Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Erbauliche Betrachtung 5. So gar auch von der Menschen LebenKann ein Gewölck ein Beyspiel geben; Kann nicht, mit Recht, ein Felß, ein Stein Zu uns, wie wir zum Wolcken, sagen: Wie laßt ihr euch so schnell verjagen, Wie ist doch eure Dau'r so klein! 6. Da ihr fast sterbt, wann ihr entstehet,Jm Kommen gleichsam schon vergehet, Wie schleunig seyd ihr nicht mehr da! Doch, lieber Stein, du magst nur schweigen; Du kannst uns keinen Fehler zeigen: Es ist des Schöpfers Ordnung ja. 7. Zudem da Dinge dieser ErdenDas, wofür sie gehalten werden, Nur blos Vergleichungs-weise seyn; Und wie ein Ton, für sich betrachtet, Nicht hoch nicht niedrig wird geachtet, So ist, für sich, nichts groß, nichts klein. 8. Es sollen mir denn Stein und EisenNicht meiner Daur Vergleichung weisen, Jch gehe zu der schnellen Luft; Da wirst du ja nicht läugnen können, Daß wir uns nicht so plötzlich trennen, Als wie ein stets-vergehnder Duft. 9. Man
Erbauliche Betrachtung 5. So gar auch von der Menſchen LebenKann ein Gewoͤlck ein Beyſpiel geben; Kann nicht, mit Recht, ein Felß, ein Stein Zu uns, wie wir zum Wolcken, ſagen: Wie laßt ihr euch ſo ſchnell verjagen, Wie iſt doch eure Dau’r ſo klein! 6. Da ihr faſt ſterbt, wann ihr entſtehet,Jm Kommen gleichſam ſchon vergehet, Wie ſchleunig ſeyd ihr nicht mehr da! Doch, lieber Stein, du magſt nur ſchweigen; Du kannſt uns keinen Fehler zeigen: Es iſt des Schoͤpfers Ordnung ja. 7. Zudem da Dinge dieſer ErdenDas, wofuͤr ſie gehalten werden, Nur blos Vergleichungs-weiſe ſeyn; Und wie ein Ton, fuͤr ſich betrachtet, Nicht hoch nicht niedrig wird geachtet, So iſt, fuͤr ſich, nichts groß, nichts klein. 8. Es ſollen mir denn Stein und EiſenNicht meiner Daur Vergleichung weiſen, Jch gehe zu der ſchnellen Luft; Da wirſt du ja nicht laͤugnen koͤnnen, Daß wir uns nicht ſo ploͤtzlich trennen, Als wie ein ſtets-vergehnder Duft. 9. Man
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Erbauliche Betrachtung
5.
So gar auch von der Menſchen Leben
Kann ein Gewoͤlck ein Beyſpiel geben;
Kann nicht, mit Recht, ein Felß, ein Stein
Zu uns, wie wir zum Wolcken, ſagen:
Wie laßt ihr euch ſo ſchnell verjagen,
Wie iſt doch eure Dau’r ſo klein!
6.
Da ihr faſt ſterbt, wann ihr entſtehet,
Jm Kommen gleichſam ſchon vergehet,
Wie ſchleunig ſeyd ihr nicht mehr da!
Doch, lieber Stein, du magſt nur ſchweigen;
Du kannſt uns keinen Fehler zeigen:
Es iſt des Schoͤpfers Ordnung ja.
7.
Zudem da Dinge dieſer Erden
Das, wofuͤr ſie gehalten werden,
Nur blos Vergleichungs-weiſe ſeyn;
Und wie ein Ton, fuͤr ſich betrachtet,
Nicht hoch nicht niedrig wird geachtet,
So iſt, fuͤr ſich, nichts groß, nichts klein.
8.
Es ſollen mir denn Stein und Eiſen
Nicht meiner Daur Vergleichung weiſen,
Jch gehe zu der ſchnellen Luft;
Da wirſt du ja nicht laͤugnen koͤnnen,
Daß wir uns nicht ſo ploͤtzlich trennen,
Als wie ein ſtets-vergehnder Duft.
9. Man
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