Bleibt bey der großen Kleinheit klein, Und scheint, mit dieser Sterne Kleinheit verglichen, wirklich groß zu seyn.
Der Kleinheit aber unermessen, hat jeder Stern-Staub einen Schein, Der ihn so deutlich zeigt, so hell, so scharf, so spitzig und so rein; Daß Diamantne Nadel-Spitzen, Unmöglich bey dem hellsten Licht, so hell, so herrlich können blitzen.
O Gott, rief die erstaunte Seele, o Gott! was seh ich hier aufs neu, Worüber ich in Lust und Ehrfurcht, zugleich erschreck und mich erfreu. Anstatt, durch ein so kleines Glas, in den unmeßbarn tie- fen Höhen, Die Größe, welche nicht zu messen, von einer Sonn allein zu sehen; Kann ich, durch solchen engen Raum, solch einen Raum vom Firmament, So wunderbar verkleint erblicken, daß man, nebst ihm, in seinem Schooß, So vieler Sonnen große Körper, die nicht zu messen sind, erkennt.
Jst, was hier unbegreiflich klein, doch dort ganz unbe- greiflich groß! Wie wunderbar ist hier die Kleinheit! die Größe ja so wun- derbar! Wie wunderbar des Raumes Tiefe! wie ungezählt der Son- nen Schaar! Da ein so kleiner Raum, von Sonnen, uns eine solche Men- ge weist!
Ge-
Himmels-Betrachtungen.
Bleibt bey der großen Kleinheit klein, Und ſcheint, mit dieſer Sterne Kleinheit verglichen, wirklich groß zu ſeyn.
Der Kleinheit aber unermeſſen, hat jeder Stern-Staub einen Schein, Der ihn ſo deutlich zeigt, ſo hell, ſo ſcharf, ſo ſpitzig und ſo rein; Daß Diamantne Nadel-Spitzen, Unmoͤglich bey dem hellſten Licht, ſo hell, ſo herrlich koͤnnen blitzen.
O Gott, rief die erſtaunte Seele, o Gott! was ſeh ich hier aufs neu, Woruͤber ich in Luſt und Ehrfurcht, zugleich erſchreck und mich erfreu. Anſtatt, durch ein ſo kleines Glas, in den unmeßbarn tie- fen Hoͤhen, Die Groͤße, welche nicht zu meſſen, von einer Sonn allein zu ſehen; Kann ich, durch ſolchen engen Raum, ſolch einen Raum vom Firmament, So wunderbar verkleint erblicken, daß man, nebſt ihm, in ſeinem Schooß, So vieler Sonnen große Koͤrper, die nicht zu meſſen ſind, erkennt.
Jſt, was hier unbegreiflich klein, doch dort ganz unbe- greiflich groß! Wie wunderbar iſt hier die Kleinheit! die Groͤße ja ſo wun- derbar! Wie wunderbar des Raumes Tiefe! wie ungezaͤhlt der Son- nen Schaar! Da ein ſo kleiner Raum, von Sonnen, uns eine ſolche Men- ge weiſt!
Ge-
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Himmels-Betrachtungen.
Bleibt bey der großen Kleinheit klein,
Und ſcheint, mit dieſer Sterne Kleinheit verglichen, wirklich
groß zu ſeyn.
Der Kleinheit aber unermeſſen, hat jeder Stern-Staub
einen Schein,
Der ihn ſo deutlich zeigt, ſo hell, ſo ſcharf, ſo ſpitzig und ſo
rein;
Daß Diamantne Nadel-Spitzen,
Unmoͤglich bey dem hellſten Licht, ſo hell, ſo herrlich koͤnnen
blitzen.
O Gott, rief die erſtaunte Seele, o Gott! was ſeh ich hier
aufs neu,
Woruͤber ich in Luſt und Ehrfurcht, zugleich erſchreck und
mich erfreu.
Anſtatt, durch ein ſo kleines Glas, in den unmeßbarn tie-
fen Hoͤhen,
Die Groͤße, welche nicht zu meſſen, von einer Sonn allein
zu ſehen;
Kann ich, durch ſolchen engen Raum, ſolch einen Raum vom
Firmament,
So wunderbar verkleint erblicken, daß man, nebſt ihm, in
ſeinem Schooß,
So vieler Sonnen große Koͤrper, die nicht zu meſſen ſind,
erkennt.
Jſt, was hier unbegreiflich klein, doch dort ganz unbe-
greiflich groß!
Wie wunderbar iſt hier die Kleinheit! die Groͤße ja ſo wun-
derbar!
Wie wunderbar des Raumes Tiefe! wie ungezaͤhlt der Son-
nen Schaar!
Da ein ſo kleiner Raum, von Sonnen, uns eine ſolche Men-
ge weiſt!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/467>, abgerufen am 22.11.2024.
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