Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Die Mahlerey. Die Mahlerey. Wenn ich recht die Tieffe, Höhe, Die Natur der Mahlerey, Und wie groß ihr Umkreis sey, Mit der Seelen Augen sehe; Stutz' ich: denn ein helles Licht Strahlet mir in mein Gesicht. Selbst von unsrer Seelen-Wesen, Deucht mich in ihr was zu lesen, Welches man Sonst nicht leicht erblicken kann. Wann, mit etwas schwartzer Kreide, Mieris, deine Kunst die Welt, Was sie schönes in sich hält, Uns so klar vor Augen stellt, Und, aus nichts fast, etwas ziehet, So, daß man, nicht sonder Freude, Jn der Pracht der Creatur, Von dem Schöpfer selbst die Spur Jn den klugen Zügen siehet; Deucht mich, daß die Mahlerey Fast ein Bild der Schöpfung sey; Da du aus der schwartzen Erden Thier' und Pflantzen lässest werden. Ach! rieff ich, von Andacht heiß: Da wir in der Menschen Seelen Solche Wunder-Kräfft' entdecken, Die man nicht vermag zu zehlen; Wie so gar unendlich weit Müssen sich, voll Herrlichkeit, Unsers Schöpfers Kräfft' |erstrecken! Der
Die Mahlerey. Die Mahlerey. Wenn ich recht die Tieffe, Hoͤhe, Die Natur der Mahlerey, Und wie groß ihr Umkreis ſey, Mit der Seelen Augen ſehe; Stutz’ ich: denn ein helles Licht Strahlet mir in mein Geſicht. Selbſt von unſrer Seelen-Weſen, Deucht mich in ihr was zu leſen, Welches man Sonſt nicht leicht erblicken kann. Wann, mit etwas ſchwartzer Kreide, Mieris, deine Kunſt die Welt, Was ſie ſchoͤnes in ſich haͤlt, Uns ſo klar vor Augen ſtellt, Und, aus nichts faſt, etwas ziehet, So, daß man, nicht ſonder Freude, Jn der Pracht der Creatur, Von dem Schoͤpfer ſelbſt die Spur Jn den klugen Zuͤgen ſiehet; Deucht mich, daß die Mahlerey Faſt ein Bild der Schoͤpfung ſey; Da du aus der ſchwartzen Erden Thier’ und Pflantzen laͤſſeſt werden. Ach! rieff ich, von Andacht heiß: Da wir in der Menſchen Seelen Solche Wunder-Kraͤfft’ entdecken, Die man nicht vermag zu zehlen; Wie ſo gar unendlich weit Muͤſſen ſich, voll Herrlichkeit, Unſers Schoͤpfers Kraͤfft’ |erſtrecken! Der
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Die Mahlerey.
Die Mahlerey.
Wenn ich recht die Tieffe, Hoͤhe,
Die Natur der Mahlerey,
Und wie groß ihr Umkreis ſey,
Mit der Seelen Augen ſehe;
Stutz’ ich: denn ein helles Licht
Strahlet mir in mein Geſicht.
Selbſt von unſrer Seelen-Weſen,
Deucht mich in ihr was zu leſen,
Welches man
Sonſt nicht leicht erblicken kann.
Wann, mit etwas ſchwartzer Kreide,
Mieris, deine Kunſt die Welt,
Was ſie ſchoͤnes in ſich haͤlt,
Uns ſo klar vor Augen ſtellt,
Und, aus nichts faſt, etwas ziehet,
So, daß man, nicht ſonder Freude,
Jn der Pracht der Creatur,
Von dem Schoͤpfer ſelbſt die Spur
Jn den klugen Zuͤgen ſiehet;
Deucht mich, daß die Mahlerey
Faſt ein Bild der Schoͤpfung ſey;
Da du aus der ſchwartzen Erden
Thier’ und Pflantzen laͤſſeſt werden.
Ach! rieff ich, von Andacht heiß:
Da wir in der Menſchen Seelen
Solche Wunder-Kraͤfft’ entdecken,
Die man nicht vermag zu zehlen;
Wie ſo gar unendlich weit
Muͤſſen ſich, voll Herrlichkeit,
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