Und aller Menschen Schuldigkeit in diesem Punkt so of- fenbar, Als das es noch erklärens brauchte. Worin sie denn auch wirklich recht, Wo man es so bedenket, hätten; wenn nicht das menschliche Geschlecht, Von Leidenschaften und Gewohnheit verblendet, für des Schöp- fers Ehre, So unerkenntlich, als ein Stein, und gar so unempfind- lich wäre. Daher wenn deine größte Pflicht bisher wo von dir unter- blieben: So darfst du nicht so keck so gleich die Schuld auf deine Lehrer schieben. Es lehrt dich alles, was du siehst. Gluht, Erd und Fluth sind deine Lehrer, Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr vernünftger Hörer, So wird der überall vorhandnen, allgegenwärtigen Gottheit Schein, Wie unbekannt er dir gewesen, bald deiner Seelen sichtbar seyn.
Wir müssen denn noch etwas mehr, von unsrer Seelen besten Kraft, Und der von Gott, zu seiner Ehr, ihr eingeprägten Eigen- schaft, Von der Bewunderung gedenken, als welche, wie man billig meynt, Die einzge Absicht eigentlich, wozu man hier erschaffen scheint.
Uns
T t 3
der Menſchen gegen Gott.
Und aller Menſchen Schuldigkeit in dieſem Punkt ſo of- fenbar, Als das es noch erklaͤrens brauchte. Worin ſie denn auch wirklich recht, Wo man es ſo bedenket, haͤtten; wenn nicht das menſchliche Geſchlecht, Von Leidenſchaften und Gewohnheit verblendet, fuͤr des Schoͤp- fers Ehre, So unerkenntlich, als ein Stein, und gar ſo unempfind- lich waͤre. Daher wenn deine groͤßte Pflicht bisher wo von dir unter- blieben: So darfſt du nicht ſo keck ſo gleich die Schuld auf deine Lehrer ſchieben. Es lehrt dich alles, was du ſiehſt. Gluht, Erd und Fluth ſind deine Lehrer, Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr vernuͤnftger Hoͤrer, So wird der uͤberall vorhandnen, allgegenwaͤrtigen Gottheit Schein, Wie unbekannt er dir geweſen, bald deiner Seelen ſichtbar ſeyn.
Wir muͤſſen denn noch etwas mehr, von unſrer Seelen beſten Kraft, Und der von Gott, zu ſeiner Ehr, ihr eingepraͤgten Eigen- ſchaft, Von der Bewunderung gedenken, als welche, wie man billig meynt, Die einzge Abſicht eigentlich, wozu man hier erſchaffen ſcheint.
Uns
T t 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgn="61"><l><pbfacs="#f0685"n="661"/><fwplace="top"type="header">der Menſchen gegen Gott.</fw><lb/>
Und aller Menſchen Schuldigkeit in dieſem Punkt ſo of-<lb/><hirendition="#et">fenbar,</hi></l><lb/><l>Als das es noch erklaͤrens brauchte. Worin ſie denn auch<lb/><hirendition="#et">wirklich recht,</hi></l><lb/><l>Wo man es ſo bedenket, haͤtten; wenn nicht das menſchliche<lb/><hirendition="#et">Geſchlecht,</hi></l><lb/><l>Von Leidenſchaften und Gewohnheit verblendet, fuͤr des Schoͤp-<lb/><hirendition="#et">fers Ehre,</hi></l><lb/><l>So unerkenntlich, als ein Stein, und gar ſo unempfind-<lb/><hirendition="#et">lich waͤre.</hi></l><lb/><l>Daher wenn deine groͤßte Pflicht bisher wo von dir unter-<lb/><hirendition="#et">blieben:</hi></l><lb/><l>So darfſt du nicht ſo keck ſo gleich die Schuld auf deine<lb/><hirendition="#et">Lehrer ſchieben.</hi></l><lb/><l>Es lehrt dich alles, was du ſiehſt. Gluht, Erd und Fluth<lb/><hirendition="#et">ſind deine Lehrer,</hi></l><lb/><l>Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr<lb/><hirendition="#et">vernuͤnftger Hoͤrer,</hi></l><lb/><l>So wird der uͤberall vorhandnen, allgegenwaͤrtigen Gottheit<lb/><hirendition="#et">Schein,</hi></l><lb/><l>Wie unbekannt er dir geweſen, bald deiner Seelen ſichtbar<lb/><hirendition="#et">ſeyn.</hi></l></lg><lb/><lgn="62"><l>Wir muͤſſen denn noch etwas mehr, von unſrer Seelen<lb/><hirendition="#et">beſten Kraft,</hi></l><lb/><l>Und der von Gott, zu ſeiner Ehr, ihr eingepraͤgten Eigen-<lb/><hirendition="#et">ſchaft,</hi></l><lb/><l>Von der <hirendition="#fr">Bewunderung</hi> gedenken, als welche, wie man<lb/><hirendition="#et">billig meynt,</hi></l><lb/><l>Die einzge Abſicht eigentlich, wozu man hier erſchaffen<lb/><hirendition="#et">ſcheint.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">T t 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Uns</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[661/0685]
der Menſchen gegen Gott.
Und aller Menſchen Schuldigkeit in dieſem Punkt ſo of-
fenbar,
Als das es noch erklaͤrens brauchte. Worin ſie denn auch
wirklich recht,
Wo man es ſo bedenket, haͤtten; wenn nicht das menſchliche
Geſchlecht,
Von Leidenſchaften und Gewohnheit verblendet, fuͤr des Schoͤp-
fers Ehre,
So unerkenntlich, als ein Stein, und gar ſo unempfind-
lich waͤre.
Daher wenn deine groͤßte Pflicht bisher wo von dir unter-
blieben:
So darfſt du nicht ſo keck ſo gleich die Schuld auf deine
Lehrer ſchieben.
Es lehrt dich alles, was du ſiehſt. Gluht, Erd und Fluth
ſind deine Lehrer,
Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr
vernuͤnftger Hoͤrer,
So wird der uͤberall vorhandnen, allgegenwaͤrtigen Gottheit
Schein,
Wie unbekannt er dir geweſen, bald deiner Seelen ſichtbar
ſeyn.
Wir muͤſſen denn noch etwas mehr, von unſrer Seelen
beſten Kraft,
Und der von Gott, zu ſeiner Ehr, ihr eingepraͤgten Eigen-
ſchaft,
Von der Bewunderung gedenken, als welche, wie man
billig meynt,
Die einzge Abſicht eigentlich, wozu man hier erſchaffen
ſcheint.
Uns
T t 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/685>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.