Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Kräfte der menschlichen Vernunft. Die nicht zu erschöpfen ist, von Belehrung, Trost, Vergnügen, Besserung und Hülfe wird; ja sie weiß annoch zu fügen, Jn so vielen Wirckungen, Nutzen und Vortreflichkeit, Einen Vorzug der annoch grössere Vollkommenheit Jhres edlen Wesens weiset, den wir Augen-fällig mercken Und zu Tage legen können, sie ist von des Schöpfers Wercken Recht der Mittel-Punct auf Erden; recht der Endzweck scheinet sie; Ja sie macht von ihnen allen gleichsam recht die Harmonie. Laßt uns einen Augenblick die Vernunft vom Erd- Kreis nehmen; Laßt uns dencken, daß kein Mensch sich auf Erden mehr befindet, Alsobald ist alles weg, was des Schöpfers Werck verbindet, Alsobald wird alle Ordnung fort, ein Jrrthum allgemein, Schmutz und Unrath allenthalben, überall Verwirrung seyn. Von dem hellen Sonnen-Licht würde zwar der Kreis der Erden Angestrahlet und gefärbt, lieblich, schön, und prächtig werden: Doch die Erde, welche blind, braucht vom hellen Glantz des Lichts Und von aller ihrer Schönheit, Farben, Pracht und Schimmer nichts: Durch die Wärme, Thau und Regen, würden zwar die Saamen keimen Und das Feld mit Gras bedecken auch verschiedne Frücht' entspringen; Doch es sind verlohrne Schätze. Keinem wird es Nutzen bringen, Nie-
Kraͤfte der menſchlichen Vernunft. Die nicht zu erſchoͤpfen iſt, von Belehrung, Troſt, Vergnuͤgen, Beſſerung und Huͤlfe wird; ja ſie weiß annoch zu fuͤgen, Jn ſo vielen Wirckungen, Nutzen und Vortreflichkeit, Einen Vorzug der annoch groͤſſere Vollkommenheit Jhres edlen Weſens weiſet, den wir Augen-faͤllig mercken Und zu Tage legen koͤnnen, ſie iſt von des Schoͤpfers Wercken Recht der Mittel-Punct auf Erden; recht der Endzweck ſcheinet ſie; Ja ſie macht von ihnen allen gleichſam recht die Harmonie. Laßt uns einen Augenblick die Vernunft vom Erd- Kreis nehmen; Laßt uns dencken, daß kein Menſch ſich auf Erden mehr befindet, Alſobald iſt alles weg, was des Schoͤpfers Werck verbindet, Alſobald wird alle Ordnung fort, ein Jrrthum allgemein, Schmutz und Unrath allenthalben, uͤberall Verwirrung ſeyn. Von dem hellen Sonnen-Licht wuͤrde zwar der Kreis der Erden Angeſtrahlet und gefaͤrbt, lieblich, ſchoͤn, und praͤchtig werden: Doch die Erde, welche blind, braucht vom hellen Glantz des Lichts Und von aller ihrer Schoͤnheit, Farben, Pracht und Schimmer nichts: Durch die Waͤrme, Thau und Regen, wuͤrden zwar die Saamen keimen Und das Feld mit Gras bedecken auch verſchiedne Fruͤcht’ entſpringen; Doch es ſind verlohrne Schaͤtze. Keinem wird es Nutzen bringen, Nie-
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Kraͤfte der menſchlichen Vernunft.
Die nicht zu erſchoͤpfen iſt, von Belehrung, Troſt, Vergnuͤgen,
Beſſerung und Huͤlfe wird; ja ſie weiß annoch zu fuͤgen,
Jn ſo vielen Wirckungen, Nutzen und Vortreflichkeit,
Einen Vorzug der annoch groͤſſere Vollkommenheit
Jhres edlen Weſens weiſet, den wir Augen-faͤllig mercken
Und zu Tage legen koͤnnen, ſie iſt von des Schoͤpfers Wercken
Recht der Mittel-Punct auf Erden; recht der Endzweck
ſcheinet ſie;
Ja ſie macht von ihnen allen gleichſam recht die Harmonie.
Laßt uns einen Augenblick die Vernunft vom Erd-
Kreis nehmen;
Laßt uns dencken, daß kein Menſch ſich auf Erden mehr
befindet,
Alſobald iſt alles weg, was des Schoͤpfers Werck verbindet,
Alſobald wird alle Ordnung fort, ein Jrrthum allgemein,
Schmutz und Unrath allenthalben, uͤberall Verwirrung ſeyn.
Von dem hellen Sonnen-Licht wuͤrde zwar der Kreis der
Erden
Angeſtrahlet und gefaͤrbt, lieblich, ſchoͤn, und praͤchtig
werden:
Doch die Erde, welche blind, braucht vom hellen Glantz
des Lichts
Und von aller ihrer Schoͤnheit, Farben, Pracht und
Schimmer nichts:
Durch die Waͤrme, Thau und Regen, wuͤrden zwar die
Saamen keimen
Und das Feld mit Gras bedecken auch verſchiedne Fruͤcht’
entſpringen;
Doch es ſind verlohrne Schaͤtze. Keinem wird es Nutzen
bringen,
Nie-
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