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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Heilungs-Beschaffenheit in der Natur.
So lang ich denken kann, vergessen, noch daß uns unser Schöp-
fer hie,
Jn dem Natur-Reich, Heilungs-Mittel, auch hin und wie-
der Carpsers schenket,

Ob sie gleich rar sind, die erfahren, was Gott für manche
Kraft gesenket,

Jn Kräuter, Wasser, Salz und Schwefel, und den lebendigen
Mercur.

Jnzwischen hab ich nachgesonnen, auf welche Weise die
Natur

Jhr nützlich Heilungs-Werk verrichte. Es brachte mich auf
diese Spur

Die Hitze, die, als wie ein Dunst, recht oben aus dem Scha-
den fuhr,

Und so gewaltig war, daß man sie, durch so vielerley Ver-
band,

Auf ein paar Handbreit von dem Schaden, an die darauf
gehaltne Hand,

Recht wie an einem Distillier-Helm, als einen feuchten Duft,
empfand.
Dieß stärkte mich in den Gedanken, die ich vor diesen wohl
geheget,

Daß alle Pflaster, welche man zur Heilung auf die Wunden
leget,

Von keinem andern Nutzen sind, als daß sie bloß von aussen
wehren,

Daß nichts, so schädlich, sie berührt; nächst dem, daß sie die
Wärme mehren,

Durch die Verhinderung der Dünste, die stetig aus dem Kör-
per eilen,
Und

Heilungs-Beſchaffenheit in der Natur.
So lang ich denken kann, vergeſſen, noch daß uns unſer Schoͤp-
fer hie,
Jn dem Natur-Reich, Heilungs-Mittel, auch hin und wie-
der Carpſers ſchenket,

Ob ſie gleich rar ſind, die erfahren, was Gott fuͤr manche
Kraft geſenket,

Jn Kraͤuter, Waſſer, Salz und Schwefel, und den lebendigen
Mercur.

Jnzwiſchen hab ich nachgeſonnen, auf welche Weiſe die
Natur

Jhr nuͤtzlich Heilungs-Werk verrichte. Es brachte mich auf
dieſe Spur

Die Hitze, die, als wie ein Dunſt, recht oben aus dem Scha-
den fuhr,

Und ſo gewaltig war, daß man ſie, durch ſo vielerley Ver-
band,

Auf ein paar Handbreit von dem Schaden, an die darauf
gehaltne Hand,

Recht wie an einem Diſtillier-Helm, als einen feuchten Duft,
empfand.
Dieß ſtaͤrkte mich in den Gedanken, die ich vor dieſen wohl
geheget,

Daß alle Pflaſter, welche man zur Heilung auf die Wunden
leget,

Von keinem andern Nutzen ſind, als daß ſie bloß von auſſen
wehren,

Daß nichts, ſo ſchaͤdlich, ſie beruͤhrt; naͤchſt dem, daß ſie die
Waͤrme mehren,

Durch die Verhinderung der Duͤnſte, die ſtetig aus dem Koͤr-
per eilen,
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[494/0518] Heilungs-Beſchaffenheit in der Natur. So lang ich denken kann, vergeſſen, noch daß uns unſer Schoͤp- fer hie, Jn dem Natur-Reich, Heilungs-Mittel, auch hin und wie- der Carpſers ſchenket, Ob ſie gleich rar ſind, die erfahren, was Gott fuͤr manche Kraft geſenket, Jn Kraͤuter, Waſſer, Salz und Schwefel, und den lebendigen Mercur. Jnzwiſchen hab ich nachgeſonnen, auf welche Weiſe die Natur Jhr nuͤtzlich Heilungs-Werk verrichte. Es brachte mich auf dieſe Spur Die Hitze, die, als wie ein Dunſt, recht oben aus dem Scha- den fuhr, Und ſo gewaltig war, daß man ſie, durch ſo vielerley Ver- band, Auf ein paar Handbreit von dem Schaden, an die darauf gehaltne Hand, Recht wie an einem Diſtillier-Helm, als einen feuchten Duft, empfand. Dieß ſtaͤrkte mich in den Gedanken, die ich vor dieſen wohl geheget, Daß alle Pflaſter, welche man zur Heilung auf die Wunden leget, Von keinem andern Nutzen ſind, als daß ſie bloß von auſſen wehren, Daß nichts, ſo ſchaͤdlich, ſie beruͤhrt; naͤchſt dem, daß ſie die Waͤrme mehren, Durch die Verhinderung der Duͤnſte, die ſtetig aus dem Koͤr- per eilen, Und

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/518>, abgerufen am 22.11.2024.