Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Betrachtung über die Schönheit der Blumen. Jndem ich hier vergnügt im Garten gehe, Und bey so mancher Art gefärbter Blumen stehe, Fällt mir, da mein Gemüth von ihrem Glantz und Schein Gantz eingenommen wird, bey ihrem Schimmer ein: Man sieht, durch der Natur Geheimniß-reiche Kraft, Gewachs'nen Atlas hier, und dort gewachs'nen Taft, Gefärbten Damast dort, Sammt, Moor, Brocad, Satin, Nebst silbernen und güldnen Stücken Voll Rancken-Werck, bald roth, bald grün, Bald blau, bald incarnat, des Gartens Fluren schmücken. Bewundre doch, geliebter Mensch, wie glatt, Wie bunt, wie gläntzend jedes Blatt! Erwege doch der schönen Creaturen Bewunderns-wehrte Pracht und zierliche Figuren! Hat jemand auf der Welt gelebet, Der solch ein künstliches Gewebe je gewebet, Jn welchem, ob sie noch so schön Kein Faden, kein Gewirck zu sehn? Erwege doch in ihrer Pracht Die Liebe, Weisheit und die Macht Des Wesens, welches sie aus Nichts hervorgebracht, Nicht nur so wunderschön formirt, Sie so an Farb' als an Figur geziert, Roch mehr, so mancherley Figur in sie gesencket Und uns, zu dem Genuß, des Riechens Kraft geschencket! Auf denn mein Geist! du must von GOttes Wercken Die Pracht auf andre Weis', als wie das Vieh, bemercken! Wir
Betrachtung uͤber die Schoͤnheit der Blumen. Jndem ich hier vergnuͤgt im Garten gehe, Und bey ſo mancher Art gefaͤrbter Blumen ſtehe, Faͤllt mir, da mein Gemuͤth von ihrem Glantz und Schein Gantz eingenommen wird, bey ihrem Schimmer ein: Man ſieht, durch der Natur Geheimniß-reiche Kraft, Gewachſ’nen Atlas hier, und dort gewachſ’nen Taft, Gefaͤrbten Damaſt dort, Sammt, Moor, Brocad, Satin, Nebſt ſilbernen und guͤldnen Stuͤcken Voll Rancken-Werck, bald roth, bald gruͤn, Bald blau, bald incarnat, des Gartens Fluren ſchmuͤcken. Bewundre doch, geliebter Menſch, wie glatt, Wie bunt, wie glaͤntzend jedes Blatt! Erwege doch der ſchoͤnen Creaturen Bewunderns-wehrte Pracht und zierliche Figuren! Hat jemand auf der Welt gelebet, Der ſolch ein kuͤnſtliches Gewebe je gewebet, Jn welchem, ob ſie noch ſo ſchoͤn Kein Faden, kein Gewirck zu ſehn? Erwege doch in ihrer Pracht Die Liebe, Weisheit und die Macht Des Weſens, welches ſie aus Nichts hervorgebracht, Nicht nur ſo wunderſchoͤn formirt, Sie ſo an Farb’ als an Figur geziert, Roch mehr, ſo mancherley Figur in ſie geſencket Und uns, zu dem Genuß, des Riechens Kraft geſchencket! Auf denn mein Geiſt! du muſt von GOttes Wercken Die Pracht auf andre Weiſ’, als wie das Vieh, bemercken! Wir
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Betrachtung uͤber die Schoͤnheit der
Blumen.
Jndem ich hier vergnuͤgt im Garten gehe,
Und bey ſo mancher Art gefaͤrbter Blumen ſtehe,
Faͤllt mir, da mein Gemuͤth von ihrem Glantz und Schein
Gantz eingenommen wird, bey ihrem Schimmer ein:
Man ſieht, durch der Natur Geheimniß-reiche Kraft,
Gewachſ’nen Atlas hier, und dort gewachſ’nen Taft,
Gefaͤrbten Damaſt dort, Sammt, Moor, Brocad, Satin,
Nebſt ſilbernen und guͤldnen Stuͤcken
Voll Rancken-Werck, bald roth, bald gruͤn,
Bald blau, bald incarnat, des Gartens Fluren ſchmuͤcken.
Bewundre doch, geliebter Menſch, wie glatt,
Wie bunt, wie glaͤntzend jedes Blatt!
Erwege doch der ſchoͤnen Creaturen
Bewunderns-wehrte Pracht und zierliche Figuren!
Hat jemand auf der Welt gelebet,
Der ſolch ein kuͤnſtliches Gewebe je gewebet,
Jn welchem, ob ſie noch ſo ſchoͤn
Kein Faden, kein Gewirck zu ſehn?
Erwege doch in ihrer Pracht
Die Liebe, Weisheit und die Macht
Des Weſens, welches ſie aus Nichts hervorgebracht,
Nicht nur ſo wunderſchoͤn formirt,
Sie ſo an Farb’ als an Figur geziert,
Roch mehr, ſo mancherley Figur in ſie geſencket
Und uns, zu dem Genuß, des Riechens Kraft geſchencket!
Auf denn mein Geiſt! du muſt von GOttes Wercken
Die Pracht auf andre Weiſ’, als wie das Vieh, bemercken!
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