Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Roß-Käfer. So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken, Nicht einen Blick auf sich, auf GOttes Wercke, lencken; So scheinen sie ja wol nichts bessers wehrt, Als daß sie mit den Käfern in der Erden, Den Bürgern faulen Mists, verglichen werden. Doch halt, mich deucht, wie sich Chrysander hier erklährt: Wie kommt es doch, daß dir so Geld als Mist So scheuslich und verächtlich ist? Da sich jedoch die gantze Welt Durch Geld und Mist allein erhält. Durch Mist wird Fruchtbarkeit im Land' erreget, Das uns die Kost und Nahrung träget; Durch Geld wird alles das erhalten, Was uns erhält, vergnügt und schützt, Was uns bey Jungen und bey Alten Gewogenheit erreget, Ansehn giebt, Wodurch man uns verehrt und liebt: Jst dieß denn nicht der Mühe wehrt, Daß man es achtet und begehrt? Dieß ist zwar wahr, Chrysander, aber höre, Du hast ja alles dieses nicht. Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnügen, Lieb' und Ehre, Nichts ist fast, das dir nicht gebricht. Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde schaffest; Es blos allein zusammen raffest, Um Geld auf Geld zu häuffen; dich vernarrst, Und blos nur, um zu scharren, scharrst. Sollt' alle Kraft von deiner Seelen, Die Absicht, daß du worden bist, allein Auf Geld zu sammlen und zu zehlen Bestimmet und genommen seyn? Jndem
Roß-Kaͤfer. So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken, Nicht einen Blick auf ſich, auf GOttes Wercke, lencken; So ſcheinen ſie ja wol nichts beſſers wehrt, Als daß ſie mit den Kaͤfern in der Erden, Den Buͤrgern faulen Miſts, verglichen werden. Doch halt, mich deucht, wie ſich Chryſander hier erklaͤhrt: Wie kommt es doch, daß dir ſo Geld als Miſt So ſcheuslich und veraͤchtlich iſt? Da ſich jedoch die gantze Welt Durch Geld und Miſt allein erhaͤlt. Durch Miſt wird Fruchtbarkeit im Land’ erreget, Das uns die Koſt und Nahrung traͤget; Durch Geld wird alles das erhalten, Was uns erhaͤlt, vergnuͤgt und ſchuͤtzt, Was uns bey Jungen und bey Alten Gewogenheit erreget, Anſehn giebt, Wodurch man uns verehrt und liebt: Jſt dieß denn nicht der Muͤhe wehrt, Daß man es achtet und begehrt? Dieß iſt zwar wahr, Chryſander, aber hoͤre, Du haſt ja alles dieſes nicht. Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnuͤgen, Lieb’ und Ehre, Nichts iſt faſt, das dir nicht gebricht. Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde ſchaffeſt; Es blos allein zuſammen raffeſt, Um Geld auf Geld zu haͤuffen; dich vernarrſt, Und blos nur, um zu ſcharren, ſcharrſt. Sollt’ alle Kraft von deiner Seelen, Die Abſicht, daß du worden biſt, allein Auf Geld zu ſammlen und zu zehlen Beſtimmet und genommen ſeyn? Jndem
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Roß-Kaͤfer.
So Tag als Nacht auf auders nichts gedencken,
Nicht einen Blick auf ſich, auf GOttes Wercke, lencken;
So ſcheinen ſie ja wol nichts beſſers wehrt,
Als daß ſie mit den Kaͤfern in der Erden,
Den Buͤrgern faulen Miſts, verglichen werden.
Doch halt, mich deucht, wie ſich Chryſander hier erklaͤhrt:
Wie kommt es doch, daß dir ſo Geld als Miſt
So ſcheuslich und veraͤchtlich iſt?
Da ſich jedoch die gantze Welt
Durch Geld und Miſt allein erhaͤlt.
Durch Miſt wird Fruchtbarkeit im Land’ erreget,
Das uns die Koſt und Nahrung traͤget;
Durch Geld wird alles das erhalten,
Was uns erhaͤlt, vergnuͤgt und ſchuͤtzt,
Was uns bey Jungen und bey Alten
Gewogenheit erreget, Anſehn giebt,
Wodurch man uns verehrt und liebt:
Jſt dieß denn nicht der Muͤhe wehrt,
Daß man es achtet und begehrt?
Dieß iſt zwar wahr, Chryſander, aber hoͤre,
Du haſt ja alles dieſes nicht.
Dir fehlt Beqvehmlichkeit, Vergnuͤgen, Lieb’ und Ehre,
Nichts iſt faſt, das dir nicht gebricht.
Jndem du gar nichts Guts mit deinem Gelde ſchaffeſt;
Es blos allein zuſammen raffeſt,
Um Geld auf Geld zu haͤuffen; dich vernarrſt,
Und blos nur, um zu ſcharren, ſcharrſt.
Sollt’ alle Kraft von deiner Seelen,
Die Abſicht, daß du worden biſt, allein
Auf Geld zu ſammlen und zu zehlen
Beſtimmet und genommen ſeyn?
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