Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.(***) Die Sonnen-Finsterniß 1733. Der Sonnen strahlend Licht brach durch die reine Luft, Kein schwebendes Gewölck, kein Nebel, Dunst, noch Duft Verhüllte die Sapphirne Tieffe; Als eine längst vorher beschriebne Finsterniß Den sonst gewöhnlichen Geschäften mich entriß, Und nebst noch andern mich auf eine Höhe rieffe, Die Bayer, dem davor kein schlechter Danck gebührt, So nütz-als künstlich aufgeführt, Woselbst bald durch ein Glas, so durch den Dampf vom Licht Geschwärtzet; bald durch eins, so blau war, mein Gesicht Gestärckt, und ich dadurch im Stande war, Die Glut der Sonnen ungeblendet, Mit scharfen Blicken, anzusehn. Kaum hatte die Minute sich geendet, Die ausgerechnet war, als wir, Bewundrungs-voll, auf dem Papier, Worauf der Sonnen Bild durch künstliche Christallen Jm dunckeln Zimmer man bewundernd sahe fallen, Schon von der Finsterniß die erste Spur entstehn, Den Rand sich schwärtzen sah'n; worauf der Schatten sich Vermehrt' und mercklich wuchs, biß daß wir die Figur Des runden Mondes sah'n, der, da er schwartz und dicht, Der Sonnen strahlend Licht, Doch nur auf kurtze Zeit, entzog; Das denn auf zweyerley zu dencken mich bewog. Zuerst entstand in meiner Seelen Ein brünstigs Andacht-Feur, ein Ehrfurcht volles Dencken: Da
(***) Die Sonnen-Finſterniß 1733. Der Sonnen ſtrahlend Licht brach durch die reine Luft, Kein ſchwebendes Gewoͤlck, kein Nebel, Dunſt, noch Duft Verhuͤllte die Sapphirne Tieffe; Als eine laͤngſt vorher beſchriebne Finſterniß Den ſonſt gewoͤhnlichen Geſchaͤften mich entriß, Und nebſt noch andern mich auf eine Hoͤhe rieffe, Die Bayer, dem davor kein ſchlechter Danck gebuͤhrt, So nuͤtz-als kuͤnſtlich aufgefuͤhrt, Woſelbſt bald durch ein Glas, ſo durch den Dampf vom Licht Geſchwaͤrtzet; bald durch eins, ſo blau war, mein Geſicht Geſtaͤrckt, und ich dadurch im Stande war, Die Glut der Sonnen ungeblendet, Mit ſcharfen Blicken, anzuſehn. Kaum hatte die Minute ſich geendet, Die ausgerechnet war, als wir, Bewundrungs-voll, auf dem Papier, Worauf der Sonnen Bild durch kuͤnſtliche Chriſtallen Jm dunckeln Zimmer man bewundernd ſahe fallen, Schon von der Finſterniß die erſte Spur entſtehn, Den Rand ſich ſchwaͤrtzen ſah’n; worauf der Schatten ſich Vermehrt’ und mercklich wuchs, biß daß wir die Figur Des runden Mondes ſah’n, der, da er ſchwartz und dicht, Der Sonnen ſtrahlend Licht, Doch nur auf kurtze Zeit, entzog; Das denn auf zweyerley zu dencken mich bewog. Zuerſt entſtand in meiner Seelen Ein bruͤnſtigs Andacht-Feur, ein Ehrfurcht volles Dencken: Da
