Wer in Arabiens versengten Wüsteneyen, Wo Wolken nichts, als Sand, statt feuchten Regen, streuen; Wo das verbrannte Land von Laub und Grafe leer, Gebohren und erzogen wär; Hätt aber nimmer Gras, nie Laub und Kraut, Nie Blumen, Blüht und Frucht geschaut, Und sehe denn von ungefähr einmal, Zumal zur Abendzeit, im niedern Sonnenstral, Der Wiesen Glanz, beblümte Felder, Durchstralte Schatten-reiche Wälder, Und ihres Laubs fast güldnes Grün; Würd ihm nicht, ausser sich für Freuden, Sein Auge von so holdem Schein Und bunter Schönheit abzuziehn, Nicht schwer, ja fast unmöglich seyn? Würd nicht von ihm dieß Theil der Welt, Das so viel Wunder in sich hält, Für unvergleichlich schön geschätzet werden, Und die Bewohner dieser Erden Von ihm nicht bloß glückselig nur allein, Fast selig gar geschätzet seyn? Da wir hingegen leider blind, Und fühllos fast für alle Wunder sind.
Ueber-
Ungluͤckſelige Gewohnheit.
Ungluͤckſelige Gewohnheit.
Wer in Arabiens verſengten Wuͤſteneyen, Wo Wolken nichts, als Sand, ſtatt feuchten Regen, ſtreuen; Wo das verbrannte Land von Laub und Grafe leer, Gebohren und erzogen waͤr; Haͤtt aber nimmer Gras, nie Laub und Kraut, Nie Blumen, Bluͤht und Frucht geſchaut, Und ſehe denn von ungefaͤhr einmal, Zumal zur Abendzeit, im niedern Sonnenſtral, Der Wieſen Glanz, bebluͤmte Felder, Durchſtralte Schatten-reiche Waͤlder, Und ihres Laubs faſt guͤldnes Gruͤn; Wuͤrd ihm nicht, auſſer ſich fuͤr Freuden, Sein Auge von ſo holdem Schein Und bunter Schoͤnheit abzuziehn, Nicht ſchwer, ja faſt unmoͤglich ſeyn? Wuͤrd nicht von ihm dieß Theil der Welt, Das ſo viel Wunder in ſich haͤlt, Fuͤr unvergleichlich ſchoͤn geſchaͤtzet werden, Und die Bewohner dieſer Erden Von ihm nicht bloß gluͤckſelig nur allein, Faſt ſelig gar geſchaͤtzet ſeyn? Da wir hingegen leider blind, Und fuͤhllos faſt fuͤr alle Wunder ſind.
Ueber-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0408"n="384"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ungluͤckſelige Gewohnheit.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Ungluͤckſelige Gewohnheit.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">W</hi>er in Arabiens verſengten Wuͤſteneyen,</l><lb/><l>Wo Wolken nichts, als Sand, ſtatt feuchten Regen,<lb/><hirendition="#et">ſtreuen;</hi></l><lb/><l>Wo das verbrannte Land von Laub und Grafe leer,</l><lb/><l>Gebohren und erzogen waͤr;</l><lb/><l>Haͤtt aber nimmer Gras, nie Laub und Kraut,</l><lb/><l>Nie Blumen, Bluͤht und Frucht geſchaut,</l><lb/><l>Und ſehe denn von ungefaͤhr einmal,</l><lb/><l>Zumal zur Abendzeit, im niedern Sonnenſtral,</l><lb/><l>Der Wieſen Glanz, bebluͤmte Felder,</l><lb/><l>Durchſtralte Schatten-reiche Waͤlder,</l><lb/><l>Und ihres Laubs faſt guͤldnes Gruͤn;</l><lb/><l>Wuͤrd ihm nicht, auſſer ſich fuͤr Freuden,</l><lb/><l>Sein Auge von ſo holdem Schein</l><lb/><l>Und bunter Schoͤnheit abzuziehn,</l><lb/><l>Nicht ſchwer, ja faſt unmoͤglich ſeyn?</l><lb/><l>Wuͤrd nicht von ihm dieß Theil der Welt,</l><lb/><l>Das ſo viel Wunder in ſich haͤlt,</l><lb/><l>Fuͤr unvergleichlich ſchoͤn geſchaͤtzet werden,</l><lb/><l>Und die Bewohner dieſer Erden</l><lb/><l>Von ihm nicht bloß gluͤckſelig nur allein,</l><lb/><l>Faſt ſelig gar geſchaͤtzet ſeyn?</l><lb/><l>Da wir hingegen leider blind,</l><lb/><l>Und fuͤhllos faſt fuͤr alle Wunder ſind.</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Ueber-</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[384/0408]
Ungluͤckſelige Gewohnheit.
Ungluͤckſelige Gewohnheit.
Wer in Arabiens verſengten Wuͤſteneyen,
Wo Wolken nichts, als Sand, ſtatt feuchten Regen,
ſtreuen;
Wo das verbrannte Land von Laub und Grafe leer,
Gebohren und erzogen waͤr;
Haͤtt aber nimmer Gras, nie Laub und Kraut,
Nie Blumen, Bluͤht und Frucht geſchaut,
Und ſehe denn von ungefaͤhr einmal,
Zumal zur Abendzeit, im niedern Sonnenſtral,
Der Wieſen Glanz, bebluͤmte Felder,
Durchſtralte Schatten-reiche Waͤlder,
Und ihres Laubs faſt guͤldnes Gruͤn;
Wuͤrd ihm nicht, auſſer ſich fuͤr Freuden,
Sein Auge von ſo holdem Schein
Und bunter Schoͤnheit abzuziehn,
Nicht ſchwer, ja faſt unmoͤglich ſeyn?
Wuͤrd nicht von ihm dieß Theil der Welt,
Das ſo viel Wunder in ſich haͤlt,
Fuͤr unvergleichlich ſchoͤn geſchaͤtzet werden,
Und die Bewohner dieſer Erden
Von ihm nicht bloß gluͤckſelig nur allein,
Faſt ſelig gar geſchaͤtzet ſeyn?
Da wir hingegen leider blind,
Und fuͤhllos faſt fuͤr alle Wunder ſind.
Ueber-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/408>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.