Warüm willt du in Seinen Wercken Nicht Seine Liebe, Macht und Weisheit mercken? Und warüm betest du Den, welcher alles kann, Den, welcher alles wirckt, Den, welcher alles liebet, Den, welcher allen alles giebet, Jn heiliger Bewunderung nicht an? Erinnre dich, wie schön, Vom Mißbrauch GOTT zu lieben, Wie wir schon einst gezeigt, so gar ein Türck geschrieben: Jch sahe, schreibet er, jüngst auf der Gassen wandern Ein grosses Frauen-Mensch, die in der rechten Hand Ein brennend Feuer trug, und Wasser in der andern. Gefragt: Zu welchem Zweck? Sprach sie: der Höllen Brand Lösch ich mit dieser Fluth: Und mit des Feuers Gluht Will ich das Paradis verbrennen und verheeren, Daß keiner GOTT aus Furcht, noch üm Belohnung eh- ren; Nein, bloß üm Seiner selbst allein Jhn lieben mag, und Jhm ergeben seyn.
Du sprichst vielleicht, daß ich mit Unrecht hier Der Eigen-Liebe Trieb verdamme; Da, aus der nützlichen Begier, Uns zu erhalten, dir und mir Doch so viel nützliches und gutes stamme;
Ja
Jrrthum der Eigen-Liebe.
Waruͤm willt du in Seinen Wercken Nicht Seine Liebe, Macht und Weisheit mercken? Und waruͤm beteſt du Den, welcher alles kann, Den, welcher alles wirckt, Den, welcher alles liebet, Den, welcher allen alles giebet, Jn heiliger Bewunderung nicht an? Erinnre dich, wie ſchoͤn, Vom Mißbrauch GOTT zu lieben, Wie wir ſchon einſt gezeigt, ſo gar ein Tuͤrck geſchrieben: Jch ſahe, ſchreibet er, juͤngſt auf der Gaſſen wandern Ein groſſes Frauen-Menſch, die in der rechten Hand Ein brennend Feuer trug, und Waſſer in der andern. Gefragt: Zu welchem Zweck? Sprach ſie: der Hoͤllen Brand Loͤſch ich mit dieſer Fluth: Und mit des Feuers Gluht Will ich das Paradis verbrennen und verheeren, Daß keiner GOTT aus Furcht, noch uͤm Belohnung eh- ren; Nein, bloß uͤm Seiner ſelbſt allein Jhn lieben mag, und Jhm ergeben ſeyn.
Du ſprichſt vielleicht, daß ich mit Unrecht hier Der Eigen-Liebe Trieb verdamme; Da, aus der nuͤtzlichen Begier, Uns zu erhalten, dir und mir Doch ſo viel nuͤtzliches und gutes ſtamme;
Ja
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Jrrthum der Eigen-Liebe.
Waruͤm willt du in Seinen Wercken
Nicht Seine Liebe, Macht und Weisheit mercken?
Und waruͤm beteſt du Den, welcher alles kann,
Den, welcher alles wirckt, Den, welcher alles liebet,
Den, welcher allen alles giebet,
Jn heiliger Bewunderung nicht an?
Erinnre dich, wie ſchoͤn,
Vom Mißbrauch GOTT zu lieben,
Wie wir ſchon einſt gezeigt, ſo gar ein Tuͤrck geſchrieben:
Jch ſahe, ſchreibet er, juͤngſt auf der Gaſſen wandern
Ein groſſes Frauen-Menſch, die in der rechten Hand
Ein brennend Feuer trug, und Waſſer in der andern.
Gefragt: Zu welchem Zweck? Sprach ſie: der Hoͤllen
Brand
Loͤſch ich mit dieſer Fluth:
Und mit des Feuers Gluht
Will ich das Paradis verbrennen und verheeren,
Daß keiner GOTT aus Furcht, noch uͤm Belohnung eh-
ren;
Nein, bloß uͤm Seiner ſelbſt allein
Jhn lieben mag, und Jhm ergeben ſeyn.
Du ſprichſt vielleicht, daß ich mit Unrecht hier
Der Eigen-Liebe Trieb verdamme;
Da, aus der nuͤtzlichen Begier,
Uns zu erhalten, dir und mir
Doch ſo viel nuͤtzliches und gutes ſtamme;
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/292>, abgerufen am 31.10.2024.
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