Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Der Traum. Der Traum. Jch lag, voll schwartzer bittrer Sorgen,Jn eines Kerckers Gruft und dunckler Nacht verborgen; Die Fessel drückten mich; doch mehr noch, als die Bande, Die Furcht der künftigen Verachtung, Straff' und Schande Da dacht' ich, welch ein Schatz die güldne Freyheit sey. Jch that die Augen auf, und fand mich würcklich frey, Von aller Furcht erlös't, von aller Pein genesen; Denn meine Noth, (GOtt Lob) war nur ein Traum gewesen. Jch danckte billig GOtt. Doch dacht' ich noch dabey, Ob etwann die Melancholey, Womit sich viele Geister qvälen, Nicht einem schweren Traum der Seelen Gar füglich zu vergleichen sey? Noch mehr: ob nicht ein Traum uns könn' ein Vorbild geben Von einer Seelen-Pein, so gleich nach diesem Leben? [Abbildung]
Eigent- R 4
Der Traum. Der Traum. Jch lag, voll ſchwartzer bittrer Sorgen,Jn eines Kerckers Gruft und dunckler Nacht verborgen; Die Feſſel druͤckten mich; doch mehr noch, als die Bande, Die Furcht der kuͤnftigen Verachtung, Straff’ und Schande Da dacht’ ich, welch ein Schatz die guͤldne Freyheit ſey. Jch that die Augen auf, und fand mich wuͤrcklich frey, Von aller Furcht erloͤſ’t, von aller Pein geneſen; Denn meine Noth, (GOtt Lob) war nur ein Traum geweſen. Jch danckte billig GOtt. Doch dacht’ ich noch dabey, Ob etwann die Melancholey, Womit ſich viele Geiſter qvaͤlen, Nicht einem ſchweren Traum der Seelen Gar fuͤglich zu vergleichen ſey? Noch mehr: ob nicht ein Traum uns koͤnn’ ein Vorbild geben Von einer Seelen-Pein, ſo gleich nach dieſem Leben? [Abbildung]
Eigent- R 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0279" n="263"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Traum.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Der Traum.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">J</hi>ch lag, voll ſchwartzer bittrer Sorgen,</l><lb/> <l>Jn eines Kerckers Gruft und dunckler Nacht verborgen;</l><lb/> <l>Die Feſſel druͤckten mich; doch mehr noch, als die Bande,</l><lb/> <l>Die Furcht der kuͤnftigen Verachtung, Straff’ und Schande</l><lb/> <l>Da dacht’ ich, welch ein Schatz die guͤldne Freyheit ſey.</l><lb/> <l>Jch that die Augen auf, und fand mich wuͤrcklich frey,</l><lb/> <l>Von aller Furcht erloͤſ’t, von aller Pein geneſen;</l><lb/> <l>Denn meine Noth, (GOtt Lob) war nur ein Traum geweſen.</l><lb/> <l>Jch danckte billig GOtt. Doch dacht’ ich noch dabey,</l><lb/> <l>Ob etwann die Melancholey,</l><lb/> <l>Womit ſich viele Geiſter qvaͤlen,</l><lb/> <l>Nicht einem ſchweren Traum der Seelen</l><lb/> <l>Gar fuͤglich zu vergleichen ſey?</l><lb/> <l>Noch mehr: ob nicht ein Traum uns koͤnn’ ein Vorbild</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">geben</hi> </l><lb/> <l>Von einer Seelen-Pein, ſo gleich nach dieſem Leben?</l> </lg><lb/> <figure/> <fw place="bottom" type="sig">R 4</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Eigent-</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [263/0279]
Der Traum.
Der Traum.
Jch lag, voll ſchwartzer bittrer Sorgen,
Jn eines Kerckers Gruft und dunckler Nacht verborgen;
Die Feſſel druͤckten mich; doch mehr noch, als die Bande,
Die Furcht der kuͤnftigen Verachtung, Straff’ und Schande
Da dacht’ ich, welch ein Schatz die guͤldne Freyheit ſey.
Jch that die Augen auf, und fand mich wuͤrcklich frey,
Von aller Furcht erloͤſ’t, von aller Pein geneſen;
Denn meine Noth, (GOtt Lob) war nur ein Traum geweſen.
Jch danckte billig GOtt. Doch dacht’ ich noch dabey,
Ob etwann die Melancholey,
Womit ſich viele Geiſter qvaͤlen,
Nicht einem ſchweren Traum der Seelen
Gar fuͤglich zu vergleichen ſey?
Noch mehr: ob nicht ein Traum uns koͤnn’ ein Vorbild
geben
Von einer Seelen-Pein, ſo gleich nach dieſem Leben?
[Abbildung]
Eigent-
R 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |