Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Abend-Andacht. Recht ihm danckbar werden mögtest? sind des heutgen Ta- ges Stunden Nützlich angewendet worden? hast du, um, nach dieser Zeit, Dich an den noch höhern Freuden einer seel'gen Ewigkeit Zu vergnügen, dich vergnüget? ists geschehn? so freue dich; Danck auch dafür, rühm' und preise deinen Gott absonderlich. Weil es aber leider öfters unterblieben, will ich mich, Vater der Barmhertzigkeit, jetzt in Demuth zu dir kehren, Und in einer ernsten Reue, voll Vertrauen, dich verehren. HERR, ich flehe dich von Hertzen, voll Betrübniß, voller Schaam Ueber mein unachtsam Wesen; und, voll Reue, voller Gram Ueber mein so blind Betragen, ernstlich um Vergebung an, Ach, verzeihe, wenn ich heute nicht, was ich gesollt- gethan! Und da ich nunmehr zur Ruh meine matten Glieder strecke; Ach so laß mich sanfte ruhn! daß kein böser Traum mich schrecke! Laß den Leib, doch auch zugleich meinen Geist, gestärcket seyn, Daß sie beide ihre Pflicht, bey des künftgen Tages Schein, Zu beachten fähig bleiben, und, zu deiner Ehr' zu leben, Zu empfinden, riechen, schmecken, sehn und hören sich bestreben, Deine Weisheit, Lieb' und Allmacht, in den wunderbaren Wercken, Zu betrachten, zu bewundern, zu erheben, zu bemercken, Sich mit Lust beschäftigen! Wann wir auch den Nächsten lieben Und ihm gutes gönnen sollen, wie Natur und Bibel lehrt, Ach, so bin ich auch an die jetzt zu dencken angetrieben, Welche Mangel, Kummer, Armuth, Frost, Gefahr und Noch beschwehrt, Auch
Abend-Andacht. Recht ihm danckbar werden moͤgteſt? ſind des heutgen Ta- ges Stunden Nuͤtzlich angewendet worden? haſt du, um, nach dieſer Zeit, Dich an den noch hoͤhern Freuden einer ſeel’gen Ewigkeit Zu vergnuͤgen, dich vergnuͤget? iſts geſchehn? ſo freue dich; Danck auch dafuͤr, ruͤhm’ und preiſe deinen Gott abſonderlich. Weil es aber leider oͤfters unterblieben, will ich mich, Vater der Barmhertzigkeit, jetzt in Demuth zu dir kehren, Und in einer ernſten Reue, voll Vertrauen, dich verehren. HERR, ich flehe dich von Hertzen, voll Betruͤbniß, voller Schaam Ueber mein unachtſam Weſen; und, voll Reue, voller Gram Ueber mein ſo blind Betragen, ernſtlich um Vergebung an, Ach, verzeihe, wenn ich heute nicht, was ich geſollt- gethan! Und da ich nunmehr zur Ruh meine matten Glieder ſtrecke; Ach ſo laß mich ſanfte ruhn! daß kein boͤſer Traum mich ſchrecke! Laß den Leib, doch auch zugleich meinen Geiſt, geſtaͤrcket ſeyn, Daß ſie beide ihre Pflicht, bey des kuͤnftgen Tages Schein, Zu beachten faͤhig bleiben, und, zu deiner Ehr’ zu leben, Zu empfinden, riechen, ſchmecken, ſehn und hoͤren ſich beſtreben, Deine Weisheit, Lieb’ und Allmacht, in den wunderbaren Wercken, Zu betrachten, zu bewundern, zu erheben, zu bemercken, Sich mit Luſt beſchaͤftigen! Wann wir auch den Naͤchſten lieben Und ihm gutes goͤnnen ſollen, wie Natur und Bibel lehrt, Ach, ſo bin ich auch an die jetzt zu dencken angetrieben, Welche Mangel, Kummer, Armuth, Froſt, Gefahr und Noch beſchwehrt, Auch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0190" n="174"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Abend-Andacht.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <l>Recht ihm danckbar werden moͤgteſt? ſind des heutgen Ta-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ges Stunden</hi> </l><lb/> <l>Nuͤtzlich angewendet worden? haſt du, um, nach dieſer Zeit,</l><lb/> <l>Dich an den noch hoͤhern Freuden einer ſeel’gen Ewigkeit</l><lb/> <l>Zu vergnuͤgen, dich vergnuͤget? iſts geſchehn? ſo freue dich;</l><lb/> <l>Danck auch dafuͤr, ruͤhm’ und preiſe deinen Gott abſonderlich.