Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite


Der bunten Wiesen Schein macht sie zur schönsten Wiese,
Wo Bluhmen, Kraut und Laub, doch ohne Leib, zu sehn.
Dort ist sie Pison gleich, sie führt der Sonnen Gold;
Doch lässt sie auch der Mond sein reines Silber führen,
Und Gihons Onyx weicht des Firmaments Sapphiren,
Da schiffst Du voller Lust, der deren Geber hold.
Jm Hafen steigst Du aus, Dein Wagen führt Dich weg,
Die Fahrt zum Garten hin erheischet Pferd' und Wagen,
Und Du kannst so die Last der Freude kaum ertragen,
Um diese fuhrst Du aus, nun hast Du Deinen Zweck.
Du gehst ins Garten-Haus, Dein frommes Eh'-Gemahl
Kann, mit gerührter Brust, aus Deinen Augen lesen,
Daß, weil sie aufgeklärt, die Fahrt erfreut gewesen,
Du theilst mit ihr die Lust, iedoch nicht auf einmahl.
Du must zuerst mit ihr des Himmels Schönheit sehn,
Ein allgemeines rein und helles dämmrichts scheinen,
dd) pag. 65-67.

(Weil schwache Schatten sich mit schwachem Licht vereinen)
Will über Fluth und Land, voll Lust und Kühlung gehn.
Ein Graben lockt Dich an mit seiner klaren Fluth,
Den Spiegel anzusehn; Du kömmst, Du gehst spatzieren,
Und weil die Fluthen sich mit grünen Weiden zieren,
So siehst Du, wie der Schein auf buntem Wasser ruht.
Sein Naß füllt Deine Spur, ein Monden-Bild das Naß,
Wie stutzst Du, einen Mond im grünen Rand zu sehen,
Und bald den wahren Mond ob Deinem Haupte stehen,
Du schaust, und wechselst Lust mit Lob ohn Unterlaß.
Die Jnbrunst preiset GOtt, die Andacht wünscht dabey:
Es mögte diese Lust stets ungestöhret währen;
So aber must Du fort. Du gehst, Du must sie stöhren.
Die Freude macht Dich nicht von edlen Sorgen frey.
Denn
b 5


Der bunten Wieſen Schein macht ſie zur ſchoͤnſten Wieſe,
Wo Bluhmen, Kraut und Laub, doch ohne Leib, zu ſehn.
Dort iſt ſie Piſon gleich, ſie fuͤhrt der Sonnen Gold;
Doch laͤſſt ſie auch der Mond ſein reines Silber fuͤhren,
Und Gihons Onyx weicht des Firmaments Sapphiren,
Da ſchiffſt Du voller Luſt, der deren Geber hold.
Jm Hafen ſteigſt Du aus, Dein Wagen fuͤhrt Dich weg,
Die Fahrt zum Garten hin erheiſchet Pferd’ und Wagen,
Und Du kannſt ſo die Laſt der Freude kaum ertragen,
Um dieſe fuhrſt Du aus, nun haſt Du Deinen Zweck.
Du gehſt ins Garten-Haus, Dein frommes Eh’-Gemahl
Kann, mit geruͤhrter Bruſt, aus Deinen Augen leſen,
Daß, weil ſie aufgeklaͤrt, die Fahrt erfreut geweſen,
Du theilſt mit ihr die Luſt, iedoch nicht auf einmahl.
Du muſt zuerſt mit ihr des Himmels Schoͤnheit ſehn,
Ein allgemeines rein und helles daͤmmrichts ſcheinen,
dd) pag. 65-67.

