Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Kräfte der menschlichen Vernunft. Durch dieselbe werden wir überzeuglich gnug belehret, Daß was alle Thiere haben, eigentlich uns zugehöret. Daß sie würcklich unsre Sclaven, daß ihr' Arbeit, Dienst und Leben Uns allein zu unserm Nutzen, Dienst und Willkühr über- geben. Haben wir ein Wildprät nöhtig; wird ein Falck, ein Hund geschickt, Welcher, sonder unsre Mühe, das, was man verlangt, be- rückt, Und in unsre Küche liefert. Aendert sich die Jahres-Zeit, Und wir wollen, uns zum Schutz und zur Zier, ein an- der Kleid; Zins't das Schaf uns seine Wolle, zollet das Cameel sein Haar Und es spinnt der Seiden-Wurm uns ein leicht und schön Gewand. Es ernähren uns die Thiere, sie bewahren uns so gar, Ja sie tragen unsre Lasten, bau'n und pflügen unser Land; Dieses ist noch nicht genug: Es sind nicht die Thiere nur, Die uns Kunst und Stärcke leih'n; die Vernunft zwingt, uns zu dienen, Auch die Unempfindlichsten unter aller Creatur. Selbst die allerstärcksten Eichen, die auf hohen Bergen grünen, Bringet sie zu uns herab; sie weis Felß und Stein zu trennen Aus der Erden duncklem Schoß, daß wir sicher wohnen können. Wollen wir von einem Land-Strich, auch selbst übers Meer, zum andern Wahre haben, oder senden, ja auch selbst mit ihnen wandern; Brau-
Kraͤfte der menſchlichen Vernunft. Durch dieſelbe werden wir uͤberzeuglich gnug belehret, Daß was alle Thiere haben, eigentlich uns zugehoͤret. Daß ſie wuͤrcklich unſre Sclaven, daß ihr’ Arbeit, Dienſt und Leben Uns allein zu unſerm Nutzen, Dienſt und Willkuͤhr uͤber- geben. Haben wir ein Wildpraͤt noͤhtig; wird ein Falck, ein Hund geſchickt, Welcher, ſonder unſre Muͤhe, das, was man verlangt, be- ruͤckt, Und in unſre Kuͤche liefert. Aendert ſich die Jahres-Zeit, Und wir wollen, uns zum Schutz und zur Zier, ein an- der Kleid; Zinſ’t das Schaf uns ſeine Wolle, zollet das Cameel ſein Haar Und es ſpinnt der Seiden-Wurm uns ein leicht und ſchoͤn Gewand. Es ernaͤhren uns die Thiere, ſie bewahren uns ſo gar, Ja ſie tragen unſre Laſten, bau’n und pfluͤgen unſer Land; Dieſes iſt noch nicht genug: Es ſind nicht die Thiere nur, Die uns Kunſt und Staͤrcke leih’n; die Vernunft zwingt, uns zu dienen, Auch die Unempfindlichſten unter aller Creatur. Selbſt die allerſtaͤrckſten Eichen, die auf hohen Bergen gruͤnen, Bringet ſie zu uns herab; ſie weis Felß und Stein zu trennen Aus der Erden duncklem Schoß, daß wir ſicher wohnen koͤnnen. Wollen wir von einem Land-Strich, auch ſelbſt uͤbers Meer, zum andern Wahre haben, oder ſenden, ja auch ſelbſt mit ihnen wandern; Brau-
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Kraͤfte der menſchlichen Vernunft.
Durch dieſelbe werden wir uͤberzeuglich gnug belehret,
Daß was alle Thiere haben, eigentlich uns zugehoͤret.
Daß ſie wuͤrcklich unſre Sclaven, daß ihr’ Arbeit, Dienſt
und Leben
Uns allein zu unſerm Nutzen, Dienſt und Willkuͤhr uͤber-
geben.
Haben wir ein Wildpraͤt noͤhtig; wird ein Falck, ein
Hund geſchickt,
Welcher, ſonder unſre Muͤhe, das, was man verlangt, be-
ruͤckt,
Und in unſre Kuͤche liefert. Aendert ſich die Jahres-Zeit,
Und wir wollen, uns zum Schutz und zur Zier, ein an-
der Kleid;
Zinſ’t das Schaf uns ſeine Wolle, zollet das Cameel ſein
Haar
Und es ſpinnt der Seiden-Wurm uns ein leicht und ſchoͤn
Gewand.
Es ernaͤhren uns die Thiere, ſie bewahren uns ſo gar,
Ja ſie tragen unſre Laſten, bau’n und pfluͤgen unſer Land;
Dieſes iſt noch nicht genug: Es ſind nicht die Thiere nur,
Die uns Kunſt und Staͤrcke leih’n; die Vernunft zwingt,
uns zu dienen,
Auch die Unempfindlichſten unter aller Creatur.
Selbſt die allerſtaͤrckſten Eichen, die auf hohen Bergen
gruͤnen,
Bringet ſie zu uns herab; ſie weis Felß und Stein zu trennen
Aus der Erden duncklem Schoß, daß wir ſicher wohnen
koͤnnen.
Wollen wir von einem Land-Strich, auch ſelbſt uͤbers Meer,
zum andern
Wahre haben, oder ſenden, ja auch ſelbſt mit ihnen wandern;
Brau-
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