Dein Wort erhält die Welt, und, mit der Frucht der Aeren, Weiß uns im Ueberfluß dein Seegen zu ernähren. Mein GOtt! zu Ehren deinem Nahmen, Bet' ich absonderlich in des Getraides Saamen Die Wirckung deiner Allmacht an1
O du Geheimniß-volles Wesen, Du scheinst vom Schöpfer selbst erlesen Zum Wunder-Werck für jedermann! Wohin sich auch mein Sinnen lencket, Wie tief sich meine Seele sencket, Je mehr sie hin und wieder dencket, Was doch der Saamen eigentlich; Je mehr, je mehr, verlier' ich mich. Ein geistig Feuer, das dich füllet, Jst wunderbar in dir verhüllet, Unsichtbar ist die rege Gluth, Die eingeschlossen gleichsam ruht, Die aber augenblicklich zündet, So bald sie einen Zunder findet.
Wie wir ein mannigfalt'ges Brennen, Jn abgezognen Wassern kennen, Das starck und doch nicht sichtbar ist, So stellet ungefehr sich mir Die Kraft, die ich im Saamen spühr, Als ein lebendig Feuer für. Wie nun ein Füncklein, noch so klein, Die gantze Welt in Brand kann setzen; So kann von einem Korn allein, Die gantze Welt besaamet seyn.
Wie
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Hirten-Gedicht.
Dein Wort erhaͤlt die Welt, und, mit der Frucht der Aeren, Weiß uns im Ueberfluß dein Seegen zu ernaͤhren. Mein GOtt! zu Ehren deinem Nahmen, Bet’ ich abſonderlich in des Getraides Saamen Die Wirckung deiner Allmacht an1
O du Geheimniß-volles Weſen, Du ſcheinſt vom Schoͤpfer ſelbſt erleſen Zum Wunder-Werck fuͤr jedermann! Wohin ſich auch mein Sinnen lencket, Wie tief ſich meine Seele ſencket, Je mehr ſie hin und wieder dencket, Was doch der Saamen eigentlich; Je mehr, je mehr, verlier’ ich mich. Ein geiſtig Feuer, das dich fuͤllet, Jſt wunderbar in dir verhuͤllet, Unſichtbar iſt die rege Gluth, Die eingeſchloſſen gleichſam ruht, Die aber augenblicklich zuͤndet, So bald ſie einen Zunder findet.
Wie wir ein mannigfalt’ges Brennen, Jn abgezognen Waſſern kennen, Das ſtarck und doch nicht ſichtbar iſt, So ſtellet ungefehr ſich mir Die Kraft, die ich im Saamen ſpuͤhr, Als ein lebendig Feuer fuͤr. Wie nun ein Fuͤncklein, noch ſo klein, Die gantze Welt in Brand kann ſetzen; So kann von einem Korn allein, Die gantze Welt beſaamet ſeyn.
Wie
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Hirten-Gedicht.
Dein Wort erhaͤlt die Welt, und, mit der Frucht der
Aeren,
Weiß uns im Ueberfluß dein Seegen zu ernaͤhren.
Mein GOtt! zu Ehren deinem Nahmen,
Bet’ ich abſonderlich in des Getraides Saamen
Die Wirckung deiner Allmacht an1
O du Geheimniß-volles Weſen,
Du ſcheinſt vom Schoͤpfer ſelbſt erleſen
Zum Wunder-Werck fuͤr jedermann!
Wohin ſich auch mein Sinnen lencket,
Wie tief ſich meine Seele ſencket,
Je mehr ſie hin und wieder dencket,
Was doch der Saamen eigentlich;
Je mehr, je mehr, verlier’ ich mich.
Ein geiſtig Feuer, das dich fuͤllet,
Jſt wunderbar in dir verhuͤllet,
Unſichtbar iſt die rege Gluth,
Die eingeſchloſſen gleichſam ruht,
Die aber augenblicklich zuͤndet,
So bald ſie einen Zunder findet.
Wie wir ein mannigfalt’ges Brennen,
Jn abgezognen Waſſern kennen,
Das ſtarck und doch nicht ſichtbar iſt,
So ſtellet ungefehr ſich mir
Die Kraft, die ich im Saamen ſpuͤhr,
Als ein lebendig Feuer fuͤr.
Wie nun ein Fuͤncklein, noch ſo klein,
Die gantze Welt in Brand kann ſetzen;
So kann von einem Korn allein,
Die gantze Welt beſaamet ſeyn.
Wie
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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