(Weil ſchwache Schatten ſich mit ſchwachem Licht vereinen)
Will uͤber Fluth und Land, voll Luſt und Kuͤhlung gehn.
Ein Graben lockt Dich an mit ſeiner klaren Fluth,
Den Spiegel anzuſehn; Du koͤmmſt, Du gehſt ſpatzieren,
Und weil die Fluthen ſich mit gruͤnen Weiden zieren,
So ſiehſt Du, wie der Schein auf buntem Waſſer ruht.
Sein Naß fuͤllt Deine Spur, ein Monden-Bild das Naß,
Wie ſtutzſt Du, einen Mond im gruͤnen Rand zu ſehen,
Und bald den wahren Mond ob Deinem Haupte ſtehen,
Du ſchauſt, und wechſelſt Luſt mit Lob ohn Unterlaß.
Die Jnbrunſt preiſet GOtt, die Andacht wuͤnſcht dabey:
Es moͤgte dieſe Luſt ſtets ungeſtoͤhret waͤhren;
So aber muſt Du fort. Du gehſt, Du muſt ſie ſtoͤhren.
Die Freude macht Dich nicht von edlen Sorgen frey.
Denn
b 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0025"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <l>Der bunten Wie&#x017F;en Schein macht &#x017F;ie zur &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Wie&#x017F;e,</l><lb/>
          <l>Wo Bluhmen, Kraut und Laub, doch ohne Leib, zu &#x017F;ehn.</l><lb/>
          <l>Dort i&#x017F;t &#x017F;ie Pi&#x017F;on gleich, &#x017F;ie fu&#x0364;hrt der Sonnen Gold;</l><lb/>
          <l>Doch la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t &#x017F;ie auch der Mond &#x017F;ein reines Silber fu&#x0364;hren,</l><lb/>
          <l>Und Gihons Onyx weicht des Firmaments Sapphiren,</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;chiff&#x017F;t Du voller Lu&#x017F;t, der deren Geber hold.</l><lb/>
          <l>Jm Hafen &#x017F;teig&#x017F;t Du aus, Dein Wagen fu&#x0364;hrt Dich weg,</l><lb/>
          <l>Die Fahrt zum Garten hin erhei&#x017F;chet Pferd&#x2019; und Wagen,</l><lb/>
          <l>Und Du kann&#x017F;t &#x017F;o die La&#x017F;t der Freude kaum ertragen,</l><lb/>
          <l>Um die&#x017F;e fuhr&#x017F;t Du aus, nun ha&#x017F;t Du Deinen Zweck.</l><lb/>
          <l>Du geh&#x017F;t ins Garten-Haus, Dein frommes Eh&#x2019;-Gemahl</l><lb/>
          <l>Kann, mit geru&#x0364;hrter Bru&#x017F;t, aus Deinen Augen le&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Daß, weil &#x017F;ie aufgekla&#x0364;rt, die Fahrt erfreut gewe&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Du theil&#x017F;t mit ihr die Lu&#x017F;t, iedoch nicht auf einmahl.</l><lb/>
          <l>Du mu&#x017F;t zuer&#x017F;t mit ihr des Himmels Scho&#x0364;nheit &#x017F;ehn,</l><lb/>
          <l>Ein allgemeines rein und helles da&#x0364;mmrichts &#x017F;cheinen, <note place="end" n="dd)"><hi rendition="#aq">pag.</hi> 65-67.</note></l><lb/>
          <l>(Weil &#x017F;chwache Schatten &#x017F;ich mit &#x017F;chwachem Licht vereinen)</l><lb/>
          <l>Will u&#x0364;ber Fluth und Land, voll Lu&#x017F;t und Ku&#x0364;hlung gehn.</l><lb/>
          <l>Ein Graben lockt Dich an mit &#x017F;einer klaren Fluth,</l><lb/>
          <l>Den Spiegel anzu&#x017F;ehn; Du ko&#x0364;mm&#x017F;t, Du geh&#x017F;t &#x017F;patzieren,</l><lb/>
          <l>Und weil die Fluthen &#x017F;ich mit gru&#x0364;nen Weiden zieren,</l><lb/>
          <l>So &#x017F;ieh&#x017F;t Du, wie der Schein auf buntem Wa&#x017F;&#x017F;er ruht.</l><lb/>
          <l>Sein Naß fu&#x0364;llt Deine Spur, ein Monden-Bild das Naß,</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;tutz&#x017F;t Du, einen Mond im gru&#x0364;nen Rand zu &#x017F;ehen,</l><lb/>
          <l>Und bald den wahren Mond ob Deinem Haupte &#x017F;tehen,</l><lb/>
          <l>Du &#x017F;chau&#x017F;t, und wech&#x017F;el&#x017F;t Lu&#x017F;t mit Lob ohn Unterlaß.</l><lb/>
          <l>Die Jnbrun&#x017F;t prei&#x017F;et GOtt, die Andacht wu&#x0364;n&#x017F;cht dabey:</l><lb/>
          <l>Es mo&#x0364;gte die&#x017F;e Lu&#x017F;t &#x017F;tets unge&#x017F;to&#x0364;hret wa&#x0364;hren;</l><lb/>
          <l>So aber mu&#x017F;t Du fort. Du geh&#x017F;t, Du mu&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;to&#x0364;hren.</l><lb/>
          <l>Die Freude macht Dich nicht von edlen Sorgen frey.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">b 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0025] Der bunten Wieſen Schein macht ſie zur ſchoͤnſten Wieſe, Wo Bluhmen, Kraut und Laub, doch ohne Leib, zu ſehn. Dort iſt ſie Piſon gleich, ſie fuͤhrt der Sonnen Gold; Doch laͤſſt ſie auch der Mond ſein reines Silber fuͤhren, Und Gihons Onyx weicht des Firmaments Sapphiren, Da ſchiffſt Du voller Luſt, der deren Geber hold. Jm Hafen ſteigſt Du aus, Dein Wagen fuͤhrt Dich weg, Die Fahrt zum Garten hin erheiſchet Pferd’ und Wagen, Und Du kannſt ſo die Laſt der Freude kaum ertragen, Um dieſe fuhrſt Du aus, nun haſt Du Deinen Zweck. Du gehſt ins Garten-Haus, Dein frommes Eh’-Gemahl Kann, mit geruͤhrter Bruſt, aus Deinen Augen leſen, Daß, weil ſie aufgeklaͤrt, die Fahrt erfreut geweſen, Du theilſt mit ihr die Luſt, iedoch nicht auf einmahl. Du muſt zuerſt mit ihr des Himmels Schoͤnheit ſehn, Ein allgemeines rein und helles daͤmmrichts ſcheinen, dd⁾ pag. 65-67. (Weil ſchwache Schatten ſich mit ſchwachem Licht vereinen) Will uͤber Fluth und Land, voll Luſt und Kuͤhlung gehn. Ein Graben lockt Dich an mit ſeiner klaren Fluth, Den Spiegel anzuſehn; Du koͤmmſt, Du gehſt ſpatzieren, Und weil die Fluthen ſich mit gruͤnen Weiden zieren, So ſiehſt Du, wie der Schein auf buntem Waſſer ruht. Sein Naß fuͤllt Deine Spur, ein Monden-Bild das Naß, Wie ſtutzſt Du, einen Mond im gruͤnen Rand zu ſehen, Und bald den wahren Mond ob Deinem Haupte ſtehen, Du ſchauſt, und wechſelſt Luſt mit Lob ohn Unterlaß. Die Jnbrunſt preiſet GOtt, die Andacht wuͤnſcht dabey: Es moͤgte dieſe Luſt ſtets ungeſtoͤhret waͤhren; So aber muſt Du fort. Du gehſt, Du muſt ſie ſtoͤhren. Die Freude macht Dich nicht von edlen Sorgen frey. Denn b 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/25
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/25>, abgerufen am 23.11.2024.