Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.
Oder aber, man muß glauben, daß, was einst von Jhm gemacht, Sey so viel auch noch wol wehrt, daß, in Göttlicher Jdee, Es auch gegenwärtig bleibe; folglich völlig nicht vergehe. Welches nun von diesen beyden am wahrscheinlichsten gedacht, Laß ich dir, mein Leser, über: weil, üm etwas fest zu setzen, Man sich müste weiser düncken, und untrieglicher sich schä- tzen, Als ich von mir selber halte. Denn es scheint, in diesem Leben Sey uns von den Wissenschaften nur ein mässigs Maaß gegeben: Und wer dieses wol bedenckt, sollt' üm eigene Gedancken, Als wenn sie unfehlbar wären, sich mit niemand hundisch zancken, Der sowol ein Mensch, als er. Also stell' ich es dahin, Wie die Sache zu begreiffen; was der grosse GOTT hierin Woll', als welchem alles möglich. Jch aufs wenigste ge- stehe, Daß ich, in dem letzten, mehr, was der Gottheit würdig, sehe, Weil ja sonsten folgen müste, wenn wir es genau ermessen, Daß die Gottheit selber etwas könn', auf Menschen Art vergessen. Sage F f 2
Oder aber, man muß glauben, daß, was einſt von Jhm gemacht, Sey ſo viel auch noch wol wehrt, daß, in Goͤttlicher Jdee, Es auch gegenwaͤrtig bleibe; folglich voͤllig nicht vergehe. Welches nun von dieſen beyden am wahrſcheinlichſten gedacht, Laß ich dir, mein Leſer, uͤber: weil, uͤm etwas feſt zu ſetzen, Man ſich muͤſte weiſer duͤncken, und untrieglicher ſich ſchaͤ- tzen, Als ich von mir ſelber halte. Denn es ſcheint, in dieſem Leben Sey uns von den Wiſſenſchaften nur ein maͤſſigs Maaß gegeben: Und wer dieſes wol bedenckt, ſollt’ uͤm eigene Gedancken, Als wenn ſie unfehlbar waͤren, ſich mit niemand hundiſch zancken, Der ſowol ein Menſch, als er. Alſo ſtell’ ich es dahin, Wie die Sache zu begreiffen; was der groſſe GOTT hierin Woll’, als welchem alles moͤglich. Jch aufs wenigſte ge- ſtehe, Daß ich, in dem letzten, mehr, was der Gottheit wuͤrdig, ſehe, Weil ja ſonſten folgen muͤſte, wenn wir es genau ermeſſen, Daß die Gottheit ſelber etwas koͤnn’, auf Menſchen Art vergeſſen. Sage F f 2
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bey dem 1729. Jahres-Wechſel, ꝛc.
Was im geiſtlichen ſowol, als im weltlichen, geſchah,
Jſt entweder ſo veraͤchtlich, niedrig, eitel und geringe,
Daß es nicht der Muͤhe wehrt, daß GOtt ie dar an gedaͤchte;
Folglich glaubte man mit Rechte,
Daß ein Ding, wann es vorbey, auch ſo gar fuͤr GOTT
verginge.
Oder aber, man muß glauben, daß, was einſt von Jhm
gemacht,
Sey ſo viel auch noch wol wehrt, daß, in Goͤttlicher Jdee,
Es auch gegenwaͤrtig bleibe; folglich voͤllig nicht vergehe.
Welches nun von dieſen beyden am wahrſcheinlichſten
gedacht,
Laß ich dir, mein Leſer, uͤber: weil, uͤm etwas feſt zu ſetzen,
Man ſich muͤſte weiſer duͤncken, und untrieglicher ſich ſchaͤ-
tzen,
Als ich von mir ſelber halte. Denn es ſcheint, in dieſem
Leben
Sey uns von den Wiſſenſchaften nur ein maͤſſigs Maaß
gegeben:
Und wer dieſes wol bedenckt, ſollt’ uͤm eigene Gedancken,
Als wenn ſie unfehlbar waͤren, ſich mit niemand hundiſch
zancken,
Der ſowol ein Menſch, als er. Alſo ſtell’ ich es dahin,
Wie die Sache zu begreiffen; was der groſſe GOTT
hierin
Woll’, als welchem alles moͤglich. Jch aufs wenigſte ge-
ſtehe,
Daß ich, in dem letzten, mehr, was der Gottheit wuͤrdig,
ſehe,
Weil ja ſonſten folgen muͤſte, wenn wir es genau ermeſſen,
Daß die Gottheit ſelber etwas koͤnn’, auf Menſchen Art
vergeſſen.
Sage
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