Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Roß-Käfer.
So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken,
Nicht einen Blick auf sich, auf GOttes Wercke, lencken;
So scheinen sie ja wol nichts bessers wehrt,
Als daß sie mit den Käfern in der Erden,
Den Bürgern faulen Mists, verglichen werden.
Doch halt, mich deucht, wie sich Chrysander hier erklährt:
Wie kommt es doch, daß dir so Geld als Mist
So scheuslich und verächtlich ist?
Da sich jedoch die gantze Welt
Durch Geld und Mist allein erhält.
Durch Mist wird Fruchtbarkeit im Land' erreget,
Das uns die Kost und Nahrung träget;
Durch Geld wird alles das erhalten,
Was uns erhält, vergnügt und schützt,
Was uns bey Jungen und bey Alten
Gewogenheit erreget, Ansehn giebt,
Wodurch man uns verehrt und liebt:
Jst dieß denn nicht der Mühe wehrt,
Daß man es achtet und begehrt?
Dieß ist zwar wahr, Chrysander, aber höre,
Du hast ja alles dieses nicht.
Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnügen, Lieb' und Ehre,
Nichts ist fast, das dir nicht gebricht.
Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde schaffest;
Es blos allein zusammen raffest,
Um Geld auf Geld zu häuffen; dich vernarrst,
Und blos nur, um zu scharren, scharrst.
Sollt' alle Kraft von deiner Seelen,
Die Absicht, daß du worden bist, allein
Auf Geld zu sammlen und zu zehlen
Bestimmet und genommen seyn?
Jndem
Roß-Kaͤfer.
So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken,
Nicht einen Blick auf ſich, auf GOttes Wercke, lencken;
So ſcheinen ſie ja wol nichts beſſers wehrt,
Als daß ſie mit den Kaͤfern in der Erden,
Den Buͤrgern faulen Miſts, verglichen werden.
Doch halt, mich deucht, wie ſich Chryſander hier erklaͤhrt:
Wie kommt es doch, daß dir ſo Geld als Miſt
So ſcheuslich und veraͤchtlich iſt?
Da ſich jedoch die gantze Welt
Durch Geld und Miſt allein erhaͤlt.
Durch Miſt wird Fruchtbarkeit im Land’ erreget,
Das uns die Koſt und Nahrung traͤget;
Durch Geld wird alles das erhalten,
Was uns erhaͤlt, vergnuͤgt und ſchuͤtzt,
Was uns bey Jungen und bey Alten
Gewogenheit erreget, Anſehn giebt,
Wodurch man uns verehrt und liebt:
Jſt dieß denn nicht der Muͤhe wehrt,
Daß man es achtet und begehrt?
Dieß iſt zwar wahr, Chryſander, aber hoͤre,
Du haſt ja alles dieſes nicht.
Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnuͤgen, Lieb’ und Ehre,
Nichts iſt faſt, das dir nicht gebricht.
Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde ſchaffeſt;
Es blos allein zuſammen raffeſt,
Um Geld auf Geld zu haͤuffen; dich vernarrſt,
Und blos nur, um zu ſcharren, ſcharrſt.
Sollt’ alle Kraft von deiner Seelen,
Die Abſicht, daß du worden biſt, allein
Auf Geld zu ſammlen und zu zehlen
Beſtimmet und genommen ſeyn?
