Der durch sich selbst widerlegte und überführte Atheist.
A.
Schau, werther Freund, doch diesen Stein, mit ernster Ueberlegung an, Den ich von ungefähr am Strande des weiten Elbe-Stroms gefunden, Wie regelrecht, wie glatt poliret, daß mans nicht glatter schleifen kann, Und wie so richtig alle Theil, in einer Festigkeit verbunden, An welcher weder Bruch, noch Spalt, in welcher weder Tiefen, Höhn, Noch ungerade rauhe Stellen, und keine Höckrigkeit zu sehn.
Welch ein untadelich Oval! Man sollte fast unmöglich gläuben, Daß, sonder Ordnung, ohne Kunst, die Theilchen sich zusam- men treiben, Und ohne Geist so fügen könnten, daß bloß ein blindes Unge- fähr Von solcher zierlichen Figur der Ursprung und das Werk- zeug wär; Und dennoch ist dasselbe wahr.
Erhellet nun, aus dieser Wirkung des Zufalls, nicht fast Sonnen-klar, Daß wir den Zufall blind, mit Unrecht, die Kunst mit Unrecht weise nennen; Da ja, wie dieser schöne Stein von ungefähr sich bilden können,
Auf
Der uͤberfuͤhrte Atheiſt.
Der durch ſich ſelbſt widerlegte und uͤberfuͤhrte Atheiſt.
A.
Schau, werther Freund, doch dieſen Stein, mit ernſter Ueberlegung an, Den ich von ungefaͤhr am Strande des weiten Elbe-Stroms gefunden, Wie regelrecht, wie glatt poliret, daß mans nicht glatter ſchleifen kann, Und wie ſo richtig alle Theil, in einer Feſtigkeit verbunden, An welcher weder Bruch, noch Spalt, in welcher weder Tiefen, Hoͤhn, Noch ungerade rauhe Stellen, und keine Hoͤckrigkeit zu ſehn.
Welch ein untadelich Oval! Man ſollte faſt unmoͤglich glaͤuben, Daß, ſonder Ordnung, ohne Kunſt, die Theilchen ſich zuſam- men treiben, Und ohne Geiſt ſo fuͤgen koͤnnten, daß bloß ein blindes Unge- faͤhr Von ſolcher zierlichen Figur der Urſprung und das Werk- zeug waͤr; Und dennoch iſt daſſelbe wahr.
Erhellet nun, aus dieſer Wirkung des Zufalls, nicht faſt Sonnen-klar, Daß wir den Zufall blind, mit Unrecht, die Kunſt mit Unrecht weiſe nennen; Da ja, wie dieſer ſchoͤne Stein von ungefaͤhr ſich bilden koͤnnen,
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Der uͤberfuͤhrte Atheiſt.
Der durch ſich ſelbſt widerlegte
und uͤberfuͤhrte Atheiſt.
A.
Schau, werther Freund, doch dieſen Stein, mit ernſter
Ueberlegung an,
Den ich von ungefaͤhr am Strande des weiten Elbe-Stroms
gefunden,
Wie regelrecht, wie glatt poliret, daß mans nicht glatter
ſchleifen kann,
Und wie ſo richtig alle Theil, in einer Feſtigkeit verbunden,
An welcher weder Bruch, noch Spalt, in welcher weder
Tiefen, Hoͤhn,
Noch ungerade rauhe Stellen, und keine Hoͤckrigkeit zu ſehn.
Welch ein untadelich Oval! Man ſollte faſt unmoͤglich
glaͤuben,
Daß, ſonder Ordnung, ohne Kunſt, die Theilchen ſich zuſam-
men treiben,
Und ohne Geiſt ſo fuͤgen koͤnnten, daß bloß ein blindes Unge-
faͤhr
Von ſolcher zierlichen Figur der Urſprung und das Werk-
zeug waͤr;
Und dennoch iſt daſſelbe wahr.
Erhellet nun, aus dieſer Wirkung des Zufalls, nicht faſt
Sonnen-klar,
Daß wir den Zufall blind, mit Unrecht, die Kunſt mit Unrecht
weiſe nennen;
Da ja, wie dieſer ſchoͤne Stein von ungefaͤhr ſich bilden koͤnnen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/506>, abgerufen am 22.11.2024.
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