Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Unglückliche Verabsäumung unserer Pflichten gegen den Schöpfer. Wenn wir fast von den meisten Menschen das Eigent- liche der Jdeen, Die sie sich von der GOttheit machen, mit einem ernsten Blick, besehen; So fürcht' ich, daß sie sich von ihr fast nichts sonst wissen vorzustellen, Als eines alten, mächtigen, vernünftigen Monarchens Bild, Der mit der grösten Majestät umgeben sey und angefüllt, Ein mächt- und eintziger Besitzer so wol des Himmels, als der Höllen, Der die erschaffene Natur vor sich gelassen walten lasse, Und sich, wofern nicht blos allein, doch mehrentheils, da- mit befasse, Beständig auf die Sterblichen, und ob sie etwan was verbrechen, Damit er ihnen alsobald mög' ein gerechtes Urtheil sprechen, Den ernsten Blick gericht't zu haben. Von andern seinen Herr- lichkeiten, Und einem Schöpfer noch vielmehr anständlichen Voll- kommenheiten Fällt ihnen nicht leicht etwas bey. Es scheint die Eigen- Lieb' allein Von solchen niedrigen Gedancken die Ursach und die Quell zu seyn. Wir
Ungluͤckliche Verabſaͤumung unſerer Pflichten gegen den Schoͤpfer. Wenn wir faſt von den meiſten Menſchen das Eigent- liche der Jdeen, Die ſie ſich von der GOttheit machen, mit einem ernſten Blick, beſehen; So fuͤrcht’ ich, daß ſie ſich von ihr faſt nichts ſonſt wiſſen vorzuſtellen, Als eines alten, maͤchtigen, vernuͤnftigen Monarchens Bild, Der mit der groͤſten Majeſtaͤt umgeben ſey und angefuͤllt, Ein maͤcht- und eintziger Beſitzer ſo wol des Himmels, als der Hoͤllen, Der die erſchaffene Natur vor ſich gelaſſen walten laſſe, Und ſich, wofern nicht blos allein, doch mehrentheils, da- mit befaſſe, Beſtaͤndig auf die Sterblichen, und ob ſie etwan was verbrechen, Damit er ihnen alſobald moͤg’ ein gerechtes Urtheil ſprechen, Den ernſten Blick gericht’t zu haben. Von andern ſeinen Herr- lichkeiten, Und einem Schoͤpfer noch vielmehr anſtaͤndlichen Voll- kommenheiten Faͤllt ihnen nicht leicht etwas bey. Es ſcheint die Eigen- Lieb’ allein Von ſolchen niedrigen Gedancken die Urſach und die Quell zu ſeyn. Wir
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Ungluͤckliche Verabſaͤumung unſerer
Pflichten gegen den Schoͤpfer.
Wenn wir faſt von den meiſten Menſchen das Eigent-
liche der Jdeen,
Die ſie ſich von der GOttheit machen, mit einem ernſten
Blick, beſehen;
So fuͤrcht’ ich, daß ſie ſich von ihr faſt nichts ſonſt wiſſen
vorzuſtellen,
Als eines alten, maͤchtigen, vernuͤnftigen Monarchens
Bild,
Der mit der groͤſten Majeſtaͤt umgeben ſey und angefuͤllt,
Ein maͤcht- und eintziger Beſitzer ſo wol des Himmels, als
der Hoͤllen,
Der die erſchaffene Natur vor ſich gelaſſen walten laſſe,
Und ſich, wofern nicht blos allein, doch mehrentheils, da-
mit befaſſe,
Beſtaͤndig auf die Sterblichen, und ob ſie etwan was
verbrechen,
Damit er ihnen alſobald moͤg’ ein gerechtes Urtheil ſprechen,
Den ernſten Blick gericht’t zu haben. Von andern ſeinen Herr-
lichkeiten,
Und einem Schoͤpfer noch vielmehr anſtaͤndlichen Voll-
kommenheiten
Faͤllt ihnen nicht leicht etwas bey. Es ſcheint die Eigen-
Lieb’ allein
Von ſolchen niedrigen Gedancken die Urſach und die Quell
zu ſeyn.
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