Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Othem-hohlen. "Dahero hängt vor ihrer Städte "Gar eine künstliche Tapete, "Die, als im alten Testament, "Das Heiligste vom Heil'gen trennt. * Wobey ich zum Beschluß Noch die Betrachtung führen muß: Erwege, deinem GOtt und Schöpfer doch zur Ehre, Wenn nur allein die Lung' in dir nicht richtig wäre, Wie elend würde doch dein armes Leben seyn! Ein jeder Augenblick würd' immer neue Pein, Mit Husten, Keichen, Seiten-Stechen, Jn deiner fast zerfleischten Brust, Die voller Schleim und Wust, Als wenn sie immer wolte brechen, Erregen; da du jetzt, wenn du's erwegst, mit Lust Den Athen in dich ziehst, dein heisses Blut erfrischest, Der Luft gesunde Theil' in deinem Cörper mischest, Und frölich leben kannst; wenn du nur selber wilt Die Kräfte deiner Seel' auf dieses Wunder lencken, Und, daß du sanfte lebst, Beym sanften Athen-ziehn, Doch öfters als du thust, bemüht bist zu bedencken. Ach mögten wir dieß Wunder oft betrachten Und, wie es in der That, es für ein Wunder achten, So würden wir bey jedem Athem-ziehn, Dem grossen GOtt zu dancken uns bemühn, Und uns zu gleicher Zeit bestreben, Jn unsrer Lust zu seiner Ehr' zu leben! Ei- * Siehe D. W. Trillers Poetische Betrachtungen über verschiedene
aus der Natur und Sitten-Lehre hergenommene Materien, pag. 162. seqq. Othem-hohlen. „Dahero haͤngt vor ihrer Staͤdte „Gar eine kuͤnſtliche Tapete, „Die, als im alten Teſtament, „Das Heiligſte vom Heil’gen trennt. * Wobey ich zum Beſchluß Noch die Betrachtung fuͤhren muß: Erwege, deinem GOtt und Schoͤpfer doch zur Ehre, Wenn nur allein die Lung’ in dir nicht richtig waͤre, Wie elend wuͤrde doch dein armes Leben ſeyn! Ein jeder Augenblick wuͤrd’ immer neue Pein, Mit Huſten, Keichen, Seiten-Stechen, Jn deiner faſt zerfleiſchten Bruſt, Die voller Schleim und Wuſt, Als wenn ſie immer wolte brechen, Erregen; da du jetzt, wenn du’s erwegſt, mit Luſt Den Athen in dich ziehſt, dein heiſſes Blut erfriſcheſt, Der Luft geſunde Theil’ in deinem Coͤrper miſcheſt, Und froͤlich leben kannſt; wenn du nur ſelber wilt Die Kraͤfte deiner Seel’ auf dieſes Wunder lencken, Und, daß du ſanfte lebſt, Beym ſanften Athen-ziehn, Doch oͤfters als du thuſt, bemuͤht biſt zu bedencken. Ach moͤgten wir dieß Wunder oft betrachten Und, wie es in der That, es fuͤr ein Wunder achten, So wuͤrden wir bey jedem Athem-ziehn, Dem groſſen GOtt zu dancken uns bemuͤhn, Und uns zu gleicher Zeit beſtreben, Jn unſrer Luſt zu ſeiner Ehr’ zu leben! Ei- * Siehe D. W. Trillers Poetiſche Betrachtungen uͤber verſchiedene
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Othem-hohlen.
„Dahero haͤngt vor ihrer Staͤdte
„Gar eine kuͤnſtliche Tapete,
„Die, als im alten Teſtament,
„Das Heiligſte vom Heil’gen trennt. *
Wobey ich zum Beſchluß
Noch die Betrachtung fuͤhren muß:
Erwege, deinem GOtt und Schoͤpfer doch zur Ehre,
Wenn nur allein die Lung’ in dir nicht richtig waͤre,
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Mit Huſten, Keichen, Seiten-Stechen,
Jn deiner faſt zerfleiſchten Bruſt,
Die voller Schleim und Wuſt,
Als wenn ſie immer wolte brechen,
Erregen; da du jetzt, wenn du’s erwegſt, mit Luſt
Den Athen in dich ziehſt, dein heiſſes Blut erfriſcheſt,
Der Luft geſunde Theil’ in deinem Coͤrper miſcheſt,
Und froͤlich leben kannſt; wenn du nur ſelber wilt
Die Kraͤfte deiner Seel’ auf dieſes Wunder lencken,
Und, daß du ſanfte lebſt,
Beym ſanften Athen-ziehn,
Doch oͤfters als du thuſt, bemuͤht biſt zu bedencken.
Ach moͤgten wir dieß Wunder oft betrachten
Und, wie es in der That, es fuͤr ein Wunder achten,
So wuͤrden wir bey jedem Athem-ziehn,
Dem groſſen GOtt zu dancken uns bemuͤhn,
Und uns zu gleicher Zeit beſtreben,
Jn unſrer Luſt zu ſeiner Ehr’ zu leben!
Ei-
* Siehe D. W. Trillers Poetiſche Betrachtungen uͤber verſchiedene
aus der Natur und Sitten-Lehre hergenommene Materien,
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