Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Menschliche Schwachheit. Nachdem ich jüngst die Wunder-PrachtDer schönen Welt, wie sie so wunderschön, An einem heitern Tag', im Sommer, angesehn; Folgt' einem schönen Tag' ein' angenehme Nacht. Die stille Luft, die anfangs schwühl, Ward frisch und allgemählich kühl. Kaum daß der helle Glantz der Sonne sich verhüllte; Als der gekühlten Lüfte Reich, Aus Blumen, Laub' und Kräutern, gleich Ein tausendfach-gemischter Duft erfüllte, Der, da er seine Kraft auf tausend Art vermischte, Den Geist, der es erwegt, auf tausend Art erfrischte. Der Dämmrung sanftes Licht, das allgemein, Und keine Schatten zeugt, nahm Feld und Garten ein; Biß bald hernach Ein bläuligtes Gewölck', als wie ein Berg gestalt, Am Firmament sich sanft zerstückt' und brach, Da alsobald Der volle Mond, mit röthlich-gelben Blitzen, Durch die gespaltnen duncklen Ritzen Mit schnellem Wandern strahlte, Und die bethaute Welt mit Licht und Schatten mahlte. Mein GOtt, wie rührte mich, zu deinem Preise, Der jetzt, auf eine neue Weise, Geschmückte Kreis der schönen Welt! Es war des Monden holder Schein Recht ausserordentlich entnebelt, hell und rein, Er war nicht blaß; ein röthlich-gelber Strahl Bedeckt' und schmückte Wald und Feld, Befloß und zierte Berg und Thal. Hier M 5
Menſchliche Schwachheit. Nachdem ich juͤngſt die Wunder-PrachtDer ſchoͤnen Welt, wie ſie ſo wunderſchoͤn, An einem heitern Tag’, im Sommer, angeſehn; Folgt’ einem ſchoͤnen Tag’ ein’ angenehme Nacht. Die ſtille Luft, die anfangs ſchwuͤhl, Ward friſch und allgemaͤhlich kuͤhl. Kaum daß der helle Glantz der Sonne ſich verhuͤllte; Als der gekuͤhlten Luͤfte Reich, Aus Blumen, Laub’ und Kraͤutern, gleich Ein tauſendfach-gemiſchter Duft erfuͤllte, Der, da er ſeine Kraft auf tauſend Art vermiſchte, Den Geiſt, der es erwegt, auf tauſend Art erfriſchte. Der Daͤmmrung ſanftes Licht, das allgemein, Und keine Schatten zeugt, nahm Feld und Garten ein; Biß bald hernach Ein blaͤuligtes Gewoͤlck’, als wie ein Berg geſtalt, Am Firmament ſich ſanft zerſtuͤckt’ und brach, Da alſobald Der volle Mond, mit roͤthlich-gelben Blitzen, Durch die geſpaltnen duncklen Ritzen Mit ſchnellem Wandern ſtrahlte, Und die bethaute Welt mit Licht und Schatten mahlte. Mein GOtt, wie ruͤhrte mich, zu deinem Preiſe, Der jetzt, auf eine neue Weiſe, Geſchmuͤckte Kreis der ſchoͤnen Welt! Es war des Monden holder Schein Recht auſſerordentlich entnebelt, hell und rein, Er war nicht blaß; ein roͤthlich-gelber Strahl Bedeckt’ und ſchmuͤckte Wald und Feld, Befloß und zierte Berg und Thal. Hier M 5
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Menſchliche Schwachheit.
Nachdem ich juͤngſt die Wunder-Pracht
Der ſchoͤnen Welt, wie ſie ſo wunderſchoͤn,
An einem heitern Tag’, im Sommer, angeſehn;
Folgt’ einem ſchoͤnen Tag’ ein’ angenehme Nacht.
Die ſtille Luft, die anfangs ſchwuͤhl,
Ward friſch und allgemaͤhlich kuͤhl.
Kaum daß der helle Glantz der Sonne ſich verhuͤllte;
Als der gekuͤhlten Luͤfte Reich,
Aus Blumen, Laub’ und Kraͤutern, gleich
Ein tauſendfach-gemiſchter Duft erfuͤllte,
Der, da er ſeine Kraft auf tauſend Art vermiſchte,
Den Geiſt, der es erwegt, auf tauſend Art erfriſchte.
Der Daͤmmrung ſanftes Licht, das allgemein,
Und keine Schatten zeugt, nahm Feld und Garten ein;
Biß bald hernach
Ein blaͤuligtes Gewoͤlck’, als wie ein Berg geſtalt,
Am Firmament ſich ſanft zerſtuͤckt’ und brach,
Da alſobald
Der volle Mond, mit roͤthlich-gelben Blitzen,
Durch die geſpaltnen duncklen Ritzen
Mit ſchnellem Wandern ſtrahlte,
Und die bethaute Welt mit Licht und Schatten mahlte.
Mein GOtt, wie ruͤhrte mich, zu deinem Preiſe,
Der jetzt, auf eine neue Weiſe,
Geſchmuͤckte Kreis der ſchoͤnen Welt!
Es war des Monden holder Schein
Recht auſſerordentlich entnebelt, hell und rein,
Er war nicht blaß; ein roͤthlich-gelber Strahl
Bedeckt’ und ſchmuͤckte Wald und Feld,
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