Jndem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0168" n="152"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Roß-Ka&#x0364;fer.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken,</l><lb/>
          <l>Nicht einen Blick auf &#x017F;ich, auf GOttes Wercke, lencken;</l><lb/>
          <l>So &#x017F;cheinen &#x017F;ie ja wol nichts be&#x017F;&#x017F;ers wehrt,</l><lb/>
          <l>Als daß &#x017F;ie mit den Ka&#x0364;fern in der Erden,</l><lb/>
          <l>Den Bu&#x0364;rgern faulen Mi&#x017F;ts, verglichen werden.</l><lb/>
          <l>Doch halt, mich deucht, wie &#x017F;ich Chry&#x017F;ander hier erkla&#x0364;hrt:</l><lb/>
          <l>Wie kommt es doch, daß dir &#x017F;o Geld als Mi&#x017F;t</l><lb/>
          <l>So &#x017F;cheuslich und vera&#x0364;chtlich i&#x017F;t?</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;ich jedoch die gantze Welt</l><lb/>
          <l>Durch Geld und Mi&#x017F;t allein erha&#x0364;lt.</l><lb/>
          <l>Durch Mi&#x017F;t wird Fruchtbarkeit im Land&#x2019; erreget,</l><lb/>
          <l>Das uns die Ko&#x017F;t und Nahrung tra&#x0364;get;</l><lb/>
          <l>Durch Geld wird alles das erhalten,</l><lb/>
          <l>Was uns erha&#x0364;lt, vergnu&#x0364;gt und &#x017F;chu&#x0364;tzt,</l><lb/>
          <l>Was uns bey Jungen und bey Alten</l><lb/>
          <l>Gewogenheit erreget, An&#x017F;ehn giebt,</l><lb/>
          <l>Wodurch man uns verehrt und liebt:</l><lb/>
          <l>J&#x017F;t dieß denn nicht der Mu&#x0364;he wehrt,</l><lb/>
          <l>Daß man es achtet und begehrt?</l><lb/>
          <l>Dieß i&#x017F;t zwar wahr, Chry&#x017F;ander, aber ho&#x0364;re,</l><lb/>
          <l>Du ha&#x017F;t ja alles die&#x017F;es nicht.</l><lb/>
          <l>Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnu&#x0364;gen, Lieb&#x2019; und Ehre,</l><lb/>
          <l>Nichts i&#x017F;t fa&#x017F;t, das dir nicht gebricht.</l><lb/>
          <l>Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde &#x017F;chaffe&#x017F;t;</l><lb/>
          <l>Es blos allein zu&#x017F;ammen raffe&#x017F;t,</l><lb/>
          <l>Um Geld auf Geld zu ha&#x0364;uffen; dich vernarr&#x017F;t,</l><lb/>
          <l>Und blos nur, um zu &#x017F;charren, &#x017F;charr&#x017F;t.</l><lb/>
          <l>Sollt&#x2019; alle Kraft von deiner Seelen,</l><lb/>
          <l>Die Ab&#x017F;icht, daß du worden bi&#x017F;t, allein</l><lb/>
          <l>Auf Geld zu &#x017F;ammlen und zu zehlen</l><lb/>
          <l>Be&#x017F;timmet und genommen &#x017F;eyn?</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Jndem</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0168] Roß-Kaͤfer. So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken, Nicht einen Blick auf ſich, auf GOttes Wercke, lencken; So ſcheinen ſie ja wol nichts beſſers wehrt, Als daß ſie mit den Kaͤfern in der Erden, Den Buͤrgern faulen Miſts, verglichen werden. Doch halt, mich deucht, wie ſich Chryſander hier erklaͤhrt: Wie kommt es doch, daß dir ſo Geld als Miſt So ſcheuslich und veraͤchtlich iſt? Da ſich jedoch die gantze Welt Durch Geld und Miſt allein erhaͤlt. Durch Miſt wird Fruchtbarkeit im Land’ erreget, Das uns die Koſt und Nahrung traͤget; Durch Geld wird alles das erhalten, Was uns erhaͤlt, vergnuͤgt und ſchuͤtzt, Was uns bey Jungen und bey Alten Gewogenheit erreget, Anſehn giebt, Wodurch man uns verehrt und liebt: Jſt dieß denn nicht der Muͤhe wehrt, Daß man es achtet und begehrt? Dieß iſt zwar wahr, Chryſander, aber hoͤre, Du haſt ja alles dieſes nicht. Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnuͤgen, Lieb’ und Ehre, Nichts iſt faſt, das dir nicht gebricht. Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde ſchaffeſt; Es blos allein zuſammen raffeſt, Um Geld auf Geld zu haͤuffen; dich vernarrſt, Und blos nur, um zu ſcharren, ſcharrſt. Sollt’ alle Kraft von deiner Seelen, Die Abſicht, daß du worden biſt, allein Auf Geld zu ſammlen und zu zehlen Beſtimmet und genommen ſeyn? Jndem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/168
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/168>, abgerufen am 21.11.2024.