Und überall, bereits zu eurer Lust entsprießen, Anstatt derselben zu genießen, Noch immer auf das Künftige zu warten, Da doch so dann Gewohnheit, wie bisher, Euch alle Lust unfehlbar raubet, Und, euch verblendend, mehr und mehr, Euch selbst zur Lust, und Gott zur Ehr, Die Welt zu brauchen, nicht erlaubet. Wie mancher Lenz ist euch, auf diese Weis, entgangen, Eh ihr, durch Aufschub erst, verführt, Nachhero durch Gewohnheit ungerührt, Jhn zu genießen, angefangen. Soll euch denn der Erfahrung Licht Nicht einmal euren Fehler zeigen? Wollt, ihr so oft Betrogne, nicht Aus eurem Pfuhl des Unglücks steigen? Auf! laßt uns, wie, in allen Dingen, Sich alle Kräfte jetzt verjüngen, Wie Himmel, Erd und Meer so schön, Jn neuem Glanz und Schimmer stehn; Durch ihre Pracht gerührt, besehn! Und die darob, in unsrer Brust, Verspürte neue Freud und Lust Dem Geber, im vergnügten Leben, Zum angenehmen Opfer geben. Es fänget jetzt zu dieser Zeit, Nicht nur allein der Knospen Menge, Jn fast zu spürendem Gedränge, Ja fast sichtbarer Aemsigkeit, An viel- und ungezählten Stellen, Sich zu vergrößern und zu schwellen, Zu bersten, zu gebähren an.
Es
Neue Fruͤhlings Gedanken.
Und uͤberall, bereits zu eurer Luſt entſprießen, Anſtatt derſelben zu genießen, Noch immer auf das Kuͤnftige zu warten, Da doch ſo dann Gewohnheit, wie bisher, Euch alle Luſt unfehlbar raubet, Und, euch verblendend, mehr und mehr, Euch ſelbſt zur Luſt, und Gott zur Ehr, Die Welt zu brauchen, nicht erlaubet. Wie mancher Lenz iſt euch, auf dieſe Weiſ, entgangen, Eh ihr, durch Aufſchub erſt, verfuͤhrt, Nachhero durch Gewohnheit ungeruͤhrt, Jhn zu genießen, angefangen. Soll euch denn der Erfahrung Licht Nicht einmal euren Fehler zeigen? Wollt, ihr ſo oft Betrogne, nicht Aus eurem Pfuhl des Ungluͤcks ſteigen? Auf! laßt uns, wie, in allen Dingen, Sich alle Kraͤfte jetzt verjuͤngen, Wie Himmel, Erd und Meer ſo ſchoͤn, Jn neuem Glanz und Schimmer ſtehn; Durch ihre Pracht geruͤhrt, beſehn! Und die darob, in unſrer Bruſt, Verſpuͤrte neue Freud und Luſt Dem Geber, im vergnuͤgten Leben, Zum angenehmen Opfer geben. Es faͤnget jetzt zu dieſer Zeit, Nicht nur allein der Knospen Menge, Jn faſt zu ſpuͤrendem Gedraͤnge, Ja faſt ſichtbarer Aemſigkeit, An viel- und ungezaͤhlten Stellen, Sich zu vergroͤßern und zu ſchwellen, Zu berſten, zu gebaͤhren an.
Es
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Neue Fruͤhlings Gedanken.
Und uͤberall, bereits zu eurer Luſt entſprießen,
Anſtatt derſelben zu genießen,
Noch immer auf das Kuͤnftige zu warten,
Da doch ſo dann Gewohnheit, wie bisher,
Euch alle Luſt unfehlbar raubet,
Und, euch verblendend, mehr und mehr,
Euch ſelbſt zur Luſt, und Gott zur Ehr,
Die Welt zu brauchen, nicht erlaubet.
Wie mancher Lenz iſt euch, auf dieſe Weiſ, entgangen,
Eh ihr, durch Aufſchub erſt, verfuͤhrt,
Nachhero durch Gewohnheit ungeruͤhrt,
Jhn zu genießen, angefangen.
Soll euch denn der Erfahrung Licht
Nicht einmal euren Fehler zeigen?
Wollt, ihr ſo oft Betrogne, nicht
Aus eurem Pfuhl des Ungluͤcks ſteigen?
Auf! laßt uns, wie, in allen Dingen,
Sich alle Kraͤfte jetzt verjuͤngen,
Wie Himmel, Erd und Meer ſo ſchoͤn,
Jn neuem Glanz und Schimmer ſtehn;
Durch ihre Pracht geruͤhrt, beſehn!
Und die darob, in unſrer Bruſt,
Verſpuͤrte neue Freud und Luſt
Dem Geber, im vergnuͤgten Leben,
Zum angenehmen Opfer geben.
Es faͤnget jetzt zu dieſer Zeit,
Nicht nur allein der Knospen Menge,
Jn faſt zu ſpuͤrendem Gedraͤnge,
Ja faſt ſichtbarer Aemſigkeit,
An viel- und ungezaͤhlten Stellen,
Sich zu vergroͤßern und zu ſchwellen,
Zu berſten, zu gebaͤhren an.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/55>, abgerufen am 22.11.2024.
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