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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Eigennütziger Gottesdienst.
Eigennütziger Gottesdienst.
Wenn du, im Gottesdienst, dich bloß um deine Seligkeit
bemühest,

Und in des Schöpfers Wunderwerken auf seine weise Macht
nicht siehest.

So seines Namens Ruhm befördert: So deucht mich, das
ich billig gläube,

Und daß ich unsrer beyden Meynung nicht unrecht thue, wenn
ich schreibe:
Du liebst den Schöpfer deinetwegen. Jch meyn, ihn kind-
lich zu verehren,

Jn der Betrachtung seiner Werke. So kömmt es mir nicht
anders für.

Es scheint, du liebest dich in Gott; ich hoff, ich liebe Gott
in mir.


Definition der Tugend.
Sollt auch die Tugend anders was, wenn mans erweget,
als allein

Ein Regel-mäßiger Gebrauch von unsern Leidenschaften seyn?
It. Des Lasters.
Hingegen ist das Laster auch
Nichts, als von unsern Leidenschaften ein unvernünftiger Ge-
brauch.


Die
Eigennuͤtziger Gottesdienſt.
Eigennuͤtziger Gottesdienſt.
Wenn du, im Gottesdienſt, dich bloß um deine Seligkeit
bemuͤheſt,

Und in des Schoͤpfers Wunderwerken auf ſeine weiſe Macht
nicht ſieheſt.

So ſeines Namens Ruhm befoͤrdert: So deucht mich, das
ich billig glaͤube,

Und daß ich unſrer beyden Meynung nicht unrecht thue, wenn
ich ſchreibe:
Du liebſt den Schoͤpfer deinetwegen. Jch meyn, ihn kind-
lich zu verehren,

Jn der Betrachtung ſeiner Werke. So koͤmmt es mir nicht
anders fuͤr.

Es ſcheint, du liebeſt dich in Gott; ich hoff, ich liebe Gott
in mir.


Definition der Tugend.
Sollt auch die Tugend anders was, wenn mans erweget,
als allein

Ein Regel-maͤßiger Gebrauch von unſern Leidenſchaften ſeyn?
It. Des Laſters.
Hingegen iſt das Laſter auch
Nichts, als von unſern Leidenſchaften ein unvernuͤnftiger Ge-
brauch.


Die
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[330/0354] Eigennuͤtziger Gottesdienſt. Eigennuͤtziger Gottesdienſt. Wenn du, im Gottesdienſt, dich bloß um deine Seligkeit bemuͤheſt, Und in des Schoͤpfers Wunderwerken auf ſeine weiſe Macht nicht ſieheſt. So ſeines Namens Ruhm befoͤrdert: So deucht mich, das ich billig glaͤube, Und daß ich unſrer beyden Meynung nicht unrecht thue, wenn ich ſchreibe: Du liebſt den Schoͤpfer deinetwegen. Jch meyn, ihn kind- lich zu verehren, Jn der Betrachtung ſeiner Werke. So koͤmmt es mir nicht anders fuͤr. Es ſcheint, du liebeſt dich in Gott; ich hoff, ich liebe Gott in mir. Definition der Tugend. Sollt auch die Tugend anders was, wenn mans erweget, als allein Ein Regel-maͤßiger Gebrauch von unſern Leidenſchaften ſeyn? It. Des Laſters. Hingegen iſt das Laſter auch Nichts, als von unſern Leidenſchaften ein unvernuͤnftiger Ge- brauch. Die

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/354>, abgerufen am 22.11.2024.