Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schiff-Fahrt.
Mit der beschäumten Fluthen lärmen
Jhr schnaubendes Getöse mische.

Wo auf der Welt ein Stand, der uns, auf GOTT
zu dencken.

Und Seel' und Sinn auf Seine Huld zu lencken,
Mit Recht bewegen sollt, so ist es dieser wol,
Da zwischen Tod und Leben
Nur wenig Zoll
Uns eine Scheide-Wand so gar zerbrechlich, geben.
Jndem ich also lag und dachte,
Schlieff ich gelassen ein.
Und wie ich früh erwachte,
Und meinem GOTT gedanckt für Seinen Schirm und
Schutz,

Macht' ich mir, was ich sah', aufs neu zu Nutz.
Jch sahe denn darauf die weite Wasser-Welt,
Als wie ein blau unabzusehend Feld,
Mit dessen weit entlegnen Grentzen
Der Himmel selbst, dem Schein nach, sich verband.
Jch sah dies rege blau vom hellen Sonnen-Licht,
Das sich mit schnellem Blitz an hohlen Wolcken bricht,
An manchem Ort, wie fliessend Silber, gläntzen.
Jch sah' auf dieser Fläch' ein' ungezehlte Menge
Geschwollner Segel mancher Art,
Als pflügten sie das Feld der Fluthen hin und her,
Bald in die Qwer,
Bald in die Länge,
Mit halber theils, und theils mit gantzer Fahrt,
Die

Die Schiff-Fahrt.
Mit der beſchaͤumten Fluthen laͤrmen
Jhr ſchnaubendes Getoͤſe miſche.

Wo auf der Welt ein Stand, der uns, auf GOTT
zu dencken.

Und Seel’ und Sinn auf Seine Huld zu lencken,
Mit Recht bewegen ſollt, ſo iſt es dieſer wol,
Da zwiſchen Tod und Leben
Nur wenig Zoll
Uns eine Scheide-Wand ſo gar zerbrechlich, geben.
Jndem ich alſo lag und dachte,
Schlieff ich gelaſſen ein.
Und wie ich fruͤh erwachte,
Und meinem GOTT gedanckt fuͤr Seinen Schirm und
Schutz,

Macht’ ich mir, was ich ſah’, aufs neu zu Nutz.
Jch ſahe denn darauf die weite Waſſer-Welt,
Als wie ein blau unabzuſehend Feld,
Mit deſſen weit entlegnen Grentzen
Der Himmel ſelbſt, dem Schein nach, ſich verband.
Jch ſah dies rege blau vom hellen Sonnen-Licht,
Das ſich mit ſchnellem Blitz an hohlen Wolcken bricht,
An manchem Ort, wie flieſſend Silber, glaͤntzen.
Jch ſah’ auf dieſer Flaͤch’ ein’ ungezehlte Menge
Geſchwollner Segel mancher Art,
Als pfluͤgten ſie das Feld der Fluthen hin und her,
Bald in die Qwer,
Bald in die Laͤnge,
Mit halber theils, und theils mit gantzer Fahrt,
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <pb facs="#f0220" n="188"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Schiff-Fahrt.</hi> </fw><lb/>
              <l>Mit der be&#x017F;cha&#x0364;umten Fluthen la&#x0364;rmen</l><lb/>
              <l>Jhr &#x017F;chnaubendes Geto&#x0364;&#x017F;e mi&#x017F;che.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wo auf der Welt ein Stand, der uns, auf GOTT<lb/><hi rendition="#et">zu dencken.</hi></l><lb/>
              <l>Und Seel&#x2019; und Sinn auf Seine Huld zu lencken,</l><lb/>
              <l>Mit Recht bewegen &#x017F;ollt, &#x017F;o i&#x017F;t es die&#x017F;er wol,</l><lb/>
              <l>Da zwi&#x017F;chen Tod und Leben</l><lb/>
              <l>Nur wenig Zoll</l><lb/>
              <l>Uns eine Scheide-Wand &#x017F;o gar zerbrechlich, geben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Jndem ich al&#x017F;o lag und dachte,</l><lb/>
              <l>Schlieff ich gela&#x017F;&#x017F;en ein.</l><lb/>
              <l>Und wie ich fru&#x0364;h erwachte,</l><lb/>
              <l>Und meinem <hi rendition="#g">GOTT</hi> gedanckt fu&#x0364;r Seinen Schirm und<lb/><hi rendition="#et">Schutz,</hi></l><lb/>
              <l>Macht&#x2019; ich mir, was ich &#x017F;ah&#x2019;, aufs neu zu Nutz.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Jch &#x017F;ahe denn darauf die weite Wa&#x017F;&#x017F;er-Welt,</l><lb/>
              <l>Als wie ein blau unabzu&#x017F;ehend Feld,</l><lb/>
              <l>Mit de&#x017F;&#x017F;en weit entlegnen Grentzen</l><lb/>
              <l>Der Himmel &#x017F;elb&#x017F;t, dem Schein nach, &#x017F;ich verband.</l><lb/>
              <l>Jch &#x017F;ah dies rege blau vom hellen Sonnen-Licht,</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;ich mit &#x017F;chnellem Blitz an hohlen Wolcken bricht,</l><lb/>
              <l>An manchem Ort, wie flie&#x017F;&#x017F;end Silber, gla&#x0364;ntzen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Jch &#x017F;ah&#x2019; auf die&#x017F;er Fla&#x0364;ch&#x2019; ein&#x2019; ungezehlte Menge</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;chwollner Segel mancher Art,</l><lb/>
              <l>Als pflu&#x0364;gten &#x017F;ie das Feld der Fluthen hin und her,</l><lb/>
              <l>Bald in die Qwer,</l><lb/>
              <l>Bald in die La&#x0364;nge,</l><lb/>
              <l>Mit halber theils, und theils mit gantzer Fahrt,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0220] Die Schiff-Fahrt. Mit der beſchaͤumten Fluthen laͤrmen Jhr ſchnaubendes Getoͤſe miſche. Wo auf der Welt ein Stand, der uns, auf GOTT zu dencken. Und Seel’ und Sinn auf Seine Huld zu lencken, Mit Recht bewegen ſollt, ſo iſt es dieſer wol, Da zwiſchen Tod und Leben Nur wenig Zoll Uns eine Scheide-Wand ſo gar zerbrechlich, geben. Jndem ich alſo lag und dachte, Schlieff ich gelaſſen ein. Und wie ich fruͤh erwachte, Und meinem GOTT gedanckt fuͤr Seinen Schirm und Schutz, Macht’ ich mir, was ich ſah’, aufs neu zu Nutz. Jch ſahe denn darauf die weite Waſſer-Welt, Als wie ein blau unabzuſehend Feld, Mit deſſen weit entlegnen Grentzen Der Himmel ſelbſt, dem Schein nach, ſich verband. Jch ſah dies rege blau vom hellen Sonnen-Licht, Das ſich mit ſchnellem Blitz an hohlen Wolcken bricht, An manchem Ort, wie flieſſend Silber, glaͤntzen. Jch ſah’ auf dieſer Flaͤch’ ein’ ungezehlte Menge Geſchwollner Segel mancher Art, Als pfluͤgten ſie das Feld der Fluthen hin und her, Bald in die Qwer, Bald in die Laͤnge, Mit halber theils, und theils mit gantzer Fahrt, Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/220
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/220>, abgerufen am 21.11.2024.