Mein geistigs Auge sieht aufs neu, mit einem geistigen Vergnügen, Jn der beweglich-tiefen Fluthen fast Gränz- und Boden-losen Grust, Ein nicht zu zählend Heer von Fischen, recht, wie die Vögel in der Luft, Jn einer stetigen Bewegung, so sehr nicht schwimmen, als fast fliegen, Und überall sich hinbegeben. Absonderlich nimmt abermal Der ungeheuren Wasser-Wunder so ungeheure Größ und Zahl, Wenn ich mich, mit erstauntem Geist, zu ihnen in die Tiefe senke, Jn ihnen, Berge, welche leben, und Jnseln, die beseelt, be- denke, Mich, als ein würdger Vorwurf, ein. Sie führen den er- staunten Sinn, Durch ihre Größ und rege Last, von neuen zu dem Schöp- fer hin, Jndem ich, auch so gar in Körpern so ungeheurer Creaturen, Von einem Wesen, welches wollte, Daß ihnen, da es sie gemacht, auf ihre Weise wohl seyn sollte, Fast unleugbare Proben sind und überzeuglich klare Spuren.
Mich deucht, ich hör ein dunkles Tönen, aus ihren holen Schlünden, brechen, Und bald im Schwimmen, bald in Ruh, die Wallfisch alle gleichsam sprechen:
Wir
Y 4
Die Wallfiſche
Die Wallfiſche.
Mein geiſtigs Auge ſieht aufs neu, mit einem geiſtigen Vergnuͤgen, Jn der beweglich-tiefen Fluthen faſt Graͤnz- und Boden-loſen Gruſt, Ein nicht zu zaͤhlend Heer von Fiſchen, recht, wie die Voͤgel in der Luft, Jn einer ſtetigen Bewegung, ſo ſehr nicht ſchwimmen, als faſt fliegen, Und uͤberall ſich hinbegeben. Abſonderlich nimmt abermal Der ungeheuren Waſſer-Wunder ſo ungeheure Groͤß und Zahl, Wenn ich mich, mit erſtauntem Geiſt, zu ihnen in die Tiefe ſenke, Jn ihnen, Berge, welche leben, und Jnſeln, die beſeelt, be- denke, Mich, als ein wuͤrdger Vorwurf, ein. Sie fuͤhren den er- ſtaunten Sinn, Durch ihre Groͤß und rege Laſt, von neuen zu dem Schoͤp- fer hin, Jndem ich, auch ſo gar in Koͤrpern ſo ungeheurer Creaturen, Von einem Weſen, welches wollte, Daß ihnen, da es ſie gemacht, auf ihre Weiſe wohl ſeyn ſollte, Faſt unleugbare Proben ſind und uͤberzeuglich klare Spuren.
Mich deucht, ich hoͤr ein dunkles Toͤnen, aus ihren holen Schluͤnden, brechen, Und bald im Schwimmen, bald in Ruh, die Wallfiſch alle gleichſam ſprechen:
Wir
Y 4
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0367"n="343"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Wallfiſche</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Die Wallfiſche.</hi></head><lb/><lgn="1"><l><hirendition="#in">M</hi>ein geiſtigs Auge ſieht aufs neu, mit einem geiſtigen</l><lb/><l><hirendition="#et">Vergnuͤgen,</hi></l><lb/><l>Jn der beweglich-tiefen Fluthen faſt Graͤnz- und Boden-loſen<lb/><hirendition="#et">Gruſt,</hi></l><lb/><l>Ein nicht zu zaͤhlend Heer von Fiſchen, recht, wie die Voͤgel in<lb/><hirendition="#et">der Luft,</hi></l><lb/><l>Jn einer ſtetigen Bewegung, ſo ſehr nicht ſchwimmen, als faſt<lb/><hirendition="#et">fliegen,</hi></l><lb/><l>Und uͤberall ſich hinbegeben. Abſonderlich nimmt abermal</l><lb/><l>Der ungeheuren Waſſer-Wunder ſo ungeheure Groͤß und Zahl,</l><lb/><l>Wenn ich mich, mit erſtauntem Geiſt, zu ihnen in die Tiefe</l><lb/><l><hirendition="#et">ſenke,</hi></l><lb/><l>Jn ihnen, Berge, welche leben, und Jnſeln, die beſeelt, be-</l><lb/><l><hirendition="#et">denke,</hi></l><lb/><l>Mich, als ein wuͤrdger Vorwurf, ein. Sie fuͤhren den er-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſtaunten Sinn,</hi></l><lb/><l>Durch ihre Groͤß und rege Laſt, von neuen zu dem Schoͤp-</l><lb/><l><hirendition="#et">fer hin,</hi></l><lb/><l>Jndem ich, auch ſo gar in Koͤrpern ſo ungeheurer Creaturen,</l><lb/><l>Von einem Weſen, welches wollte,</l><lb/><l>Daß ihnen, da es ſie gemacht, auf ihre Weiſe wohl ſeyn ſollte,</l><lb/><l>Faſt unleugbare Proben ſind und uͤberzeuglich klare Spuren.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Mich deucht, ich hoͤr ein dunkles Toͤnen, aus ihren holen</l><lb/><l><hirendition="#et">Schluͤnden, brechen,</hi></l><lb/><l>Und bald im Schwimmen, bald in Ruh, die Wallfiſch alle</l><lb/><l><hirendition="#et">gleichſam ſprechen:</hi></l><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Y 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wir</fw><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[343/0367]
Die Wallfiſche
Die Wallfiſche.
Mein geiſtigs Auge ſieht aufs neu, mit einem geiſtigen
Vergnuͤgen,
Jn der beweglich-tiefen Fluthen faſt Graͤnz- und Boden-loſen
Gruſt,
Ein nicht zu zaͤhlend Heer von Fiſchen, recht, wie die Voͤgel in
der Luft,
Jn einer ſtetigen Bewegung, ſo ſehr nicht ſchwimmen, als faſt
fliegen,
Und uͤberall ſich hinbegeben. Abſonderlich nimmt abermal
Der ungeheuren Waſſer-Wunder ſo ungeheure Groͤß und Zahl,
Wenn ich mich, mit erſtauntem Geiſt, zu ihnen in die Tiefe
ſenke,
Jn ihnen, Berge, welche leben, und Jnſeln, die beſeelt, be-
denke,
Mich, als ein wuͤrdger Vorwurf, ein. Sie fuͤhren den er-
ſtaunten Sinn,
Durch ihre Groͤß und rege Laſt, von neuen zu dem Schoͤp-
fer hin,
Jndem ich, auch ſo gar in Koͤrpern ſo ungeheurer Creaturen,
Von einem Weſen, welches wollte,
Daß ihnen, da es ſie gemacht, auf ihre Weiſe wohl ſeyn ſollte,
Faſt unleugbare Proben ſind und uͤberzeuglich klare Spuren.
Mich deucht, ich hoͤr ein dunkles Toͤnen, aus ihren holen
Schluͤnden, brechen,
Und bald im Schwimmen, bald in Ruh, die Wallfiſch alle
gleichſam ſprechen:
Wir
Y 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/367>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.