Jn der Flucht des schnellen Wildes, flieht mein Blick mit ih- nen fort, Und begreift nicht, wie er flieget, und doch an demselben Ort Bleibt, und schwebend feste steht; da ich doch die Zweige krachen, Büsch und Sträucher rascheln höre, und die Bretter fallen seh, Die der Hirsch durchbricht und umstürzt, samt dem leicht-und raschen Reh, Fortgepeitscht von strenger Furcht. Kaum kann ich die Wun- der-Sachen, Berg und Thal und grüne Wälder, die nicht grün sind und nicht da, (Die, ob sie gleich nah und ferne, doch nicht fern sind und nicht nah,) Die, in dieser schönen Zeichnung, nicht, und doch gemalet stehn, Vor der zweifelnden Bewegung der getäuschten Augen sehn.
Doch so viel besinn ich mich, daß unmöglich auf der Erden, Eines Thieres schneller Lauf ähnlicher gezeigt kann werden. Jch besinne mich noch ferner, daß die Kunst hier eine Spur, Zu den wunderreichen Werken der formirenden Natur, Jn vernünftgen Zügen, weist. Da man billig höher steiget, Weil die Kunst uns die Natur, die Natur den Schöpfer zeiget.
Die
Fliehendes Wild.
Fliehendes Wild.
Jn der Flucht des ſchnellen Wildes, flieht mein Blick mit ih- nen fort, Und begreift nicht, wie er flieget, und doch an demſelben Ort Bleibt, und ſchwebend feſte ſteht; da ich doch die Zweige krachen, Buͤſch und Straͤucher raſcheln hoͤre, und die Bretter fallen ſeh, Die der Hirſch durchbricht und umſtuͤrzt, ſamt dem leicht-und raſchen Reh, Fortgepeitſcht von ſtrenger Furcht. Kaum kann ich die Wun- der-Sachen, Berg und Thal und gruͤne Waͤlder, die nicht gruͤn ſind und nicht da, (Die, ob ſie gleich nah und ferne, doch nicht fern ſind und nicht nah,) Die, in dieſer ſchoͤnen Zeichnung, nicht, und doch gemalet ſtehn, Vor der zweifelnden Bewegung der getaͤuſchten Augen ſehn.
Doch ſo viel beſinn ich mich, daß unmoͤglich auf der Erden, Eines Thieres ſchneller Lauf aͤhnlicher gezeigt kann werden. Jch beſinne mich noch ferner, daß die Kunſt hier eine Spur, Zu den wunderreichen Werken der formirenden Natur, Jn vernuͤnftgen Zuͤgen, weiſt. Da man billig hoͤher ſteiget, Weil die Kunſt uns die Natur, die Natur den Schoͤpfer zeiget.
Die
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Fliehendes Wild.
Fliehendes Wild.
Jn der Flucht des ſchnellen Wildes, flieht mein Blick mit ih-
nen fort,
Und begreift nicht, wie er flieget, und doch an demſelben Ort
Bleibt, und ſchwebend feſte ſteht; da ich doch die Zweige krachen,
Buͤſch und Straͤucher raſcheln hoͤre, und die Bretter fallen ſeh,
Die der Hirſch durchbricht und umſtuͤrzt, ſamt dem leicht-und
raſchen Reh,
Fortgepeitſcht von ſtrenger Furcht. Kaum kann ich die Wun-
der-Sachen,
Berg und Thal und gruͤne Waͤlder, die nicht gruͤn ſind und
nicht da,
(Die, ob ſie gleich nah und ferne, doch nicht fern ſind und nicht
nah,)
Die, in dieſer ſchoͤnen Zeichnung, nicht, und doch gemalet ſtehn,
Vor der zweifelnden Bewegung der getaͤuſchten Augen ſehn.
Doch ſo viel beſinn ich mich, daß unmoͤglich auf der Erden,
Eines Thieres ſchneller Lauf aͤhnlicher gezeigt kann werden.
Jch beſinne mich noch ferner, daß die Kunſt hier eine Spur,
Zu den wunderreichen Werken der formirenden Natur,
Jn vernuͤnftgen Zuͤgen, weiſt. Da man billig hoͤher ſteiget,
Weil die Kunſt uns die Natur, die Natur den Schoͤpfer zeiget.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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