Wodurch, so wie wenn Licht und Schatten, Jn manchen Mischungen, sich gatten, Der Landschaft schönster Schmuck entsteht.
So wohl dem Aug, als dem Gefühl, Scheint jeder Vorwurf jetzo kühl, Doch machet auch hingegen manche Stelle Die gelben Bäume nicht nur helle, Es scheint, durch ihren hell-und gelblich rothen Schein, Die kühle Landschaft warm zu seyn.
Ein durch die trübe Luft gebrochnes sanftes Licht Regieret überall. Zwar Schatten sieht man nicht, Doch scheint ihr schwarzes Heer, in dem geschwächten Schein, Der nunmehr allgemein, Zugleich mit eingemischt zu seyn. Man sieht, so weit man sieht, ein trübes Ganz, Jn einem bunten zwar, doch sehr gedämpften Glanz. Es kam mir vor, als ob dieß grünlich klare Grau, So ich nunmehr an allen Orten schau, Auf meinem Geist, auch einen Eindruck machte, Und ihn zu einer still- und süssen Schwermuth brachte.
Er schien, schon zum voraus, das Künftge zu bedauren, Und den bald nahen Raub der Blätter zu betrauren. Ein sanfter Schauer drückt die Haut, und in den Sehnen, Fing eine sanfte Widrigkeit Allmählig an sich auszudehnen. Allein ich munterte, durch diesen Trost, mich auf: Genieß der Gegenwart des Guten; laß den Lauf Der regen Zeiten, ohn Verdriessen, Gelassen fliessen. Es reißt das schöne Laub der nahe Frost zwar nieder, Doch bringt der Winter uns den Lenzen,
Jn
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Herbſt-Betrachtung.
Wodurch, ſo wie wenn Licht und Schatten, Jn manchen Miſchungen, ſich gatten, Der Landſchaft ſchoͤnſter Schmuck entſteht.
So wohl dem Aug, als dem Gefuͤhl, Scheint jeder Vorwurf jetzo kuͤhl, Doch machet auch hingegen manche Stelle Die gelben Baͤume nicht nur helle, Es ſcheint, durch ihren hell-und gelblich rothen Schein, Die kuͤhle Landſchaft warm zu ſeyn.
Ein durch die truͤbe Luft gebrochnes ſanftes Licht Regieret uͤberall. Zwar Schatten ſieht man nicht, Doch ſcheint ihr ſchwarzes Heer, in dem geſchwaͤchten Schein, Der nunmehr allgemein, Zugleich mit eingemiſcht zu ſeyn. Man ſieht, ſo weit man ſieht, ein truͤbes Ganz, Jn einem bunten zwar, doch ſehr gedaͤmpften Glanz. Es kam mir vor, als ob dieß gruͤnlich klare Grau, So ich nunmehr an allen Orten ſchau, Auf meinem Geiſt, auch einen Eindruck machte, Und ihn zu einer ſtill- und ſuͤſſen Schwermuth brachte.
Er ſchien, ſchon zum voraus, das Kuͤnftge zu bedauren, Und den bald nahen Raub der Blaͤtter zu betrauren. Ein ſanfter Schauer druͤckt die Haut, und in den Sehnen, Fing eine ſanfte Widrigkeit Allmaͤhlig an ſich auszudehnen. Allein ich munterte, durch dieſen Troſt, mich auf: Genieß der Gegenwart des Guten; laß den Lauf Der regen Zeiten, ohn Verdrieſſen, Gelaſſen flieſſen. Es reißt das ſchoͤne Laub der nahe Froſt zwar nieder, Doch bringt der Winter uns den Lenzen,
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Herbſt-Betrachtung.
Wodurch, ſo wie wenn Licht und Schatten,
Jn manchen Miſchungen, ſich gatten,
Der Landſchaft ſchoͤnſter Schmuck entſteht.
So wohl dem Aug, als dem Gefuͤhl,
Scheint jeder Vorwurf jetzo kuͤhl,
Doch machet auch hingegen manche Stelle
Die gelben Baͤume nicht nur helle,
Es ſcheint, durch ihren hell-und gelblich rothen Schein,
Die kuͤhle Landſchaft warm zu ſeyn.
Ein durch die truͤbe Luft gebrochnes ſanftes Licht
Regieret uͤberall. Zwar Schatten ſieht man nicht,
Doch ſcheint ihr ſchwarzes Heer, in dem geſchwaͤchten Schein,
Der nunmehr allgemein,
Zugleich mit eingemiſcht zu ſeyn.
Man ſieht, ſo weit man ſieht, ein truͤbes Ganz,
Jn einem bunten zwar, doch ſehr gedaͤmpften Glanz.
Es kam mir vor, als ob dieß gruͤnlich klare Grau,
So ich nunmehr an allen Orten ſchau,
Auf meinem Geiſt, auch einen Eindruck machte,
Und ihn zu einer ſtill- und ſuͤſſen Schwermuth brachte.
Er ſchien, ſchon zum voraus, das Kuͤnftge zu bedauren,
Und den bald nahen Raub der Blaͤtter zu betrauren.
Ein ſanfter Schauer druͤckt die Haut, und in den Sehnen,
Fing eine ſanfte Widrigkeit
Allmaͤhlig an ſich auszudehnen.
Allein ich munterte, durch dieſen Troſt, mich auf:
Genieß der Gegenwart des Guten; laß den Lauf
Der regen Zeiten, ohn Verdrieſſen,
Gelaſſen flieſſen.
Es reißt das ſchoͤne Laub der nahe Froſt zwar nieder,
Doch bringt der Winter uns den Lenzen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/173>, abgerufen am 21.11.2024.
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