Vergnügen, Andacht, Dankbegier, Zur Erndtezeit, in mir befinden? So aber find ich fast in mir Den Trieb zur Dankbarkeit verschwinden. Es wird das Feur der Freude kalt, Und will, wie ich gehofft, nicht glühen; Jch muß mein Herz, fast mit Gewalt, Zum Lobe meines Schönpfers ziehen. Es ist betrübt, daß im Genuß, Wir einen solchen Ueberfluß Von Segen und so vielen Gaben, Die unser Schöpfer uns gegönnt, Man lange nicht so viel erkennt, Als wir vorher gehoffet haben; Daß von sich selbst man wenig kann. Jch seh, und merke wohl hiebey, Dao auch der Dank kaum unser sey. Du mußt, o Herr, in diesem Leben, Um dich im Dank auch zu erheben, Das Wollen und Vollbringen geben. Ach gieb denn Wollen und Vollbringen So andern Menschen, als auch mir, Damit wir recht vergnüget dir Von Herzen Freudenlieder singen.
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Nach der Erndte.
Vergnuͤgen, Andacht, Dankbegier, Zur Erndtezeit, in mir befinden? So aber find ich faſt in mir Den Trieb zur Dankbarkeit verſchwinden. Es wird das Feur der Freude kalt, Und will, wie ich gehofft, nicht gluͤhen; Jch muß mein Herz, faſt mit Gewalt, Zum Lobe meines Schoͤnpfers ziehen. Es iſt betruͤbt, daß im Genuß, Wir einen ſolchen Ueberfluß Von Segen und ſo vielen Gaben, Die unſer Schoͤpfer uns gegoͤnnt, Man lange nicht ſo viel erkennt, Als wir vorher gehoffet haben; Daß von ſich ſelbſt man wenig kann. Jch ſeh, und merke wohl hiebey, Dao auch der Dank kaum unſer ſey. Du mußt, o Herr, in dieſem Leben, Um dich im Dank auch zu erheben, Das Wollen und Vollbringen geben. Ach gieb denn Wollen und Vollbringen So andern Menſchen, als auch mir, Damit wir recht vergnuͤget dir Von Herzen Freudenlieder ſingen.
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Nach der Erndte.
Vergnuͤgen, Andacht, Dankbegier,
Zur Erndtezeit, in mir befinden?
So aber find ich faſt in mir
Den Trieb zur Dankbarkeit verſchwinden.
Es wird das Feur der Freude kalt,
Und will, wie ich gehofft, nicht gluͤhen;
Jch muß mein Herz, faſt mit Gewalt,
Zum Lobe meines Schoͤnpfers ziehen.
Es iſt betruͤbt, daß im Genuß,
Wir einen ſolchen Ueberfluß
Von Segen und ſo vielen Gaben,
Die unſer Schoͤpfer uns gegoͤnnt,
Man lange nicht ſo viel erkennt,
Als wir vorher gehoffet haben;
Daß von ſich ſelbſt man wenig kann.
Jch ſeh, und merke wohl hiebey,
Dao auch der Dank kaum unſer ſey.
Du mußt, o Herr, in dieſem Leben,
Um dich im Dank auch zu erheben,
Das Wollen und Vollbringen geben.
Ach gieb denn Wollen und Vollbringen
So andern Menſchen, als auch mir,
Damit wir recht vergnuͤget dir
Von Herzen Freudenlieder ſingen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/177>, abgerufen am 21.11.2024.
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