Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Neu-Jahrs Gedichte. Durch ein schon angezündet Licht; recht wie ein Zunder Funcken fängt; So scheint es, als ob unsre Seele von Worten eine Kraft empfängt, Wodurch sie rege wird und leuchtet, so daß, nebst ihr, auch jedermann, Als wie durch eine Gluth die Wärme, die Wirckung sehn und fühlen kann. Es scheint, ob würd' in unsern Seelen es, sonder Rede, nimmer helle; Sie ist die Quelle der Vernunft, und die Vernunft ist ihre Quelle; Es wird des Geistes rege Kraft, durch Wort', als eine Flamm', erregt, Erweckt, zum Dencken angetrieben, auch andere durch sie bewegt. So laßt uns denn mit Fleiß ein Wort, was es doch eigentlich? betrachten, Und auf der Sprachen Wesen, Ursprung, auf ihre Kraft und Werckzeug' achten! Es siehet, wie es scheint, mein Geist, durchs Ohr, in Worten, deinen Geist, Der sich durch Lippen, Zunge, Zähne und Gaum im Ton halb leiblich weißt. Wenn der vom Geist formirte Schall, in Worten, aus dem Munde quillet; So scheint ein Geist, ob wär er gleichsam in einen Luft-Leib eingehüllet. Wie alle Cörper wunderbar aus lauter Theilchen, welche klein, Verbunden und gefügt sich finden, daraus entstehen und bestehn; So scheinet gleichfals, durch das Band und durch die Fü- gungen der Tön', Ein, gleichsam zwischen Leib und Geist gewiß-formirtes, Mittel-Seyn, Ein
Neu-Jahrs Gedichte. Durch ein ſchon angezuͤndet Licht; recht wie ein Zunder Funcken faͤngt; So ſcheint es, als ob unſre Seele von Worten eine Kraft empfaͤngt, Wodurch ſie rege wird und leuchtet, ſo daß, nebſt ihr, auch jedermann, Als wie durch eine Gluth die Waͤrme, die Wirckung ſehn und fuͤhlen kann. Es ſcheint, ob wuͤrd’ in unſern Seelen es, ſonder Rede, nimmer helle; Sie iſt die Quelle der Vernunft, und die Vernunft iſt ihre Quelle; Es wird des Geiſtes rege Kraft, durch Wort’, als eine Flamm’, erregt, Erweckt, zum Dencken angetrieben, auch andere durch ſie bewegt. So laßt uns denn mit Fleiß ein Wort, was es doch eigentlich? betrachten, Und auf der Sprachen Weſen, Urſprung, auf ihre Kraft und Werckzeug’ achten! Es ſiehet, wie es ſcheint, mein Geiſt, durchs Ohr, in Worten, deinen Geiſt, Der ſich durch Lippen, Zunge, Zaͤhne und Gaum im Ton halb leiblich weißt. Wenn der vom Geiſt formirte Schall, in Worten, aus dem Munde quillet; So ſcheint ein Geiſt, ob waͤr er gleichſam in einen Luft-Leib eingehuͤllet. Wie alle Coͤrper wunderbar aus lauter Theilchen, welche klein, Verbunden und gefuͤgt ſich finden, daraus entſtehen und beſtehn; So ſcheinet gleichfals, durch das Band und durch die Fuͤ- gungen der Toͤn’, Ein, gleichſam zwiſchen Leib und Geiſt gewiß-formirtes, Mittel-Seyn, Ein
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Neu-Jahrs Gedichte.
Durch ein ſchon angezuͤndet Licht; recht wie ein Zunder
Funcken faͤngt;
So ſcheint es, als ob unſre Seele von Worten eine Kraft
empfaͤngt,
Wodurch ſie rege wird und leuchtet, ſo daß, nebſt ihr,
auch jedermann,
Als wie durch eine Gluth die Waͤrme, die Wirckung ſehn
und fuͤhlen kann.
Es ſcheint, ob wuͤrd’ in unſern Seelen es, ſonder Rede,
nimmer helle;
Sie iſt die Quelle der Vernunft, und die Vernunft iſt ihre
Quelle;
Es wird des Geiſtes rege Kraft, durch Wort’, als eine
Flamm’, erregt,
Erweckt, zum Dencken angetrieben, auch andere durch ſie
bewegt.
So laßt uns denn mit Fleiß ein Wort, was es doch
eigentlich? betrachten,
Und auf der Sprachen Weſen, Urſprung, auf ihre Kraft
und Werckzeug’ achten!
Es ſiehet, wie es ſcheint, mein Geiſt, durchs Ohr, in
Worten, deinen Geiſt,
Der ſich durch Lippen, Zunge, Zaͤhne und Gaum im Ton
halb leiblich weißt.
Wenn der vom Geiſt formirte Schall, in Worten, aus dem
Munde quillet;
So ſcheint ein Geiſt, ob waͤr er gleichſam in einen Luft-Leib
eingehuͤllet.
Wie alle Coͤrper wunderbar aus lauter Theilchen, welche
klein,
Verbunden und gefuͤgt ſich finden, daraus entſtehen und
beſtehn;
So ſcheinet gleichfals, durch das Band und durch die Fuͤ-
gungen der Toͤn’,
Ein, gleichſam zwiſchen Leib und Geiſt gewiß-formirtes,
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