Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Primulae veris. Und wünsch' ich, da ich dieses schreibe,Daß diese Bluhm' auch meiner kleinen Heerde Ein unverwelcklich Vorbild werde, Und stets ihr Lehr- und Sinn-Bild bleibe. Allein, was lassen dort Mir deine Schwersterchen für neue Wunder sehn? Wie angenehm gefärbt, wie lieblich und wie schön Sind die Aurikeln nicht! Unglaublich ists, wie die Natur in ihnen So mannigfalt die Farben mischt und bricht. Sie tempert bald aus gelb-aus rothem und aus grünen, Die sanfte Colorit. Bald lässt sie, grün und braun, Bald Purpur, Jsabell, bald röthlich, und bald grau, Bald gelb und grün, bald grün und gelb, bald blau, Mit dunckel-roth gebrochen, schaun. Bald schmückt die Mitte, bald die Ecken, Ein güldener, und bald ein Kreis, Der mehr als Silber-weiß. Man sieht (was sonderlich) meist einen weissen Staub Die Blumen, ja den Stengel, und das Laub, Mit mancherley Figuren dufftig decken. Ach! laß dich doch, geliebter Mensch, erwecken! Beschau zu dieser Zeit im Garten, Wie, in fast ungezehlten Arten, Sich der Aurikeln Heer, dich zu erfreun, bemüht. Betrachte, nebst der Farben Lieblichkeit, Auch ihrer Bildung Unterscheid, Da, wann verschiedene nur klein; Dort andre fast so groß, als wie ein Thaler, seyn. Noch andre, sonderlich die gelben, zeigen Der Blätter Pracht gedoppelt, und es steigen Aus
Primulae veris. Und wuͤnſch’ ich, da ich dieſes ſchreibe,Daß dieſe Bluhm’ auch meiner kleinen Heerde Ein unverwelcklich Vorbild werde, Und ſtets ihr Lehr- und Sinn-Bild bleibe. Allein, was laſſen dort Mir deine Schwerſterchen fuͤr neue Wunder ſehn? Wie angenehm gefaͤrbt, wie lieblich und wie ſchoͤn Sind die Aurikeln nicht! Unglaublich iſts, wie die Natur in ihnen So mannigfalt die Farben miſcht und bricht. Sie tempert bald aus gelb-aus rothem und aus gruͤnen, Die ſanfte Colorit. Bald laͤſſt ſie, gruͤn und braun, Bald Purpur, Jſabell, bald roͤthlich, und bald grau, Bald gelb und gruͤn, bald gruͤn und gelb, bald blau, Mit dunckel-roth gebrochen, ſchaun. Bald ſchmuͤckt die Mitte, bald die Ecken, Ein guͤldener, und bald ein Kreis, Der mehr als Silber-weiß. Man ſieht (was ſonderlich) meiſt einen weiſſen Staub Die Blumen, ja den Stengel, und das Laub, Mit mancherley Figuren dufftig decken. Ach! laß dich doch, geliebter Menſch, erwecken! Beſchau zu dieſer Zeit im Garten, Wie, in faſt ungezehlten Arten, Sich der Aurikeln Heer, dich zu erfreun, bemuͤht. Betrachte, nebſt der Farben Lieblichkeit, Auch ihrer Bildung Unterſcheid, Da, wann verſchiedene nur klein; Dort andre faſt ſo groß, als wie ein Thaler, ſeyn. Noch andre, ſonderlich die gelben, zeigen Der Blaͤtter Pracht gedoppelt, und es ſteigen Aus
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Primulae veris.
Und wuͤnſch’ ich, da ich dieſes ſchreibe,
Daß dieſe Bluhm’ auch meiner kleinen Heerde
Ein unverwelcklich Vorbild werde,
Und ſtets ihr Lehr- und Sinn-Bild bleibe.
Allein, was laſſen dort
Mir deine Schwerſterchen fuͤr neue Wunder ſehn?
Wie angenehm gefaͤrbt, wie lieblich und wie ſchoͤn
Sind die Aurikeln nicht!
Unglaublich iſts, wie die Natur in ihnen
So mannigfalt die Farben miſcht und bricht.
Sie tempert bald aus gelb-aus rothem und aus gruͤnen,
Die ſanfte Colorit. Bald laͤſſt ſie, gruͤn und braun,
Bald Purpur, Jſabell, bald roͤthlich, und bald grau,
Bald gelb und gruͤn, bald gruͤn und gelb, bald blau,
Mit dunckel-roth gebrochen, ſchaun.
Bald ſchmuͤckt die Mitte, bald die Ecken,
Ein guͤldener, und bald ein Kreis,
Der mehr als Silber-weiß.
Man ſieht (was ſonderlich) meiſt einen weiſſen Staub
Die Blumen, ja den Stengel, und das Laub,
Mit mancherley Figuren dufftig decken.
Ach! laß dich doch, geliebter Menſch, erwecken!
Beſchau zu dieſer Zeit im Garten,
Wie, in faſt ungezehlten Arten,
Sich der Aurikeln Heer, dich zu erfreun, bemuͤht.
Betrachte, nebſt der Farben Lieblichkeit,
Auch ihrer Bildung Unterſcheid,
Da, wann verſchiedene nur klein;
Dort andre faſt ſo groß, als wie ein Thaler, ſeyn.
Noch andre, ſonderlich die gelben, zeigen
Der Blaͤtter Pracht gedoppelt, und es ſteigen
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