Von allen den vernünftgen Geistern, nothwendig einer nur allein, Von allen der vollkommenste, der best-und allerklügste seyn.
Nun dieser allerbeste Geist wird, nach unbetrüglich-klaren Schlüssen, Die allerbesten Eigenschaften vor allen andern haben müssen, So, wie an Absicht und Begriff, auch an der Daur. Jn solchem Geist Scheint, daß sich zwischen einer Gottheit kein andrer Unter- scheid fast weist, Als der den Ursprung bloß betrifft. Nun frag ich dich auf dein Gewissen: Ob dein von dir gesetzter Satz, daß nicht nur alle Ding' auf Erden, Die körperlich; dein Geistgen auch hätt müssen von sich selber werden, Von dir so ernstlich überlegt, so fest bewiesen, daß daran Dein eigen unparteyisch Herz, und kein Vernünftger zwei- feln kann? Und ob es dir nicht tausendmal der Wahrheit ähnlicher muß scheinen, Daß etwas, so vernünftig ist, zu seinem Ursprung anders keinen, Als einen, der vernünftig ist, vermuthlich haben könn und müsse?
Leg einst den Satz, den du geäussert, und mit demselben un- sre Schlüsse, Jn eine Wagschal mit einander; denk unparteyisch, überlege Den Grund, den Satz, den Schluß, die Folge, von deiner Mey- nung: Dann erwege Den Grund, den Satz, den Schluß, die Folge der unsrigen: So wirst du sehen,
Ob
Der uͤberfuͤhrte Atheiſte.
Von allen den vernuͤnftgen Geiſtern, nothwendig einer nur allein, Von allen der vollkommenſte, der beſt-und allerkluͤgſte ſeyn.
Nun dieſer allerbeſte Geiſt wird, nach unbetruͤglich-klaren Schluͤſſen, Die allerbeſten Eigenſchaften vor allen andern haben muͤſſen, So, wie an Abſicht und Begriff, auch an der Daur. Jn ſolchem Geiſt Scheint, daß ſich zwiſchen einer Gottheit kein andrer Unter- ſcheid faſt weiſt, Als der den Urſprung bloß betrifft. Nun frag ich dich auf dein Gewiſſen: Ob dein von dir geſetzter Satz, daß nicht nur alle Ding’ auf Erden, Die koͤrperlich; dein Geiſtgen auch haͤtt muͤſſen von ſich ſelber werden, Von dir ſo ernſtlich uͤberlegt, ſo feſt bewieſen, daß daran Dein eigen unparteyiſch Herz, und kein Vernuͤnftger zwei- feln kann? Und ob es dir nicht tauſendmal der Wahrheit aͤhnlicher muß ſcheinen, Daß etwas, ſo vernuͤnftig iſt, zu ſeinem Urſprung anders keinen, Als einen, der vernuͤnftig iſt, vermuthlich haben koͤnn und muͤſſe?
Leg einſt den Satz, den du geaͤuſſert, und mit demſelben un- ſre Schluͤſſe, Jn eine Wagſchal mit einander; denk unparteyiſch, uͤberlege Den Grund, den Satz, den Schluß, die Folge, von deiner Mey- nung: Dann erwege Den Grund, den Satz, den Schluß, die Folge der unſrigen: So wirſt du ſehen,
Ob
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Der uͤberfuͤhrte Atheiſte.
Von allen den vernuͤnftgen Geiſtern, nothwendig einer nur
allein,
Von allen der vollkommenſte, der beſt-und allerkluͤgſte ſeyn.
Nun dieſer allerbeſte Geiſt wird, nach unbetruͤglich-klaren
Schluͤſſen,
Die allerbeſten Eigenſchaften vor allen andern haben muͤſſen,
So, wie an Abſicht und Begriff, auch an der Daur. Jn
ſolchem Geiſt
Scheint, daß ſich zwiſchen einer Gottheit kein andrer Unter-
ſcheid faſt weiſt,
Als der den Urſprung bloß betrifft. Nun frag ich dich auf
dein Gewiſſen:
Ob dein von dir geſetzter Satz, daß nicht nur alle Ding’ auf
Erden,
Die koͤrperlich; dein Geiſtgen auch haͤtt muͤſſen von ſich ſelber
werden,
Von dir ſo ernſtlich uͤberlegt, ſo feſt bewieſen, daß daran
Dein eigen unparteyiſch Herz, und kein Vernuͤnftger zwei-
feln kann?
Und ob es dir nicht tauſendmal der Wahrheit aͤhnlicher muß
ſcheinen,
Daß etwas, ſo vernuͤnftig iſt, zu ſeinem Urſprung anders keinen,
Als einen, der vernuͤnftig iſt, vermuthlich haben koͤnn und
muͤſſe?
Leg einſt den Satz, den du geaͤuſſert, und mit demſelben un-
ſre Schluͤſſe,
Jn eine Wagſchal mit einander; denk unparteyiſch, uͤberlege
Den Grund, den Satz, den Schluß, die Folge, von deiner Mey-
nung: Dann erwege
Den Grund, den Satz, den Schluß, die Folge der unſrigen:
So wirſt du ſehen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/512>, abgerufen am 22.11.2024.
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