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0302" n="286"/> <fw place="top" type="header">(***)</fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Die Sonnen-Finſterniß 1733.</hi> </head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Sonnen ſtrahlend Licht brach durch die reine Luft,</l><lb/> <l>Kein ſchwebendes Gewoͤlck, kein Nebel, Dunſt,<lb/><hi rendition="#et">noch Duft</hi></l><lb/> <l>Verhuͤllte die Sapphirne Tieffe;</l><lb/> <l>Als eine laͤngſt vorher beſchriebne Finſterniß</l><lb/> <l>Den ſonſt gewoͤhnlichen Geſchaͤften mich entriß,</l><lb/> <l>Und nebſt noch andern mich auf eine Hoͤhe rieffe,</l><lb/> <l>Die Bayer, dem davor kein ſchlechter Danck gebuͤhrt,</l><lb/> <l>So nuͤtz-als kuͤnſtlich aufgefuͤhrt,</l><lb/> <l>Woſelbſt bald durch ein Glas, ſo durch den Dampf vom<lb/><hi rendition="#et">Licht</hi></l><lb/> <l>Geſchwaͤrtzet; bald durch eins, ſo blau war, mein Geſicht</l><lb/> <l>Geſtaͤrckt, und ich dadurch im Stande war,</l><lb/> <l>Die Glut der Sonnen ungeblendet,</l><lb/> <l>Mit ſcharfen Blicken, anzuſehn.</l><lb/> <l>Kaum hatte die Minute ſich geendet,</l><lb/> <l>Die ausgerechnet war, als wir,</l><lb/> <l>Bewundrungs-voll, auf dem Papier,</l><lb/> <l>Worauf der Sonnen Bild durch kuͤnſtliche Chriſtallen</l><lb/> <l>Jm dunckeln Zimmer man bewundernd ſahe fallen,</l><lb/> <l>Schon von der Finſterniß die erſte Spur entſtehn,</l><lb/> <l>Den Rand ſich ſchwaͤrtzen ſah’n; worauf der Schatten ſich</l><lb/> <l>Vermehrt’ und mercklich wuchs, biß daß wir die Figur</l><lb/> <l>Des runden Mondes ſah’n, der, da er ſchwartz und dicht,</l><lb/> <l>Der Sonnen ſtrahlend Licht,</l><lb/> <l>Doch nur auf kurtze Zeit, entzog;</l><lb/> <l>Das denn auf zweyerley zu dencken mich bewog.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zuerſt entſtand in meiner Seelen</l><lb/> <l>Ein bruͤnſtigs Andacht-Feur, ein Ehrfurcht volles Dencken:</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [286/0302]
(***)
Die Sonnen-Finſterniß 1733.
Der Sonnen ſtrahlend Licht brach durch die reine Luft,
Kein ſchwebendes Gewoͤlck, kein Nebel, Dunſt,
noch Duft
Verhuͤllte die Sapphirne Tieffe;
Als eine laͤngſt vorher beſchriebne Finſterniß
Den ſonſt gewoͤhnlichen Geſchaͤften mich entriß,
Und nebſt noch andern mich auf eine Hoͤhe rieffe,
Die Bayer, dem davor kein ſchlechter Danck gebuͤhrt,
So nuͤtz-als kuͤnſtlich aufgefuͤhrt,
Woſelbſt bald durch ein Glas, ſo durch den Dampf vom
Licht
Geſchwaͤrtzet; bald durch eins, ſo blau war, mein Geſicht
Geſtaͤrckt, und ich dadurch im Stande war,
Die Glut der Sonnen ungeblendet,
Mit ſcharfen Blicken, anzuſehn.
Kaum hatte die Minute ſich geendet,
Die ausgerechnet war, als wir,
Bewundrungs-voll, auf dem Papier,
Worauf der Sonnen Bild durch kuͤnſtliche Chriſtallen
Jm dunckeln Zimmer man bewundernd ſahe fallen,
Schon von der Finſterniß die erſte Spur entſtehn,
Den Rand ſich ſchwaͤrtzen ſah’n; worauf der Schatten ſich
Vermehrt’ und mercklich wuchs, biß daß wir die Figur
Des runden Mondes ſah’n, der, da er ſchwartz und dicht,
Der Sonnen ſtrahlend Licht,
Doch nur auf kurtze Zeit, entzog;
Das denn auf zweyerley zu dencken mich bewog.
Zuerſt entſtand in meiner Seelen
Ein bruͤnſtigs Andacht-Feur, ein Ehrfurcht volles Dencken:
Da
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |