Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Neu-Jahrs Gedichte. Wär eine neue Cur mit ihm nicht vorgenommen, Wär der vortrefliche berühmte Biester nicht, Von dessen Ruhm man nie gnug dencket, schreibt und spricht, Auf einen neuen Weg gekommen, Den sonst kein Artzt annoch betreten, Da er in Blattern selbst, wiewol nach dreyzehn Tagen, Jhm zweymahl ließ die Ader schlagen, Wodurch das fast verfaulte Blut, Des Fiebers Feuer, Gifft und Wuth, Nachdem es lang genug mit der Natur gekämpft, Sich plötzlich legte, schwächt' und dämpft', Daß dieser Schluß zu rechter Zeit zu fassen Gewust, gedacht, gewagt, seh ich nicht anders an, Als daß der weise GOtt, der eintzig alles kann, Jhn diesen Endschluß fassen lassen. Sey ewiglich, o GOtt, davor gepriesen, Daß du dich gegen uns, als eintzgen Artzt, gewiesen, Da zweyer Kinder Todt uns sehr empfindlich kränckte, Daß deine Lieb uns noch den Aeltsten wieder schenckte, Der fast bereits erblaßt! Da du ihn denn aufs neu Vom Tode fast erweckt, ihn uns noch einst gegeben, Ach so erbarm dich sein auch ferner! Gieb daß er, Nebst allen übrigen, O Vater, GOtt und HErr, Zu deinem Göttlichen Gefallen möge leben! Und wie du Vater mir die klein gewordne Zahl Von meinen Kindern abermahl Jn diesem Jahr aufs neu vermehret, Und noch ein Töchterchen mir wiederum beschehret; So danck ich dir, Mein Schöpfer, inniglich dafür, Und
Neu-Jahrs Gedichte. Waͤr eine neue Cur mit ihm nicht vorgenommen, Waͤr der vortrefliche beruͤhmte Bieſter nicht, Von deſſen Ruhm man nie gnug dencket, ſchreibt und ſpricht, Auf einen neuen Weg gekommen, Den ſonſt kein Artzt annoch betreten, Da er in Blattern ſelbſt, wiewol nach dreyzehn Tagen, Jhm zweymahl ließ die Ader ſchlagen, Wodurch das faſt verfaulte Blut, Des Fiebers Feuer, Gifft und Wuth, Nachdem es lang genug mit der Natur gekaͤmpft, Sich ploͤtzlich legte, ſchwaͤcht’ und daͤmpft’, Daß dieſer Schluß zu rechter Zeit zu faſſen Gewuſt, gedacht, gewagt, ſeh ich nicht anders an, Als daß der weiſe GOtt, der eintzig alles kann, Jhn dieſen Endſchluß faſſen laſſen. Sey ewiglich, o GOtt, davor geprieſen, Daß du dich gegen uns, als eintzgen Artzt, gewieſen, Da zweyer Kinder Todt uns ſehr empfindlich kraͤnckte, Daß deine Lieb uns noch den Aeltſten wieder ſchenckte, Der faſt bereits erblaßt! Da du ihn denn aufs neu Vom Tode faſt erweckt, ihn uns noch einſt gegeben, Ach ſo erbarm dich ſein auch ferner! Gieb daß er, Nebſt allen uͤbrigen, O Vater, GOtt und HErr, Zu deinem Goͤttlichen Gefallen moͤge leben! Und wie du Vater mir die klein gewordne Zahl Von meinen Kindern abermahl Jn dieſem Jahr aufs neu vermehret, Und noch ein Toͤchterchen mir wiederum beſchehret; So danck ich dir, Mein Schoͤpfer, inniglich dafuͤr, Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0444" n="428"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neu-Jahrs Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg n="62"> <l>Waͤr eine neue Cur mit ihm nicht vorgenommen,</l><lb/> <l>Waͤr der vortrefliche beruͤhmte <hi rendition="#fr">Bieſter</hi> nicht,</l><lb/> <l>Von deſſen Ruhm man nie gnug dencket, ſchreibt und<lb/><hi rendition="#et">ſpricht,</hi></l><lb/> <l>Auf einen neuen Weg gekommen,</l><lb/> <l>Den ſonſt kein Artzt annoch betreten,</l><lb/> <l>Da er in Blattern ſelbſt, wiewol nach dreyzehn Tagen,</l><lb/> <l>Jhm zweymahl ließ die Ader ſchlagen,</l><lb/> <l>Wodurch das faſt verfaulte Blut,</l><lb/> <l>Des Fiebers Feuer, Gifft und Wuth,</l><lb/> <l>Nachdem es lang genug mit der Natur gekaͤmpft,</l><lb/> <l>Sich ploͤtzlich legte, ſchwaͤcht’ und daͤmpft’,</l><lb/> <l>Daß dieſer Schluß zu rechter Zeit zu faſſen</l><lb/> <l>Gewuſt, gedacht, gewagt, ſeh ich nicht anders an,</l><lb/> <l>Als daß der weiſe GOtt, der eintzig alles kann,</l><lb/> <l>Jhn dieſen Endſchluß faſſen laſſen.</l><lb/> <l>Sey ewiglich, o GOtt, davor geprieſen,</l><lb/> <l>Daß du dich gegen uns, als eintzgen Artzt, gewieſen,</l><lb/> <l>Da zweyer Kinder Todt uns ſehr empfindlich kraͤnckte,</l><lb/> <l>Daß deine Lieb uns noch den Aeltſten wieder ſchenckte,</l><lb/> <l>Der faſt bereits erblaßt! Da du ihn denn aufs neu</l><lb/> <l>Vom Tode faſt erweckt, ihn uns noch einſt gegeben,</l><lb/> <l>Ach ſo erbarm dich ſein auch ferner! Gieb daß er,</l><lb/> <l>Nebſt allen uͤbrigen, O Vater, GOtt und HErr,</l><lb/> <l>Zu deinem Goͤttlichen Gefallen moͤge leben!</l><lb/> <l>Und wie du Vater mir die klein gewordne Zahl</l><lb/> <l>Von meinen Kindern abermahl</l><lb/> <l>Jn dieſem Jahr aufs neu vermehret,</l><lb/> <l>Und noch ein Toͤchterchen mir wiederum beſchehret;</l><lb/> <l>So danck ich dir,</l><lb/> <l>Mein Schoͤpfer, inniglich dafuͤr,</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [428/0444]
Neu-Jahrs Gedichte.
Waͤr eine neue Cur mit ihm nicht vorgenommen,
Waͤr der vortrefliche beruͤhmte Bieſter nicht,
Von deſſen Ruhm man nie gnug dencket, ſchreibt und
ſpricht,
Auf einen neuen Weg gekommen,
Den ſonſt kein Artzt annoch betreten,
Da er in Blattern ſelbſt, wiewol nach dreyzehn Tagen,
Jhm zweymahl ließ die Ader ſchlagen,
Wodurch das faſt verfaulte Blut,
Des Fiebers Feuer, Gifft und Wuth,
Nachdem es lang genug mit der Natur gekaͤmpft,
Sich ploͤtzlich legte, ſchwaͤcht’ und daͤmpft’,
Daß dieſer Schluß zu rechter Zeit zu faſſen
Gewuſt, gedacht, gewagt, ſeh ich nicht anders an,
Als daß der weiſe GOtt, der eintzig alles kann,
Jhn dieſen Endſchluß faſſen laſſen.
Sey ewiglich, o GOtt, davor geprieſen,
Daß du dich gegen uns, als eintzgen Artzt, gewieſen,
Da zweyer Kinder Todt uns ſehr empfindlich kraͤnckte,
Daß deine Lieb uns noch den Aeltſten wieder ſchenckte,
Der faſt bereits erblaßt! Da du ihn denn aufs neu
Vom Tode faſt erweckt, ihn uns noch einſt gegeben,
Ach ſo erbarm dich ſein auch ferner! Gieb daß er,
Nebſt allen uͤbrigen, O Vater, GOtt und HErr,
Zu deinem Goͤttlichen Gefallen moͤge leben!
Und wie du Vater mir die klein gewordne Zahl
Von meinen Kindern abermahl
Jn dieſem Jahr aufs neu vermehret,
Und noch ein Toͤchterchen mir wiederum beſchehret;
So danck ich dir,
Mein Schoͤpfer, inniglich dafuͤr,
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |