erfuͤllt,
So zwar den Sonnen-Strahl verhuͤllt,
Jedoch mit ſolcher klaren Pracht
Sich und das Firmament zu einem Schau-Platz macht,
An dem ſo wenig unſre Augen,
Jndem er gar zu Wunder-ſchoͤn,
Sich ſatt zu ſehn,
Als Hand und Feder ſie recht zu beſchreiben, taugen.
Jch ſeh mit tauſend zarten Bildern
Von angenehm gebrochnen Wolcken, ſich
Jn ſuͤſſer Harmonie den gantzen Himmel ſchildern;
Woran die Schatten ſelbſt ein Schein,
Und nur von einem hellern Licht,
Das hin und wieder durch ſie bricht,
Dem Anſehn nach, zu Schatten worden ſeyn.
Durch dieſe ward das Licht noch mehr erhoben:
Unglaublich angenehm, und recht verwunderlich
Hat ihrer Theil’ unzehlbar Heer,
Dem Anſehn nach, ein Ungefehr
So in einander eingeſchoben,
Daß von verſchiednen Creaturen
Faſt nicht zu zehlende Figuren
Jn einem lieblich grau- und gelblich weiſſen Schein
Darin zu ſehen ſeyn.
Ein
H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0154" n="122"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ein bedeckter, doch heller Himmel.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Ein bedeckter, doch heller Himmel.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">H</hi>ier &#x017F;teh&#x2019; ich an dem Strand der Elbe,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;eh mit Lu&#x017F;t, wie Lufft und Fluth</l><lb/>
              <l>Jn &#x017F;anft und glatter Stille ruht.</l><lb/>
              <l>Zumahl ergetz&#x2019; ich mich am himmli&#x017F;chen Gewo&#x0364;lbe,</l><lb/>
              <l>Ob gleich es ein Gewolck erfu&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>So zwar den Sonnen-Strahl verhu&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>Jedoch mit &#x017F;olcher klaren Pracht</l><lb/>
              <l>Sich und das Firmament zu einem Schau-Platz macht,</l><lb/>
              <l>An dem &#x017F;o wenig un&#x017F;re Augen,</l><lb/>
              <l>Jndem er gar zu Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
              <l>Sich &#x017F;att zu &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Als Hand und Feder &#x017F;ie recht zu be&#x017F;chreiben, taugen.</l><lb/>
              <l>Jch &#x017F;eh mit tau&#x017F;end zarten Bildern</l><lb/>
              <l>Von angenehm gebrochnen Wolcken, &#x017F;ich</l><lb/>
              <l>Jn &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Harmonie den gantzen Himmel &#x017F;childern;</l><lb/>
              <l>Woran die Schatten &#x017F;elb&#x017F;t ein Schein,</l><lb/>
              <l>Und nur von einem hellern Licht,</l><lb/>
              <l>Das hin und wieder durch &#x017F;ie bricht,</l><lb/>
              <l>Dem An&#x017F;ehn nach, zu Schatten worden &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Durch die&#x017F;e ward das Licht noch mehr erhoben:</l><lb/>
              <l>Unglaublich angenehm, und recht verwunderlich</l><lb/>
              <l>Hat ihrer Theil&#x2019; unzehlbar Heer,</l><lb/>
              <l>Dem An&#x017F;ehn nach, ein Ungefehr</l><lb/>
              <l>So in einander einge&#x017F;choben,</l><lb/>
              <l>Daß von ver&#x017F;chiednen Creaturen</l><lb/>
              <l>Fa&#x017F;t nicht zu zehlende Figuren</l><lb/>
              <l>Jn einem lieblich grau- und gelblich wei&#x017F;&#x017F;en Schein</l><lb/>
              <l>Darin zu &#x017F;ehen &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0154] Ein bedeckter, doch heller Himmel. Ein bedeckter, doch heller Himmel. Hier ſteh’ ich an dem Strand der Elbe, Und ſeh mit Luſt, wie Lufft und Fluth Jn ſanft und glatter Stille ruht. Zumahl ergetz’ ich mich am himmliſchen Gewoͤlbe, Ob gleich es ein Gewolck erfuͤllt, So zwar den Sonnen-Strahl verhuͤllt, Jedoch mit ſolcher klaren Pracht Sich und das Firmament zu einem Schau-Platz macht, An dem ſo wenig unſre Augen, Jndem er gar zu Wunder-ſchoͤn, Sich ſatt zu ſehn, Als Hand und Feder ſie recht zu beſchreiben, taugen. Jch ſeh mit tauſend zarten Bildern Von angenehm gebrochnen Wolcken, ſich Jn ſuͤſſer Harmonie den gantzen Himmel ſchildern; Woran die Schatten ſelbſt ein Schein, Und nur von einem hellern Licht, Das hin und wieder durch ſie bricht, Dem Anſehn nach, zu Schatten worden ſeyn. Durch dieſe ward das Licht noch mehr erhoben: Unglaublich angenehm, und recht verwunderlich Hat ihrer Theil’ unzehlbar Heer, Dem Anſehn nach, ein Ungefehr So in einander eingeſchoben, Daß von verſchiednen Creaturen Faſt nicht zu zehlende Figuren Jn einem lieblich grau- und gelblich weiſſen Schein Darin zu ſehen ſeyn. Ein H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/154
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/154>, abgerufen am 27.11.2024.