Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.(***) Lehre. Des Lebens wesentliches Gut ist eine Still' in unsrer Seelen, Die, wenn man mit Vernunft verfährt, wir uns nach unserm Stand' erwehlen, Und uns zu einem Endzweck setzen. Es ist nichts nöhtigers im Leben Als daß wir, dieser künft'gen Ruh, uns, so viel möglich ist, bestreben, Die Lust und Reitzung auf zu opfern, die uns die Gegen- wart zu reichen, Und uns dadurch stürtzen pfleget, eh' oft kaum wenig Stunden weichen. Es müste keine Leidenschaft so lebhaft und so reitzend seyn, Daß sie, durch sich, uns hindern sollte, das Urtheil nicht vorher zu sehen, Das, über unser Thun und Lassen, dereinst wird von uns selbst ergehen, Wenn eine kurtze Trunckenheit den Uberlegungen wird weichen, Die ihr stets pflegen nachzufolgen. Vielleicht wirfst du mir hierauf ein: Soll
(***) Lehre. Des Lebens weſentliches Gut iſt eine Still’ in unſrer Seelen, Die, wenn man mit Vernunft verfaͤhrt, wir uns nach unſerm Stand’ erwehlen, Und uns zu einem Endzweck ſetzen. Es iſt nichts noͤhtigers im Leben Als daß wir, dieſer kuͤnft’gen Ruh, uns, ſo viel moͤglich iſt, beſtreben, Die Luſt und Reitzung auf zu opfern, die uns die Gegen- wart zu reichen, Und uns dadurch ſtuͤrtzen pfleget, eh’ oft kaum wenig Stunden weichen. Es muͤſte keine Leidenſchaft ſo lebhaft und ſo reitzend ſeyn, Daß ſie, durch ſich, uns hindern ſollte, das Urtheil nicht vorher zu ſehen, Das, uͤber unſer Thun und Laſſen, dereinſt wird von uns ſelbſt ergehen, Wenn eine kurtze Trunckenheit den Uberlegungen wird weichen, Die ihr ſtets pflegen nachzufolgen. Vielleicht wirfſt du mir hierauf ein: Soll
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(***)
Lehre.
Des Lebens weſentliches Gut iſt eine Still’ in unſrer
Seelen,
Die, wenn man mit Vernunft verfaͤhrt, wir uns nach
unſerm Stand’ erwehlen,
Und uns zu einem Endzweck ſetzen. Es iſt nichts noͤhtigers
im Leben
Als daß wir, dieſer kuͤnft’gen Ruh, uns, ſo viel moͤglich
iſt, beſtreben,
Die Luſt und Reitzung auf zu opfern, die uns die Gegen-
wart zu reichen,
Und uns dadurch ſtuͤrtzen pfleget, eh’ oft kaum wenig
Stunden weichen.
Es muͤſte keine Leidenſchaft ſo lebhaft und ſo reitzend
ſeyn,
Daß ſie, durch ſich, uns hindern ſollte, das Urtheil nicht
vorher zu ſehen,
Das, uͤber unſer Thun und Laſſen, dereinſt wird von uns
ſelbſt ergehen,
Wenn eine kurtze Trunckenheit den Uberlegungen wird
weichen,
Die ihr ſtets pflegen nachzufolgen. Vielleicht wirfſt du
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