Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.der Kirsch-Blüthe. Jn diesem wird man mit Verwunderung gewahr Ein Knöspgen schon fürs künft'ge Jahr. Hier kann man nun zugleich der Wunder Endzweck sehn, Jn dem wir öfters vier, oft fünf, gerade Stangen, Die neue Wunder noch in sich befangen, Vor Lust mit Recht erstaunet, sehn. Man sieht wie diese Stiel' all' an gewissen Stellen (Kein Mensch begreift wodurch) gemächlich schwellen, Sich dehnen, da wir denn in ihren hohlen Rinden Den Sitz der jungen Kirsche finden. Die Rinden, die darauf sich höher noch erstrecken, Formiren Knospen abermahl, Worin der zarten Blüth' schnee-weisse Blätter stecken, Jmgleichen weisse Zäserlein Noch über dreyßig an der Zahl, Die alle, echt als wie mit güldnen Knöpfgen, prangen, Und die die kleinen grünen Stangen, Die aus der Frucht sich aufwärts strecken, Umgeben und bedecken. Wer nun noch erst von einer Blüht' Ein eintzigs Blatt Betrachtet und besieht, Wie viel es kleine Adern hat, Und dieß zusammen nimmt, und mit Vernunft erweget, Was eine Kirsche nur für Wunder in sich heget; Ja, welcher erst bedenckt, wie eine solche Menge Von Blumen einen Zweig erfüllt, So daß sie ihn durchaus bedeckt und gantz verhüllt; Ja wie, im lieblichen Gepränge, Die Blumen an viel tausend Zweigen Auf einem eintz'gen Baum, sich zeigen, Und D 5
der Kirſch-Bluͤthe. Jn dieſem wird man mit Verwunderung gewahr Ein Knoͤſpgen ſchon fuͤrs kuͤnft’ge Jahr. Hier kann man nun zugleich der Wunder Endzweck ſehn, Jn dem wir oͤfters vier, oft fuͤnf, gerade Stangen, Die neue Wunder noch in ſich befangen, Vor Luſt mit Recht erſtaunet, ſehn. Man ſieht wie dieſe Stiel’ all’ an gewiſſen Stellen (Kein Menſch begreift wodurch) gemaͤchlich ſchwellen, Sich dehnen, da wir denn in ihren hohlen Rinden Den Sitz der jungen Kirſche finden. Die Rinden, die darauf ſich hoͤher noch erſtrecken, Formiren Knoſpen abermahl, Worin der zarten Bluͤth’ ſchnee-weiſſe Blaͤtter ſtecken, Jmgleichen weiſſe Zaͤſerlein Noch uͤber dreyßig an der Zahl, Die alle, echt als wie mit guͤldnen Knoͤpfgen, prangen, Und die die kleinen gruͤnen Stangen, Die aus der Frucht ſich aufwaͤrts ſtrecken, Umgeben und bedecken. Wer nun noch erſt von einer Bluͤht’ Ein eintzigs Blatt Betrachtet und beſieht, Wie viel es kleine Adern hat, Und dieß zuſammen nimmt, und mit Vernunft erweget, Was eine Kirſche nur fuͤr Wunder in ſich heget; Ja, welcher erſt bedenckt, wie eine ſolche Menge Von Blumen einen Zweig erfuͤllt, So daß ſie ihn durchaus bedeckt und gantz verhuͤllt; Ja wie, im lieblichen Gepraͤnge, Die Blumen an viel tauſend Zweigen Auf einem eintz’gen Baum, ſich zeigen, Und D 5
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der Kirſch-Bluͤthe.
Jn dieſem wird man mit Verwunderung gewahr
Ein Knoͤſpgen ſchon fuͤrs kuͤnft’ge Jahr.
Hier kann man nun zugleich der Wunder Endzweck ſehn,
Jn dem wir oͤfters vier, oft fuͤnf, gerade Stangen,
Die neue Wunder noch in ſich befangen,
Vor Luſt mit Recht erſtaunet, ſehn.
Man ſieht wie dieſe Stiel’ all’ an gewiſſen Stellen
(Kein Menſch begreift wodurch) gemaͤchlich ſchwellen,
Sich dehnen, da wir denn in ihren hohlen Rinden
Den Sitz der jungen Kirſche finden.
Die Rinden, die darauf ſich hoͤher noch erſtrecken,
Formiren Knoſpen abermahl,
Worin der zarten Bluͤth’ ſchnee-weiſſe Blaͤtter ſtecken,
Jmgleichen weiſſe Zaͤſerlein
Noch uͤber dreyßig an der Zahl,
Die alle, echt als wie mit guͤldnen Knoͤpfgen, prangen,
Und die die kleinen gruͤnen Stangen,
Die aus der Frucht ſich aufwaͤrts ſtrecken,
Umgeben und bedecken.
Wer nun noch erſt von einer Bluͤht’
Ein eintzigs Blatt
Betrachtet und beſieht,
Wie viel es kleine Adern hat,
Und dieß zuſammen nimmt, und mit Vernunft erweget,
Was eine Kirſche nur fuͤr Wunder in ſich heget;
Ja, welcher erſt bedenckt, wie eine ſolche Menge
Von Blumen einen Zweig erfuͤllt,
So daß ſie ihn durchaus bedeckt und gantz verhuͤllt;
Ja wie, im lieblichen Gepraͤnge,
Die Blumen an viel tauſend Zweigen
Auf einem eintz’gen Baum, ſich zeigen,
Und
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