</l><lb/> <l>Weil es aber leider oͤfters unterblieben, will ich mich,</l><lb/> <l>Vater der Barmhertzigkeit, jetzt in Demuth zu dir kehren,</l><lb/> <l>Und in einer ernſten Reue, voll Vertrauen, dich verehren.</l><lb/> <l>HERR, ich flehe dich von Hertzen, voll Betruͤbniß, voller</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schaam</hi> </l><lb/> <l>Ueber mein unachtſam Weſen; und, voll Reue, voller Gram</l><lb/> <l>Ueber mein ſo blind Betragen, ernſtlich um Vergebung an,</l><lb/> <l>Ach, verzeihe, wenn ich heute nicht, was ich geſollt-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gethan!</hi> </l><lb/> <l>Und da ich nunmehr zur Ruh meine matten Glieder ſtrecke;</l><lb/> <l>Ach ſo laß mich ſanfte ruhn! daß kein boͤſer Traum mich</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchrecke!</hi> </l><lb/> <l>Laß den Leib, doch auch zugleich meinen Geiſt, geſtaͤrcket ſeyn,</l><lb/> <l>Daß ſie beide ihre Pflicht, bey des kuͤnftgen Tages Schein,</l><lb/> <l>Zu beachten faͤhig bleiben, und, zu deiner Ehr’ zu leben,</l><lb/> <l>Zu <hi rendition="#fr">empfinden, riechen, ſchmecken, ſehn</hi> und <hi rendition="#fr">hoͤren</hi> ſich</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">beſtreben,</hi> </l><lb/> <l>Deine Weisheit, Lieb’ und Allmacht, in den wunderbaren</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wercken,</hi> </l><lb/> <l>Zu betrachten, zu bewundern, zu erheben, zu bemercken,</l><lb/> <l>Sich mit Luſt beſchaͤftigen! Wann wir auch den Naͤchſten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">lieben</hi> </l><lb/> <l>Und ihm gutes goͤnnen ſollen, wie Natur und Bibel lehrt,</l><lb/> <l>Ach, ſo bin ich auch an die jetzt zu dencken angetrieben,</l><lb/> <l>Welche Mangel, Kummer, Armuth, Froſt, Gefahr und</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Noch beſchwehrt,</hi> </l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Auch</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [174/0190]
Abend-Andacht.
Recht ihm danckbar werden moͤgteſt? ſind des heutgen Ta-
ges Stunden
Nuͤtzlich angewendet worden? haſt du, um, nach dieſer Zeit,
Dich an den noch hoͤhern Freuden einer ſeel’gen Ewigkeit
Zu vergnuͤgen, dich vergnuͤget? iſts geſchehn? ſo freue dich;
Danck auch dafuͤr, ruͤhm’ und preiſe deinen Gott abſonderlich.
Weil es aber leider oͤfters unterblieben, will ich mich,
Vater der Barmhertzigkeit, jetzt in Demuth zu dir kehren,
Und in einer ernſten Reue, voll Vertrauen, dich verehren.
HERR, ich flehe dich von Hertzen, voll Betruͤbniß, voller
Schaam
Ueber mein unachtſam Weſen; und, voll Reue, voller Gram
Ueber mein ſo blind Betragen, ernſtlich um Vergebung an,
Ach, verzeihe, wenn ich heute nicht, was ich geſollt-
gethan!
Und da ich nunmehr zur Ruh meine matten Glieder ſtrecke;
Ach ſo laß mich ſanfte ruhn! daß kein boͤſer Traum mich
ſchrecke!
Laß den Leib, doch auch zugleich meinen Geiſt, geſtaͤrcket ſeyn,
Daß ſie beide ihre Pflicht, bey des kuͤnftgen Tages Schein,
Zu beachten faͤhig bleiben, und, zu deiner Ehr’ zu leben,
Zu empfinden, riechen, ſchmecken, ſehn und hoͤren ſich
beſtreben,
Deine Weisheit, Lieb’ und Allmacht, in den wunderbaren
Wercken,
Zu betrachten, zu bewundern, zu erheben, zu bemercken,
Sich mit Luſt beſchaͤftigen! Wann wir auch den Naͤchſten
lieben
Und ihm gutes goͤnnen ſollen, wie Natur und Bibel lehrt,
Ach, ſo bin ich auch an die jetzt zu dencken angetrieben,
Welche Mangel, Kummer, Armuth, Froſt, Gefahr und
Noch beſchwehrt,
Auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |