Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.
Jch setzte mich darauf gleich bey den Bluhmen nieder Besah, bewunderte, mit inniglicher Freude, Und macht' ihr von Natur so nett erricht't Gebäude Zum Zweck und Vorwurff meiner Lieder. Was soll ich doch zuerst für eine Zier, O schönste Tuberos', an dir Bewundern, rühmen und beschreiben? Die Farbe, der Geruch, das gläntzen, die Figur Die wollen mich zugleich zu deinem Lobe treiben. Denn alles, was an dir der Finger der Natur Gebildet, ist bewunderns wehrt. Dein schönes Kraut, das aus der Zwiebel bricht, Und welches sie mit ihren Säfften nährt, Vergnüget ein drauf achtendes Gesicht Durch sein so lieblich grün. Der Stiel, der aus der Mitten Jn schlancker Läng' und Ründe steiget, Und sich, als wär' er recht mit Fleiß und Kunst geschnitten, Jn gelblich grünem Glantze zeiget, Gebiehrt und bringet wunderbar Die schönen Kinder Paar bey Paar, Als Zwillinge hervor; die, eh' sie offen gehn, Jn einer lieblichen und süssen Röthe stehn. Kaum aber öffnen sie die Spitzen, Erblickt man ein so weisses blitzen, Das
Jch ſetzte mich darauf gleich bey den Bluhmen nieder Beſah, bewunderte, mit inniglicher Freude, Und macht’ ihr von Natur ſo nett erricht’t Gebaͤude Zum Zweck und Vorwurff meiner Lieder. Was ſoll ich doch zuerſt fuͤr eine Zier, O ſchoͤnſte Tuberoſ’, an dir Bewundern, ruͤhmen und beſchreiben? Die Farbe, der Geruch, das glaͤntzen, die Figur Die wollen mich zugleich zu deinem Lobe treiben. Denn alles, was an dir der Finger der Natur Gebildet, iſt bewunderns wehrt. Dein ſchoͤnes Kraut, das aus der Zwiebel bricht, Und welches ſie mit ihren Saͤfften naͤhrt, Vergnuͤget ein drauf achtendes Geſicht Durch ſein ſo lieblich gruͤn. Der Stiel, der aus der Mitten Jn ſchlancker Laͤng’ und Ruͤnde ſteiget, Und ſich, als waͤr’ er recht mit Fleiß und Kunſt geſchnitten, Jn gelblich gruͤnem Glantze zeiget, Gebiehrt und bringet wunderbar Die ſchoͤnen Kinder Paar bey Paar, Als Zwillinge hervor; die, eh’ ſie offen gehn, Jn einer lieblichen und ſuͤſſen Roͤthe ſtehn. Kaum aber oͤffnen ſie die Spitzen, Erblickt man ein ſo weiſſes blitzen, Das
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Die Tuberoſe.
„Der mich und dich, und alle Welt gemacht.
„Laß auch, durch mich, ſo dein als andre Geiſter,
„Zu aller Creaturen Meiſter,
„Zum Schoͤpfer Himmels und der Erden,
„Jn Luſt, Bewunderung und Danck geleitet werden.
Jch ſetzte mich darauf gleich bey den Bluhmen nieder
Beſah, bewunderte, mit inniglicher Freude,
Und macht’ ihr von Natur ſo nett erricht’t Gebaͤude
Zum Zweck und Vorwurff meiner Lieder.
Was ſoll ich doch zuerſt fuͤr eine Zier,
O ſchoͤnſte Tuberoſ’, an dir
Bewundern, ruͤhmen und beſchreiben?
Die Farbe, der Geruch, das glaͤntzen, die Figur
Die wollen mich zugleich zu deinem Lobe treiben.
Denn alles, was an dir der Finger der Natur
Gebildet, iſt bewunderns wehrt.
Dein ſchoͤnes Kraut, das aus der Zwiebel bricht,
Und welches ſie mit ihren Saͤfften naͤhrt,
Vergnuͤget ein drauf achtendes Geſicht
Durch ſein ſo lieblich gruͤn. Der Stiel, der aus der Mitten
Jn ſchlancker Laͤng’ und Ruͤnde ſteiget,
Und ſich, als waͤr’ er recht mit Fleiß und Kunſt geſchnitten,
Jn gelblich gruͤnem Glantze zeiget,
Gebiehrt und bringet wunderbar
Die ſchoͤnen Kinder Paar bey Paar,
Als Zwillinge hervor; die, eh’ ſie offen gehn,
Jn einer lieblichen und ſuͤſſen Roͤthe ſtehn.
Kaum aber oͤffnen ſie die Spitzen,
Erblickt man ein ſo weiſſes blitzen,
Das
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