Die allervbersten am meisten, sich senken, heben, scherzen, spielen, Auf tausend Arten sich bewegen, in deutlicher Figur, inzwi- schen Die andern, fast als Unterthanen, sich in ein gelbes Ganz ver- mischen. Doch! seh ich dort nicht allbereit, der schönen Felder Schmuck und Segen, Durch die beschwitzte Faust der Schnitter, sich krümmen und zu Boden legen? Ja! sehet, wie die Sensen blitzen, wie ämsig hier die Binder binden, Und um die gelben Rocken-Garben, von Rocken-Stroh, die Kränze winden, Wie künstlich sie des Segens Hügel, die Hocken, überall erhöhn, Und wie sie, in so schöner Ordnung, in solchen langen Reihen stehn, Als wie das schönste Perspectiv. Die allerzierlichsten Alleen Sind zierlicher nicht anzusehen.
Jndem ich nun, mit ernstem Blick, das Mähn und Binden hier betrachte, Auf eines Landmanns Fleiß und Ordnung, besonders auf sein Werkzeug, achte: So fällt mir, und gewiß mit Recht, der sinnende Gedanken bey, Daß es Bewunderung verdien, und alles mehr zu schätzen sey, Als wir es, ja sie selber, thun. Es scheute sich Aegypten nicht, Dem, der die große Kunst erfand, zu säen, zu pflügen und zu egen, Altär und Tempel zu erbaun, ja Götter Namen beyzulegen: Wir aber, die wir, durch Gewohnheit, für alles wundernswürdge blind,
Und
Sommer-Betrachtung.
Die allervberſten am meiſten, ſich ſenken, heben, ſcherzen, ſpielen, Auf tauſend Arten ſich bewegen, in deutlicher Figur, inzwi- ſchen Die andern, faſt als Unterthanen, ſich in ein gelbes Ganz ver- miſchen. Doch! ſeh ich dort nicht allbereit, der ſchoͤnen Felder Schmuck und Segen, Durch die beſchwitzte Fauſt der Schnitter, ſich kruͤmmen und zu Boden legen? Ja! ſehet, wie die Senſen blitzen, wie aͤmſig hier die Binder binden, Und um die gelben Rocken-Garben, von Rocken-Stroh, die Kraͤnze winden, Wie kuͤnſtlich ſie des Segens Huͤgel, die Hocken, uͤberall erhoͤhn, Und wie ſie, in ſo ſchoͤner Ordnung, in ſolchen langen Reihen ſtehn, Als wie das ſchoͤnſte Perſpectiv. Die allerzierlichſten Alleen Sind zierlicher nicht anzuſehen.
Jndem ich nun, mit ernſtem Blick, das Maͤhn und Binden hier betrachte, Auf eines Landmanns Fleiß und Ordnung, beſonders auf ſein Werkzeug, achte: So faͤllt mir, und gewiß mit Recht, der ſinnende Gedanken bey, Daß es Bewunderung verdien, und alles mehr zu ſchaͤtzen ſey, Als wir es, ja ſie ſelber, thun. Es ſcheute ſich Aegypten nicht, Dem, der die große Kunſt erfand, zu ſaͤen, zu pfluͤgen und zu egen, Altaͤr und Tempel zu erbaun, ja Goͤtter Namen beyzulegen: Wir aber, die wir, durch Gewohnheit, fuͤr alles wundernswuͤrdge blind,
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Sommer-Betrachtung.
Die allervberſten am meiſten, ſich ſenken, heben, ſcherzen, ſpielen,
Auf tauſend Arten ſich bewegen, in deutlicher Figur, inzwi-
ſchen
Die andern, faſt als Unterthanen, ſich in ein gelbes Ganz ver-
miſchen.
Doch! ſeh ich dort nicht allbereit, der ſchoͤnen Felder Schmuck
und Segen,
Durch die beſchwitzte Fauſt der Schnitter, ſich kruͤmmen und
zu Boden legen?
Ja! ſehet, wie die Senſen blitzen, wie aͤmſig hier die Binder
binden,
Und um die gelben Rocken-Garben, von Rocken-Stroh, die
Kraͤnze winden,
Wie kuͤnſtlich ſie des Segens Huͤgel, die Hocken, uͤberall erhoͤhn,
Und wie ſie, in ſo ſchoͤner Ordnung, in ſolchen langen Reihen
ſtehn,
Als wie das ſchoͤnſte Perſpectiv. Die allerzierlichſten Alleen
Sind zierlicher nicht anzuſehen.
Jndem ich nun, mit ernſtem Blick, das Maͤhn und Binden
hier betrachte,
Auf eines Landmanns Fleiß und Ordnung, beſonders auf ſein
Werkzeug, achte:
So faͤllt mir, und gewiß mit Recht, der ſinnende Gedanken bey,
Daß es Bewunderung verdien, und alles mehr zu ſchaͤtzen ſey,
Als wir es, ja ſie ſelber, thun. Es ſcheute ſich Aegypten
nicht,
Dem, der die große Kunſt erfand, zu ſaͤen, zu pfluͤgen und zu
egen,
Altaͤr und Tempel zu erbaun, ja Goͤtter Namen beyzulegen:
Wir aber, die wir, durch Gewohnheit, fuͤr alles wundernswuͤrdge
blind,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/117>, abgerufen am 24.11.2024.
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